210.0
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch
vom 1. Juni 18111
Einleitung
Von den bürgerlichen Gesetzen überhaupt
Begriff des bürgerlichen Rechtes
§ 1
Der Inbegriff der Gesetze, wodurch die Privatrechte und Pflichten der Einwohner des Staates unter sich bestimmt werden, macht das bürgerliche Recht in demselben aus.
§ 2
Sobald ein Gesetz gehörig kundgemacht worden ist, kann sich niemand damit entschuldigen, dass ihm dasselbe nicht bekannt geworden sei.
§ 3
Anfang der Wirksamkeit der Gesetze
Die Wirksamkeit eines Gesetzes und die daraus entspringenden rechtlichen Folgen nehmen gleich nach der Kundmachung ihren Anfang; es wäre denn, dass in dem kundgemachten Gesetze selbst der Zeitpunkt seiner Wirksamkeit weiter hinaus bestimmt würde.
Umfang des Gesetzes
§ 4
Die bürgerlichen Gesetze verbinden alle Staatsbürger der Länder, für welche sie kundgemacht worden sind. Die Staatsbürger bleiben auch in Handlungen und Geschäften, die sie ausser dem Staatsgebiete vornehmen, an diese Gesetze gebunden, insoweit als ihre persönliche Fähigkeit, sie zu unternehmen, dadurch eingeschränkt wird, und als diese Handlungen und Geschäfte zugleich in diesen Ländern rechtliche Folgen hervorbringen sollen. Inwiefern die Fremden an diese Gesetze gebunden sind, wird in dem folgenden Hauptstücke bestimmt.
§ 5
Gesetze wirken nicht zurück; sie haben daher auf vorhergegangene Handlungen und auf vorher erworbene Rechte keinen Einfluss.
Auslegung
§ 6
Einem Gesetze darf in der Anwendung kein anderer Verstand beigelegt werden, als welcher aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhange und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet.
§ 7
Lässt sich ein Rechtsfall weder aus den Worten, noch aus dem natürlichen Sinne eines Gesetzes entscheiden, so muss auf ähnliche, in den Gesetzen bestimmt entschiedene Fälle, und auf die Gründe anderer damit verwandten Gesetze Rücksicht genommen werden. Bleibt der Rechtsfall noch zweifelhaft, so muss solcher mit Hinsicht auf die sorgfältig gesammelten und reiflich erwogenen Umstände nach den natürlichen Rechtsgrundsätzen entschieden werden.
§ 8
Nur dem Gesetzgeber steht die Macht zu, ein Gesetz auf eine allgemein verbindliche Art zu erklären. Eine solche Erklärung muss auf alle noch zu entscheidende Rechtsfälle angewendet werden, dafern der Gesetzgeber noch hinzufügt, dass seine Erklärung bei Entscheidung solcher Rechtsfälle, welche die vor der Erklärung unternommenen Handlungen und angesprochenen Rechte zum Gegenstande haben, nicht bezogen werden solle.
§ 9
Dauer des Gesetzes
Gesetze behalten so lange ihre Kraft, bis sie von dem Gesetzgeber abgeändert oder ausdrücklich aufgehoben werden.
Andere Arten der Vorschriften, als
§ 10
a) Gewohnheiten
Auf Gewohnheiten kann nur in den Fällen, in welchen sich ein Gesetz darauf beruft, Rücksicht genommen werden.
§ 11 2
b) Provinzialstatuten
Gegenstandslos
§ 12
c) Richterliche Aussprüche
Die in einzelnen Fällen ergangenen Verfügungen und die von Richterstühlen in besonderen Rechtsstreitigkeiten gefällten Urteile haben nie die Kraft eines Gesetzes, sie können auf andere Fälle oder auf andere Personen nicht ausgedehnt werden.
§ 13
d) Privilegien
Die einzelnen Personen oder auch ganzen Körpern verliehenen Privilegien und Befreiungen sind, insofern hierüber die politischen Verordnungen keine besondere Bestimmung enthalten, gleich den übrigen Rechten zu beurteilen.
§ 14
Haupteinteilung des bürgerlichen Rechtes
Die in dem bürgerlichen Gesetzbuche enthaltenen Vorschriften haben das Personenrecht, das Sachenrecht und die denselben gemeinschaftlich zukommenden Bestimmungen zum Gegenstande.
1. Teil
Von dem Personenrechte
1. Hauptstück
Von den Rechten, welche sich auf persönliche Eigenschaften
und Verhältnisse beziehen
§ 15
Personenrechte
Die Personenrechte beziehen sich teils auf persönliche Eigenschaften und Verhältnisse, teils gründen sie sich in dem Familienverhältnisse.
I. Aus dem Charakter der Persönlichkeit
§ 16
Angeborene Rechte
Jeder Mensch hat angeborene, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte, und ist daher als eine Person zu betrachten. Sklaverei oder Leibeigenschaft, und die Ausübung einer darauf sich beziehenden Macht wird in diesen Ländern nicht gestattet.
§ 17
Rechtliche Vermutung derselben
Was den angeborenen natürlichen Rechten angemessen ist, dieses wird so lange als bestehend angenommen, als die gesetzmässige Beschränkung dieser Rechte nicht bewiesen wird.
§ 18
Erwerbliche Rechte
Jedermann ist unter den von den Gesetzen vorgeschriebenen Bedingungen fähig, Rechte zu erwerben.
Verfolgung der Rechte
§ 19
Jedem, der sich in seinem Rechte gekränkt zu sein erachtet, steht es frei, seine Beschwerde vor der durch die Gesetze bestimmten Behörde anzubringen. Wer sich aber mit Hintansetzung derselben der eigenmächtigen Hilfe bedient oder, wer die Grenzen der Notwehr überschreitet, ist dafür verantwortlich.
§ 20
Auch solche Rechtsgeschäfte, die das Oberhaupt des Staates betreffen, aber auf dessen Privateigentum oder auf die in dem bürgerlichen Rechte gegründeten Erwerbungsarten sich beziehen, sind von den Gerichtsbehörden nach den Gesetzen zu beurteilen.
II. Personenrechte aus der Eigenschaft des Alters oder mangelnden Verstandesgebrauchs
§ 21 3
Aufgehoben
§ 22
Selbst ungeborene Kinder haben von dem Zeitpunkte ihrer Empfängnis an einen Anspruch auf den Schutz der Gesetze. Insoweit es um ihre und nicht um die Rechte eines Dritten zu tun ist, werden sie als Geborene angesehen; ein totgeborenes Kind aber wird in Rücksicht auf die ihm für den Lebensfall vorbehaltenen Rechte so betrachtet, als wäre es nie empfangen worden.
§ 23
Im zweifelhaften Falle, ob ein Kind lebendig oder tot geboren worden sei, wird das erstere vermutet. Wer das Gegenteil behauptet, muss es beweisen.
III. Aus dem Verhältnisse der Abwesenheit
§ 24
Wenn ein Zweifel entsteht, ob ein Abwesender oder Vermisster noch am Leben sei oder nicht, so wird sein Tod nur unter folgenden Umständen vermutet:
1. wenn seit seiner Geburt ein Zeitraum von 80 Jahren verstrichen und der Ort seines Aufenthaltes seit zehn Jahren unbekannt geblieben ist;
2. ohne Rücksicht auf den Zeitraum von seiner Geburt, wenn er durch 30 volle Jahre unbekannt geblieben;
3. wenn er im Kriege schwer verwundet worden oder wenn er auf einem Schiffe, da es scheiterte, oder in einer andern nahen Todesgefahr gewesen ist und seit der Zeit durch drei Jahre vermisst wird. In allen diesen Fällen kann die Todeserklärung angesucht und unter den (§ 277) bestimmten Vorsichten vorgenommen werden.
§ 25
Im Zweifel, welche von zwei oder mehreren verstorbenen Personen zuerst mit Tode abgegangen sei, muss derjenige, welcher den früheren Todesfall des einen oder des andern behauptet, seine Behauptung beweisen; kann er dieses nicht, so werden alle als zu gleicher Zeit verstorben vermutet, und es kann von Übertragung der Rechte des einen auf den andern keine Rede sein.
IV. Aus dem Verhältnisse einer moralischen Person
§ 26
Die Rechte der Mitglieder einer erlaubten Gesellschaft unter sich werden durch den Vertrag oder Zweck und die besonderen für dieselben bestehenden Vorschriften bestimmt. Im Verhältnisse gegen andere geniessen erlaubte Gesellschaften in der Regel gleiche Rechte mit den einzelnen Personen. Unerlaubte Gesellschaften haben als solche keine Rechte, weder gegen die Mitglieder, noch gegen andere, und sie sind unfähig, Rechte zu erwerben. Unerlaubte Gesellschaften sind aber diejenigen, welche durch die politischen Gesetze insbesondere verboten werden oder offenbar der Sicherheit, öffentlichen Ordnung oder den guten Sitten widerstreiten.
§ 27
Inwiefern Gemeinden in Rücksicht ihrer Rechte unter einer besonderen Vorsorge der öffentlichen Verwaltung stehen, ist in den politischen Gesetzen enthalten.
V. Aus dem Verhältnisse eines Staatsbürgers
§ 28
Den vollen Genuss der bürgerlichen Rechte erwirbt man durch die Staatsbürgerschaft. (Die Staatsbürgerschaft in diesen Erbstaaten ist Kindern eines österreichischen Staatsbürgers durch die Geburt eigen.)
§§ 29 bis 32 4
Aufgehoben
Rechte der Fremden
§ 33
Den Fremden kommen überhaupt gleiche bürgerliche Rechte und Verbindlichkeiten mit den Eingebornen zu, wenn nicht zu dem Genusse dieser Rechte ausdrücklich die Eigenschaft eines Staatsbürgers erfordert wird. Auch müssen die Fremden, um gleiches Recht mit den Eingebornen zu geniessen, in zweifelhaften Fällen beweisen, dass der Staat, dem sie angehören, die hierländigen Staatsbürger in Rücksicht des Rechtes, wovon die Frage ist, ebenfalls wie die seinigen behandle.
§ 34
Die persönliche Fähigkeit der Fremden zu Rechtsgeschäften ist insgemein nach den Gesetzen des Ortes, denen der Fremde vermöge seines Wohnsitzes, oder, wenn er keinen eigentlichen Wohnsitz hat, vermöge seiner Geburt als Untertan unterliegt, zu beurteilen; insofern nicht für einzelne Fälle in dem Gesetze etwas anderes verordnet ist.
§ 35
Ein von einem Ausländer in diesem Staate unternommenes Geschäft, wodurch er andern Rechte gewähre, ohne dieselben gegenseitig zu verpflichten, ist entweder nach diesem Gesetzbuche, oder aber nach dem Gesetze, dem der Fremde als Untertan unterliegt, zu beurteilen; je nachdem das eine oder das andere Gesetz die Gültigkeit des Geschäftes am meisten begünstigt.
§ 36
Wenn ein Ausländer hierlandes ein wechselseitig verbindendes Geschäft mit einem Staatsbürger eingeht, so wird es ohne Ausnahme nach diesem Gesetzbuche; dafern er es aber mit einem Ausländer schliesst, nur dann nach demselben beurteile, wenn nicht bewiesen wird, dass bei der Abschliessung auf ein anderes Recht Bedacht genommen worden sei.
§ 37
Wenn Ausländer mit Ausländern oder mit Untertanen dieses Staates im Auslande Rechtsgeschäfte vornehmen, so sind sie nach den Gesetzen des Ortes, wo das Geschäft abgeschlossen worden, zu beurteilen; dafern bei der Abschliessung nicht offenbar ein anderes Recht zum Grunde gelegt worden ist, und die oben im § 4 enthaltene Vorschrift nicht entgegensteht.
§ 38
Die Gesandten, die öffentlichen Geschäftsträger und die in ihren Diensten stehenden Personen geniessen die in dem Völkerrechte und in den öffentlichen Verträgen gegründeten Befreiungen.
§ 39
VI. Personenrechte aus dem Religionsverhältnisse
Die Verschiedenheit der Religion hat auf die Privatrechte keinen Einfluss, ausser insofern dieses bei einigen Gegenständen durch die Gesetze insbesondere angeordnet wird.
VII. Aus dem Familienverhältnisse, Familie, Verwandtschaft und Schwägerschaft
§ 40
Unter Familie werden die Stammeltern mit allen ihren Nachkommen verstanden. Die Verbindung zwischen diesen Personen wird Verwandtschaft, die Verbindung aber, welche zwischen einem Ehegatten und den Verwandten des andern Ehegatten entsteht, Schwägerschaft genannt.
§ 41
Die Grade der Verwandtschaft zwischen zwei Personen sind nach der Zahl der Zeugungen, mittels welcher in der geraden Linie eine derselben von der andern, und in der Seitenlinie beide von ihrem nächsten gemeinschaftlichen Stamme abhängen, zu bestimmen. In welcher Linie und in welchem Grade jemand mit dem einen Ehegatten verwandt ist, in eben der Linie und in eben dem Grade ist er mit dem andern Ehegatten verschwägert.
§ 42
Unter dem Namen Eltern werden in der Regel ohne Unterschied des Grades alle Verwandte in der aufsteigenden und unter dem Namen Kinder alle Verwandte in der absteigenden Linie begriffen.
§ 43
Die besonderen Rechte der Familienglieder werden bei den verschiedenen Rechtsverhältnissen, worin sie ihnen zukommen, angeführt.
2. Hauptstück
Von dem Eherechte
§ 44
Begriff der Ehe
Die Familienverhältnisse werden durch den Ehevertrag gegründet. In dem Ehevertrage erklären zwei Personen verschiedenen Geschlechtes gesetzmässig ihren Willen, in unzertrennlicher Gemeinschaft zu leben, Kinder zu zeugen, sie zu erziehen, und sich gegenseitigen Beistand zu leisten.
§ 45
und des Eheverlöbnisses
Ein Eheverlöbnis oder ein vorläufiges Versprechen, sich zu ehelichen, unter was für Umständen oder Bedingungen es gegeben oder erhalten worden, zieht keine rechtliche Verbindlichkeit nach sich, weder zur Schliessung der Ehe selbst, noch zur Leistung desjenigen, was auf den Fall des Rücktrittes bedungen worden ist.
§ 46
Rechtliche Wirkung des Rücktrittes vom Eheverlöbnisse
Nur bleibt dem Teile, von dessen Seite keine gegründete Ursache zu dem Rücktritte entstanden ist, der Anspruch auf den Ersatz des wirklichen Schadens vorbehalten, welchen er aus diesem Rücktritte zu leiden beweisen kann.
§ 47
Regel über die Fähigkeit zur Schliessung einer Ehe
Einen Ehevertrag kann jedermann schliessen, insofern ihm kein gesetzliches Hindernis im Wege steht.
Hindernisse der Ehe
I. Abgang der Einwilligung
§ 48
a) aus Mangel des Vermögens zur Einwilligung
Rasende, Wahnsinnige, Blödsinnige und Unmündige sind ausserstande, einen gültigen Ehevertrag zu errichten.
§ 49
Minderjährige oder auch Volljährige, welche aus was immer für Gründen für sich allein keine gültige Verbindlichkeit eingehen können, sind auch unfähig, ohne Einwilligung ihres ehelichen Vaters sich gültig zu verehelichen. Ist der Vater nicht mehr am Leben oder zur Vertretung unfähig; so wird, nebst der Erklärung des ordentlichen Vertreters, auch die Einwilligung der Gerichtsbehörde zur Gültigkeit der Ehe erfordert.
§ 50
Minderjährige von unehelicher Geburt bedürfen zur Gültigkeit ihrer Ehe, nebst der Erklärung ihres Vormundes, die Einwilligung der Gerichtsbehörde.
§ 51
Einem fremden Minderjährigen, der sich in diesen Staaten verehelichen will, und die erforderliche Einwilligung beizubringen nicht vermag, ist von dem hierländigen Gerichte, unter welches er nach seinem Stande und Aufenthalte gehören würde, ein Vertreter zu bestellen, der seine Einwilligung zur Ehe oder seine Missbilligung diesem Gerichte zu erklären hat.
§ 52
Wird einem Minderjährigen oder Pflegebefohlenen die Einwilligung zur Ehe versagt, und halten sich die Ehewerber dadurch beschwert; so haben sie das Recht, die Hilfe des ordentlichen Richters anzusuchen.
§ 53
Mangel an dem nötigen Einkommen; erwiesene oder gemein bekannte schlechte Sitten; ansteckende Krankheiten oder dem Zwecke der Ehe hinderliche Gebrechen desjenigen, mit dem die Ehe eingegangen werden will; sind rechtmässige Gründe, die Einwilligung zur Ehe zu versagen.
§ 54
Mit welchen Militärpersonen oder zum Militärkörper gehörigen Personen ohne schriftliche Erlaubnis ihres Regiments, Korps oder überhaupt ihrer Vorgesetzten kein gültiger Ehevertrag eingegangen werden könne, bestimmen die Militärgesetze.
b) aus Mangel der wirklichen Einwilligung
§ 55
Die Einwilligung zur Ehe ist ohne Rechtskraft, wenn sie durch eine gegründete Furcht erzwungen worden ist. Ob die Furcht gegründet war, muss aus der Grösse und Wahrscheinlichkeit der Gefahr, und aus der Leibes- und Gemütsbeschaffenheit der bedrohten Person beurteilet werden.
§ 56
Die Einwilligung ist auch dann ungültig, wenn sie von einer entführten und noch nicht in ihre Freiheit versetzten Person gegeben worden.
§ 57
Ein Irrtum macht die Einwilligung in die Ehe nur dann ungültig, wenn er in der Person des künftigen Ehegatten vorgegangen ist.
§ 58
Wenn ein Ehemann seine Gattin nach der Ehelichung bereits von einem andern geschwängert findet; so kann er, ausser dem im § 121 bestimmten Falle, fordern, dass die Ehe als ungültig erkläret werde.
§ 59
Alle übrigen Irrtümer der Ehegatten, sowie auch ihre getäuschten Erwartungen der vorausgesetzten oder auch verabredeten Bedingungen, stehen der Gültigkeit des Ehevertrages nicht entgegen.
II. Abgang des Vermögens zum Zwecke
§ 60
a) des physischen Vermögens
Das immerwährende Unvermögen, die eheliche Pflicht zu leisten, ist ein Ehehindernis, wenn es schon zur Zeit des geschlossenen Ehevertrages vorhanden war. Ein bloss zeitliches, oder ein erst während der Ehe zugestossenes, selbst unheilbares, Unvermögen kann das Band der Ehe nicht auflösen.
§ 61 5
Aufgehoben
§ 62
wegen Ehebandes
Ein Mann darf nur mit Einem Weibe, und ein Weib darf nur mit Einem Manne zu gleicher Zeit vermählet sein. Wer schon verehelichet war und sich wieder verehelichen will, muss die erfolgte Trennung, das ist, die gänzliche Auflösung des Ehebandes, rechtmässig beweisen.
§ 63
wegen Weihe oder Gelübdes
Geistliche, welche schon höhere Weihen empfangen; wie auch Ordenspersonen von beiden Geschlechtern, welche feierliche Gelübde der Ehelosigkeit abgelegt haben, können keine gültigen Eheverträge schliessen.
§ 64
Religionsverschiedenheit
Eheverträge zwischen Christen und Personen, welche sich nicht zur christlichen Religion bekennen, können nicht gültig eingegangen werden.
§ 65
Verwandtschaft
Zwischen Verwandten in auf- und absteigender Linie; zwischen voll- und halbbürtigen Geschwistern; zwischen Geschwisterkindern; wie auch mit den Geschwistern der Eltern, nämlich mit dem Oheim und der Muhme väterlicher und mütterlicher Seite, kann keine gültige Ehe geschlossen werden; es mag diese Verwandtschaft aus ehelicher oder unehelicher Geburt entstehen.
§ 66
oder Schwägerschaft
Aus der Schwägerschaft entsteht das Ehehindernis, dass der Mann die im § 65 erwähnten Verwandten seiner Ehegattin, und die Gattin die daselbst erwähnten Verwandten ihres Mannes nicht ehelichen kann.
§ 67
wegen Ehebruchs
Eine Ehe zwischen zwei Personen, die miteinander einen Ehebruch begangen haben, ist ungültig. Der Ehebruch muss aber vor der geschlossenen Ehe bewiesen sein.
§ 68
oder Gattenmordes
Wenn zwei Personen, auch ohne vorhergegangenen Ehebruch, sich zu ehelichen versprochen haben, und wenn, um die Absicht zu erreichen, auch nur eine von ihnen dem Gatten, der ihrer Ehe im Wege stand, nach dem Leben gestellet hat; so kann zwischen denselben auch dann, wenn der Mord nicht wirklich vollbracht worden ist, eine gültige Ehe nicht geschlossen werden.
§ 69
II. Abgang der wesentlichen Feierlichkeiten. Solche sind
Zur Gültigkeit der Ehe wird auch das Aufgebot und die feierliche Erklärung der Einwilligung gefordert.
a) das Aufgebot
§ 70
Das Aufgebot besteht in der Verkündigung der bevorstehenden Ehe mit Anführung des Vornamens, Familiennamens, Geburtsortes, Standes und Wohnortes beider Verlobten, mit der Erinnerung: dass jedermann, dem ein Hindernis der Ehe bekannt ist, selbes anzeigen solle. Die Anzeige ist unmittelbar oder mittelst des Seelsorgers, der die Ehe verkündiget hat, bei demjenigen Seelsorger zu machen, dem die Trauung zusteht.
§ 71
Die Verkündigung muss an drei Sonn- oder Festtagen an die gewöhnliche Kirchenversammlung des Pfarrbezirkes, und, wenn jedes der Brautleute in einem anderen Bezirke wohnet, beider Pfarrbezirke geschehen. Bei Ehen zwischen nicht katholischen christlichen Religionsgenossen muss das Aufgebot nicht nur in ihren gottesdienstlichen Versammlungen, sondern auch in jenen katholischen Pfarrkirchen, in deren Bezirke sie wohnen; und bei Ehen zwischen katholischen und nicht katholischen christlichen Religionsgenossen sowohl in der Pfarrkirche des katholischen und in dem Bethause des nicht katholischen Teiles, als auch in der katholischen Pfarrkirche, in deren Bezirke der letztere wohnt, vorgenommen werden.
§ 72
Wenn die Verlobten oder eines von ihnen in dem Pfarrbezirke, in welchem die Ehe geschlossen werden soll, noch nicht durch sechs Wochen wohnhaft sind; so ist das Aufgebot auch an ihrem letzten Aufenthaltsorte, wo sie länger als die eben bestimmte Zeit gewohnt haben, vorzunehmen, oder die Verlobten müssen ihren Wohnsitz an dem Orte, wo sie sich befinden, durch sechs Wochen fortsetzen, damit die Verkündigung ihrer Ehe dort hinreichend sei.
§ 73
Wird binnen sechs Monaten nach dem Aufgebote die Ehe nicht geschlossen, so müssen die drei Verkündigungen wiederholet werden.
§ 74
Zur Gültigkeit des Aufgebotes und der davon abhängenden Gültigkeit der Ehe ist es zwar genug, dass die Namen der Brautleute und ihre bevorstehende Ehe wenigstens einmal sowohl in dem Pfarrbezirke des Bräutigams als der Braut verkündiget worden, und ein in der Form oder Zahl der Verkündigungen unterlaufener Mangel macht die Ehe nicht ungültig; es sind aber teils die Brautleute oder ihre Vertreter, teils die Seelsorger unter angemessener Strafe verpflichtet, dafür zu sorgen, dass alle hier vorgeschriebene Verkündigungen in der gehörigen Form vorgenommen werden.
b) die feierliche Erklärung der Einwilligung
§ 75
Die feierliche Erklärung der Einwilligung muss vor dem ordentlichen Seelsorger eines der Brautleute, er mag nun, nach Verschiedenheit der Religion, Pfarrer, Pastor oder wie sonst immer heissen, oder vor dessen Stellvertreter in Gegenwart zweier Zeugen geschehen.
§ 76
Die feierliche Erklärung der Einwilligung zur Ehe kann mittels eines Bevollmächtigten geschehen; doch muss hierzu die Bewilligung der Landesstelle erwirkt und in der Vollmacht die Person, mit welcher die Ehe einzugehen ist, bestimmt werden. Die ohne eine solche besondere Vollmacht geschlossene Ehe ist ungültig. Ist die Vollmacht vor der abgeschlossenen Ehe widerrufen worden, so ist zwar die Ehe ungültig, aber der Machtgeber für den durch seinen Widerruf verursachten Schaden verantwortlich.
§ 77
Wenn eine katholische und eine nicht katholische Person sich verehelichen, so muss die Einwilligung vor dem katholischen Pfarrer in Gegenwart zweier Zeugen erklärt werden; doch kann auf Verlangen des andern Teiles auch der nicht katholische Seelsorger bei dieser feierlichen Handlung erscheinen.
§ 78
Wenn Verlobte das schriftliche Zeugnis von der vollzogenen ordentlichen Verkündigung; oder, wenn die in den §§ 49, 50, 51, 52 und 54 erwähnten Personen die zu ihrer Verehelichung erforderliche Erlaubnis; wenn ferner diejenigen, deren Volljährigkeit nicht offenbar am Tage liegt, den Taufschein oder das schriftliche Zeugnis ihrer Volljährigkeit nicht vorweisen können; oder, wenn ein anderes Ehehindernis rege gemacht wird; so ist es dem Seelsorger bei schwerer Strafe verboten, die Trauung vorzunehmen, bis die Verlobten die notwendigen Zeugnisse beigebracht und alle Anstände gehoben haben.
§ 79
Finden die Verlobten sich durch die Verweigerung der Trauung gekränkt, so können sie ihre Beschwerde der Landesstelle, und in den Orten, wo keine Landesstelle ist, dem Kreisamte vorlegen.
§ 80
Gegenstandslos durch die Art. 68 Abs. 1 und 104 PGR.
§ 81
Soll die Ehe an einem dritten Orte, dem keine der verlobten Personen eingepfarret ist, geschlossen werden, so muss der ordentliche Seelsorger gleich bei der Ausfertigung der Urkunde, wodurch er einen anderen zu seinem Stellvertreter benennet, diesen Umstand mit Benennung des Ortes, wo und vor welchem Seelsorger die Ehe geschlossen werden soll, in das Trauungsbuch seiner Pfarre eintragen.
§ 82
Der Seelsorger des Ortes, wo die Ehe eingegangen wird, muss die geschehene Abschliessung der Ehe in das Trauungsbuch seiner Pfarre mit dem Beisatze, von welchem Pfarrer er zum Stellvertreter ernannt worden, ebenfalls eintragen, und die Abschliessung der Ehe dem Pfarrer, von welchem er berechtigt worden ist, binnen acht Tagen anzeigen.
Dispensation von Ehehindernissen
§ 83
Aus wichtigen Gründen kann die Nachsicht von Ehehindernissen bei der Landesstelle angesucht werden, welche nach Beschaffenheit der Umstände sich in das weitere Vernehmen zu setzen hat.
§ 84
Vor Abschliessung der Ehe ist die Nachsicht über Ehehindernisse von den Parteien selbst und unter eigenem Namen anzusuchen. Wenn sich aber nach schon geschlossener Ehe ein vorher unbekanntes auflösliches Hindernis äussern sollte, können sich die Parteien auch durch ihre Seelsorger, und mit Verschweigung ihres Namens, an die Landesstelle um Nachsicht wenden.
§ 85
In den Orten, wo keine Landesstelle ist, wird den Kreisämtern die Macht erteilet, aus wichtigen Ursachen die zweite und dritte Verkündigung nachzusehen.
§ 86
Unter dringenden Umständen kann von der Landesstelle oder dem Kreisamte, und wenn eine bestätigte nahe Todesgefahr keinen Verzug gestattet, auch von der Ortsobrigkeit das Aufgebot gänzlich nachgesehen werden; doch müssen die Verlobten eidlich beteuern, dass ihnen kein ihrer Ehe entgegenstehendes Hindernis bekannt sei.
§ 87
Die Nachsicht von allen drei Verkündigungen ist gegen Ablegung des erwähnten Eides auch dann zu erteilen, wenn zwei Personen getraut werden wollen, von denen schon vorhin allgemein vermutet ward, dass sie miteinander verehelicht seien. In diesem Falle kann bei der Landesstelle die Nachsicht von dem Seelsorger mit Verschweigung der Namen der Parteien angesucht werden.
§ 88
Wenn von einem bei Schliessung der Ehe bestandenen Hindernisse die Nachsicht erteilt wird, muss, ohne Wiederholung des Aufgebotes, abermal die Einwilligung vor dem Seelsorger und zwei vertrauten Zeugen erkläret und die feierliche Handlung in dem Trauungsbuche angemerkt werden. Ist diese Vorschrift beobachtet worden, so ist eine solche Ehe so zu betrachten, als wäre sie ursprünglich gültig geschlossen worden.
Wirkung einer gültigen Ehe
§ 89
Rechte und Verbindlichkeiten der Ehegatten
Die Rechte und Verbindlichkeiten der Ehegatten entstehen aus dem Zwecke ihrer Vereinigung, aus dem Gesetze und den geschlossenen Verabredungen. Hier werden nur die Personenrechte der Ehegatten; hingegen die aus den Ehepakten entspringenden Sachenrechte in dem zweiten Teile bestimmt.
§ 90
gemeinschaftliche
Vor allem haben beide Teile eine gleiche Verbindlichkeit zur ehelichen Pflicht, Treue und anständigen Begegnung.
§ 91
besondere des Ehemannes
Der Mann ist das Haupt der Familie. In dieser Eigenschaft steht ihm vorzüglich das Recht zu, das Hauswesen zu leiten; es liegt ihm aber auch die Verbindlichkeit ob, der Ehegattin nach seinem Vermögen den anständigen Unterhalt zu verschaffen, und sie in allen Vorfällen zu vertreten.
der Ehegattin
§ 92
Die Gattin erhält den Namen des Mannes und geniesst die Rechte seines Standes. Sie ist verbunden, dem Manne in seinen Wohnsitz zu folgen, in der Haushaltung und Erwerbung nach Kräften beizustehen, und soweit es die häusliche Ordnung erfordert, die von ihm getroffenen Massregeln sowohl selbst zu befolgen, als befolgen zu machen.
§ 93
Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft
Den Ehegatten ist keineswegs gestattet, die eheliche Verbindung, ob sie gleich unter sich darüber einig wären, eigenmächtig aufzuheben; sie mögen nun die Ungültigkeit der Ehe behaupten, oder die Trennung der Ehe, oder auch nur eine Scheidung von Tisch und Bett vornehmen wollen.
I. Scheinbare durch Erklärung der ursprünglichen Ungültigkeit
Art der Einleitung
§ 94
Die Ungültigkeit einer Ehe, welcher eines der in den §§ 56, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 75 und 119 angeführten Hindernisse im Wege steht, ist von Amtswegen zu untersuchen. In allen übrigen Fällen muss das Ansuchen derjenigen, welche durch die mit einem Hindernisse geschlossene Ehe in ihren Rechten gekränkt worden sind, abgewartet werden.
§ 95
Der Ehegatte, welcher den unterlaufenen Irrtum in der Person, oder die Furcht, in welche der andere Teil gesetzt worden ist, gewusst; ferner der Gatte, welcher den Umstand, dass er nach den §§ 49, 50, 51, 52 und 54 für sich allein keine gültige Ehe schliessen kann, verschwiegen, oder die ihm erforderliche Einwilligung fälschlich vorgewendet hat, kann aus seiner eigenen widerrechtlichen Handlung, die Gültigkeit der Ehe nicht bestreiten.
§ 96
Überhaupt hat nur der schuldlose das Recht, zu verlangen, dass der Ehevertrag ungültig erkläret werde; er verliert aber dieses Recht, wenn er nach erlangter Kenntnis des Hindernisses die Ehe fortgesetzt hat. Eine von einem Minderjährigen oder Pflegebefohlenen eigenmächtig geschlossene Ehe kann von dem Vater oder der Vormundschaft nur insolange, als die väterliche Gewalt oder Vormundschaft dauert, bestritten werden.
und der Verhandlung
§ 97
Die Verhandlung über die Ungültigkeit einer Ehe steht nur dem Landrechte des Bezirkes zu, worin die Ehegatten ihren ordentlichen Wohnsitz haben. Von dem Landrechte ist das Fiskalamt, oder ein anderer verständiger und rechtschaffener Mann zur Erforschung der Umstände und zur Verteidigung der Ehe zu bestellen, um die wahre Beschaffenheit der Sache selbst dann, wenn auf Begehren einer Partei die Verhandlung vorgenommen wird, von Amtswegen zu erheben.
§ 98
Wenn das Hindernis gehoben werden kann, soll das Landrecht trachten, durch die hierzu notwendige Einleitung und das Einverständnis der Parteien es zu bewirken; wenn aber dieses nicht möglich ist, so soll das Landrecht über die Gültigkeit der Ehe erkennen.
§ 99
Die Vermutung ist immer für die Gültigkeit der Ehe. Das angeführte Ehehindernis muss also vollständig bewiesen werden, und weder das übereinstimmende Geständnis beider Ehegatten hat hier die Kraft eines Beweises, noch kann darüber einem Eide der Ehegatten stattgegeben werden.
insbesondere wegen Unvermögens
§ 100
Insbesondere ist in dem Falle, dass ein vorhergegangenes und immerwährendes Unvermögen, die eheliche Pflicht zu leisten, behauptet wird, der Beweis durch Sachverständige, nämlich, durch erfahrene Ärzte und Wundärzte, und nach Umständen auch durch Hebammen zu führen.
§ 101
Lässt sich mit Zuverlässigkeit nicht bestimmen, ob das Unvermögen ein immerwährendes oder bloss zeitliches sei, so sind die Ehegatten noch durch ein Jahr zusammen zu wohnen verbunden, und hat das Unvermögen diese Zeit hindurch angehalten, so ist die Ehe für ungültig zu erklären.
§ 102
Zeigt sich aus der Verhandlung des Streites über die Gültigkeit der Ehe, dass einem Teile, oder, dass beiden Teilen das Ehehindernis vorher bekannt war, und dass sie es vorsätzlich verschwiegen haben; so sind die Schuldigen mit der in dem Strafgesetze über schwere Polizeiübertretungen bestimmten Strafe zu belegen. Ist ein Teil schuldlos, so bleibt es ihm heimgestellt, Entschädigung zu fordern. Sind endlich in einer solchen Ehe Kinder erzeugt worden, so muss für dieselben nach jenen Grundsätzen gesorgt werden, welche in dem Hauptstücke von den Pflichten der Eltern festgesetzt sind.
II. Wirkliche Aufhebung
a) zeitliche Scheidung
mit Einverständnis
§ 103
Die Scheidung von Tisch und Bett muss den Ehegatten, wenn sich beide dazu verstehen, und über die Bedingungen einig sind, von dem Gerichte unter der nachfolgenden Vorsicht gestattet werden.
§ 104
Den Ehegatten liegt zuerst ob, ihren Entschluss zur Scheidung samt den Bewegungsgründen ihrem Pfarrer zu eröffnen. Des Pfarrers Pflicht ist, die Ehegatten an das wechselseitig bei der Trauung gemachte feierliche Versprechen zu erinnern, und ihnen die nachteiligen Folgen der Scheidung mit Nachdruck an das Herz zu legen. Diese Vorstellungen müssen zu drei verschiedenen Malen wiederholet werden. Sind sie ohne Wirkung, so muss der Pfarrer den Parteien ein schriftliches Zeugnis ausstellen, dass sie der dreimal geschehenen Vorstellungen ungeachtet, bei dem Verlangen, sich zu scheiden, verharren.
§ 105
Beide Ehegatten haben mit Beilegung dieses Zeugnisses das Scheidungsgesuch bei ihrem ordentlichen Gerichte anzubringen. Das Gericht soll sie persönlich vorrufen, und, wenn sie vor demselben bestätigen, dass sie über ihre Scheidung sowohl als über die Bedingungen in Absicht auf Vermögen und Unterhalt miteinander verstanden sind, ohne weitere Erforschung, die verlangte Scheidung bewilligen und selbe bei den Gerichtsakten vormerken. Sind Kinder vorhanden, so ist das Gericht verbunden, für dieselben nach den in dem folgenden Hauptstücke enthaltenen Vorschriften zu sorgen.
§ 106
Ein minderjähriger oder pflegebefohlener Ehegatte kann zwar für sich selbst in die Scheidung einwilligen; aber zu dem Übereinkommen in Absicht auf das Vermögen der Ehegatten und den Unterhalt, sowie auch in Rücksicht auf die Versorgung der Kinder, ist die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und des vormundschaftlichen Gerichtes notwendig.
ohne Einverständnis
§ 107
Will ein Teil in die Scheidung nicht einwilligen, und hat der andere Teil rechtmässige Gründe, auf dieselbe zu dringen; so müssen auch in diesem Falle die gütlichen Vorstellungen des Pfarrers vorausgehen. Sind sie fruchtlos, oder weigert sich der beschuldigte Teil bei dem Pfarrer zu erscheinen, dann ist das Begehren mit des Pfarrers Zeugnis und den nötigen Beweisen bei dem ordentlichen Gerichte einzureichen, welches die Sache von Amtswegen zu untersuchen und darüber zu erkennen hat. Der Richter kann dem gefährdeten Teile auch noch vor der Entscheidung einen abgesonderten anständigen Wohnort bewilligen.
§ 108
Streitigkeiten, welche bei einer ohne Einwilligung des andern Ehegatten angesuchten Scheidung über die Absonderung des Vermögens oder die Versorgung der Kinder entstehen, sind nach der nämlichen Vorschrift zu behandeln, welche unten im § 117 in Rücksicht auf die Trennung der Ehe, erteilet wird.
§ 109
Wichtige Gründe, aus denen auf die Scheidung erkannt werden kann, sind: Wenn der Geklagte eines Ehebruches oder eines Verbrechens schuldig erkläret worden ist; wenn er den klagenden Ehegatten boshaft verlassen, oder einen unordentlichen Lebenswandel geführt hat, wodurch ein beträchtlicher Teil des Vermögens des klagenden Ehegatten oder die guten Sitten der Familie in Gefahr gesetzt werden; ferner dem Leben oder der Gesundheit gefährliche Nachstellungen; schwere Misshandlungen, oder nach dem Verhältnisse der Personen, sehr empfindliche, wiederholte Kränkungen; anhaltende, mit Gefahr der Ansteckung verbundene Leibesgebrechen.
§ 110
Art der Wiedervereinigung
Geschiedenen Ehegatten steht es frei, sich wieder zu vereinigen; doch muss die Vereinigung bei dem ordentlichen Gerichte angezeigt werden. Wollen die Ehegatten nach einer solchen Vereinigung wieder geschieden werden; so haben sie eben das zu beobachten, was in Rücksicht der ersten Scheidung vorgeschrieben ist.
b) gänzliche Trennung
§ 111
bei Katholiken durch den Tod
Das Band einer gültigen Ehe kann zwischen katholischen Personen nur durch den Tod des einen Ehegatten getrennt werden. Ebenso unauflöslich ist das Band der Ehe, wenn auch nur ein Teil schon zur Zeit der geschlossenen Ehe der katholischen Religion zugetan war.
und die Todeserklärung
§ 112
Der blosse Verlauf der in dem § 24 zur Todeserklärung bestimmten Zeit, binnen welcher ein Ehegatte abwesend ist, gibt zwar dem andern Teile noch kein Recht, die Ehe für aufgelöset zu halten und zu einer andern Ehe zu schreiten; wenn aber diese Abwesenheit mit solchen Umständen begleitet ist, welche keinen Grund zu zweifeln übrig lassen, dass der Abwesende verstorben sei, so kann bei dem Landrechte des Bezirkes, wo der zurückgelassene Ehegatte seinen Wohnsitz hat, die gerichtliche Erklärung, dass der Abwesende für tot zu halten und die Ehe getrennt sei, angesucht werden.
§ 113
Nach diesem Gesuche wird ein Kurator zur Erforschung des Abwesenden aufgestellt, und der Abwesende durch ein auf ein ganzes Jahr gestelltes, und dreimal den öffentlichen, nach Umständen auch den ausländischen, Zeitungsblättern einzurückendes Edikt mit dem Beisatze vorgeladen, dass das Gericht, wenn er während dieser Zeit nicht erscheint, oder selbes auf andere Art in die Kenntnis seines Lebens setzt, zur Todeserklärung schreiten werde.
§ 114
Ist dieser Zeitraum fruchtlos verstrichen, so ist auf wiederholtes Ansuchen des verlassenen Ehegatten das Fiskalamt oder ein anderer rechtschaffener und sachverständiger Mann zur Verteidigung des Ehebandes zu bestellen und nach gepflogener Verhandlung zu erkennen, ob das Gesuch zu verwilligen sei oder nicht. Die Bewilligung ist der Partei nicht sogleich kundzumachen, sondern durch das Obergericht zur höchsten Schlussfassung vorzulegen.
bei anderen christlichen Religionsverwandten
§ 115
Nicht katholischen christlichen Religionsverwandten gestattet das Gesetz nach ihren Religionsbegriffen aus erheblichen Gründen, die Trennung der Ehe zu fordern. Solche Gründe sind: Wenn der Ehegatte sich eines Ehebruches oder eines Verbrechens, welches die Verurteilung zu einer wenigstens fünfjährigen Kerkerstrafe nach sich gezogen, schuldig gemacht; wenn ein Ehegatte den andern boshaft verlassen hat, und falls sein Aufenthaltsort unbekannt ist, auf öffentliche gerichtliche Vorladung innerhalb eines Jahres nicht erschienen ist; dem Leben oder der Gesundheit gefährliche Nachstellungen; wiederholte schwere Misshandlungen; eine unüberwindliche Abneigung, welcher wegen beide Ehegatten die Auflösung der Ehe verlangen; doch muss in dem letzten Falle die Trennung der Ehe nicht sogleich verwilliget, sondern erst eine Scheidung von Tisch und Bett, und zwar nach Beschaffenheit der Umstände, auch zu wiederholten Malen versuchet werden. Übrigens ist in allen diesen Fällen nach eben den Vorschriften zu handeln, welche für die Untersuchung und Beurteilung einer ungültigen Ehe gegeben sind.
§ 116
Das Gesetz gestattet dem nicht katholischen Ehegatten aus den angeführten Gründen die Trennung zu verlangen, obschon der andere Teil zur katholischen Religion übergetreten ist.
§ 117
Auseinandersetzung des Vermögens
Wenn sich bei einer Trennung der Ehe Streitigkeiten äussern, welche sich auf einen weiter geschlossenen Vertrag, auf die Absonderung des Vermögens, auf den Unterhalt der Kinder, oder auf andere Forderungen und Gegenforderungen beziehen; soll der ordentliche Richter allezeit vorläufig einen Versuch machen, diese Streitigkeiten durch Vergleich beizulegen. Sind aber die Parteien zu einem Vergleiche nicht zu bewegen, so hat er sie auf ein ordentliches Verfahren anzuweisen, worüber nach den in dem Hauptstücke von den Ehepakten enthaltenen Vorschriften zu entscheiden, inzwischen aber der Ehegattin und den Kindern der anständige Unterhalt auszumessen ist.
§ 118
Art der Wiedervereinigung
Wenn die getrennten Ehegatten sich wieder vereinigen wollen, so muss die Vereinigung als eine neue Ehe betrachtet und mit allen zur Schliessung eines Ehevertrages nach dem Gesetze erforderlichen Feierlichkeiten eingegangen werden.
Beschränkung und Vorsichten in Rücksicht der Wiederverehelichung.
§ 119
Den Getrennten wird zwar überhaupt gestattet, sich wieder zu verehelichen; doch kann mit denjenigen, welche vermöge der bei der Trennung vorgelegenen Beweise durch Ehebruch, durch Verhetzungen, oder auf eine andere sträfliche Art die vorgegangene Trennung veranlasst haben, keine gültige Ehe geschlossen werden.
§ 120
Wenn eine Ehe für ungültig erklärt, getrennt, oder durch des Mannes Tod aufgelöset wird, so kann die Frau, wenn sie schwanger ist, nicht vor ihrer Entbindung, und wenn über ihre Schwangerschaft ein Zweifel entsteht, nicht vor Verlauf des sechsten Monates, zu einer neuen Ehe schreiten; wenn aber nach den Umständen oder nach dem Zeugnisse der Sachverständigen eine Schwangerschaft nicht wahrscheinlich ist; so kann nach Ablauf dreier Monate in der Hauptstadt von der Landesstelle, und auf dem Lande von dem Kreisamte die Dispensation erteilet werden.
§ 121
Die Übertretung dieses Gesetzes (§ 120) zieht zwar nicht die Ungültigkeit der Ehe nach sich; allein die Frau verliert die ihr von dem vorigen Manne durch Ehepakten, Erbvertrag, letzten Willen, oder durch das Übereinkommen bei der Trennung zugewendeten Vorteile; der Mann aber, mit dem sie die zweite Ehe schliesst, verliert das ihm ausser diesem Falle durch den § 58 zukommende Recht, die Ehe für ungültig erklären zu lassen, und beide Ehegatten sind mit einer den Umständen angemessenen Strafe zu belegen. Wird in einer solchen Ehe ein Kind geboren, und es ist wenigstens zweifelhaft, ob es nicht von dem vorigen Manne gezeugt worden sei; so ist demselben ein Kurator zur Vertretung seiner Rechte zu bestellen.
§ 122
Wenn eine Ehe für ungültig erkannt, oder für getrennt erklärt wird; so soll dieser Erfolg in dem Trauungsbuche an der Stelle, wo die Trauung eingetragen ist, angemerkt, und zu dem Ende von dem Gerichte, wo die Verhandlung über die Ungültigkeit oder Trennung vor sich gegangen ist, die Erinnerung an die Behörde, welche für die Richtigkeit des Trauungsbuches zu sorgen hat, erlassen werden.
Ausnahmen der Judenschaft
§ 123
Bei der Judenschaft haben mit Rücksicht auf ihr Religionsverhältnis nachstehende Abweichungen von dem in diesem Hauptstücke allgemein bestehenden Eherechte statt.
a) in Rücksicht der Ehehindernisse
§ 124
Zur Schliessung einer gültigen Ehe müssen die Verlobten die Bewilligung von dem Kreisamte bewirken, in dessen Bezirke sich die Hauptgemeinde befindet, welcher ein und der andere Teil einverleibet ist.
§ 125
Das Ehehindernis der Verwandtschaft erstrecket sich unter Seitenverwandten bei der Judenschaft nicht weiter, als auf die Ehe zwischen Bruder und Schwester, dann zwischen der Schwester und einem Sohne oder Enkel ihres Bruders oder ihrer Schwester; das Ehehindernis der Schwägerschaft aber wird auf nachstehende Personen beschränket: Nach aufgelöster Ehe ist der Mann nicht befugt, eine Verwandte seines Weibes in auf- und absteigender Linie, noch auch seines Weibes Schwester; und das Weib ist nicht befugt, einen Verwandten ihres Mannes in auf- und absteigender Linie, noch auch ihres Mannes Bruder, noch einen Sohn oder Enkel von ihres Mannes Bruder oder Schwester zu ehelichen.
§ 126
b) der Verkündigung
Die Verkündigung der Judenehen muss in der Synagoge oder in dem gemeinschaftlichen Bethause; wo aber kein solches besteht, von der Ortsobrigkeit an die Haupt- und besondere Gemeinde, welcher ein und der andere verlobte Teil einverleibt ist, an drei nach einander folgenden Sabbath- oder Feiertagen mit Beobachtung der in den §§ 70 bis 73 erteilten Vorschriften geschehen. Die Nachsicht von den Verkündigungen ist nach den Vorschriften der §§ 83 bis 88 zu erlangen.
c) der Trauung
§ 127
Die Trauung muss von dem Rabbiner oder Religionslehrer (Religionsweiser) der Hauptgemeinde des einen oder andern verlobten Teiles, nachdem sie sich mit den erforderlichen Zeugnissen ausgewiesen haben, in Gegenwart zweier Zeugen vollzogen werden. Der Rabbiner oder Religionslehrer kann auch den Rabbiner oder Religionslehrer einer andern Gemeinde zur Trauung bestellen.
§ 128
Die vollzogene Trauungshandlung hat der ordentliche Rabbiner oder Religionslehrer in der Landessprache in das Trauungsbuch auf die in den §§ 80 bis 82 vorgeschriebene Weise einzutragen, die von den Verlobten beigebrachten notwendigen Zeugnisse mit der Reihenzahl, unter welcher die Getrauten dem Trauungsbuche einverleibt worden sind, zu bezeichnen, und dem Trauungsbuche anzuheften.
§ 129
Eine Judenehe, welche ohne Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften geschlossen wird, ist ungültig.
§ 130
Verlobte, oder Rabbiner und Religionslehrer, welche den erwähnten Vorschriften zuwiderhandeln, dann diejenigen, welche ohne die ordentliche Bestellung eine Trauung vornehmen, werden nach dem § 252 des 2. Teiles des Strafgesetzes bestraft.
§ 131
Die Rabbiner oder Religionslehrer, welche die Trauungsbücher nicht nach der Vorschrift des Gesetzes führen, sind mit einer angemessenen Geld- oder Leibesstrafe zu belegen, von ihrem Amte zu entfernen, und für immer als unfähig zu demselben zu erklären.
§ 132
d) der Scheidung
Bei der Scheidung von Tisch und Bett gelten auch in Rücksicht der jüdischen Ehegatten die allgemeinen Vorschriften; sie haben sich daher gleichfalls an den Rabbiner oder Religionslehrer zu wenden, und dieser die oben erteilte Anordnung zu beobachten (§ 104 bis 110).
e) der Trennung
§ 133
Eine gültig geschlossene Ehe der Juden kann mit ihrer wechselseitigen freien Einwilligung vermittelst eines von dem Manne der Frau gegebenen Scheidebriefes getrennt werden; jedoch müssen sich die Ehegatten zuerst ihrer Trennung wegen bei ihrem Rabbiner oder Religionslehrer melden, welcher die nachdrücklichsten Vorstellungen zur Wiedervereinigung zu versuchen, und nur dann, wenn der Versuch fruchtlos ist, ihnen ein schriftliches Zeugnis auszustellen hat, dass er die ihm auferlegte Pflicht erfüllet, ungeachtet aller seiner Bemühungen aber die Parteien von dem Entschlusse abzubringen nicht vermocht habe.
§ 134
Mit diesem Zeugnisse müssen beide Ehegatten vor dem Landrechte des Bezirkes, in welchem sie ihren Wohnsitz haben, erscheinen. Findet diese Behörde aus den Umständen, dass zu der Wiedervereinigung noch einige Hoffnung vorhanden ist, so soll sie die Ehescheidung nicht sogleich bewilligen, sondern die Ehegatten auf ein oder zwei Monate zurückweisen. Nur wenn auch dieses fruchtlos oder gleich anfangs keine Hoffnung zur Wiedervereinigung wäre, soll das Landrecht gestatten, dass der Mann den Scheidebrief der Frau übergebe, und wenn sich beide Teile nochmals vor Gericht erkläret haben, dass sie den Scheidebrief mit freier Einwilligung zu geben und zu nehmen entschlossen sind; soll der Scheidebrief für rechtsgültig gehalten und dadurch die Ehe aufgelöset werden.
§ 135
Wenn die Ehegattin einen Ehebruch begangen hat, und die Tat erwiesen wird, so steht dem Manne das Recht zu, sie auch wider ihren Willen durch einen Scheidebrief von sich zu entlassen. Die auf die Trennung der Ehe gegen die Frau gestellte Klage aber muss bei dem Landrechte des Bezirkes, in welchem die Ehegatten ihren ordentlichen Wohnsitz haben, angebracht, und gleich einer andern Streitsache behandelt werden.
§ 136
Durch den Übertritt eines jüdischen Ehegatten zur christlichen Religion wird die Ehe nicht aufgelöset, sie kann aber aus den eben (§ 133 bis 135) angeführten Ursachen aufgelöset werden.
3. Hauptstück
Von den Rechten zwischen Eltern und Kindern
§ 137
Ursprung des Rechtsverhältnisses zwischen ehelichen Eltern und Kindern
Wenn aus einer Ehe Kinder geboren werden, so entsteht ein neues Rechtsverhältnis; es werden dadurch Rechte und Verbindlichkeiten zwischen den ehelichen Eltern und Kindern gegründet.
§ 138
Gesetzliche Bestimmung der ehelichen Geburt
Für diejenigen Kinder, welche im siebenten Monate nach geschlossener Ehe oder im zehnten Monate, entweder nach dem Tode des Mannes, oder nach gänzlicher Auflösung des ehelichen Bandes von der Gattin geboren werden, streitet die Vermutung der ehelichen Geburt.
§ 139
Gemeinschaftliche Rechte und Pflichten der Eltern
Die Eltern haben überhaupt die Verbindlichkeit, ihre ehelichen Kinder zu erziehen, das ist, für ihr Leben und ihre Gesundheit zu sorgen, ihnen den anständigen Unterhalt zu verschaffen, ihre körperlichen und Geisteskräfte zu entwickeln, und durch Unterricht in der Religion und in nützlichen Kenntnissen den Grund zu ihrer künftigen Wohlfahrt zu legen.
§ 140
In was für einer Religion ein Kind, dessen Eltern in dem Religionsbekenntnisse nicht übereinstimmen, zu erziehen, und in welchem Alter ein Kind zu einer andern Religion, als in der es erzogen worden ist, sich zu bekennen berechtigt sei, bestimmen die politischen Vorschriften.
§ 141
Es ist vorzüglich Pflicht des Vaters, solange für den Unterhalt der Kinder zu sorgen, bis sie sich selbst ernähren können. Die Pflege ihres Körpers und ihrer Gesundheit ist hauptsächlich die Mutter auf sich zu nehmen verbunden.
§ 142
Wenn die Ehegatten geschieden oder gänzlich getrennt werden, und nicht einig sind, von welchem Teile die Erziehung besorgt werden soll, hat das Gericht, ohne Gestattung eines Rechtsstreites, dafür zu sorgen, dass die Kinder des männlichen Geschlechtes bis zum zurückgelegten vierten; die des weiblichen bis zum zurückgelegten siebenten Jahre, von der Mutter gepflegt und erzogen werden; wenn nicht erhebliche, vorzüglich aus der Ursache der Scheidung oder Trennung hervorleuchtende Gründe eine andere Anordnung fordern. Die Kosten der Erziehung müssen von dem Vater getragen werden.
§ 143
Wenn der Vater mittellos ist, muss vor allem die Mutter für den Unterhalt, und, wenn der Vater stirbt, überhaupt für die Erziehung der Kinder sorgen. Ist die Mutter auch nicht mehr vorhanden, oder ist sie mittellos, so fällt diese Sorge auf die väterlichen Grosseltern, und nach diesen auf die Grosseltern von der mütterlichen Seite.
§ 144
Die Eltern haben das Recht, einverständlich die Handlungen ihrer Kinder zu leiten; die Kinder sind ihnen Ehrfurcht und Gehorsam schuldig.
§ 145
Die Eltern sind berechtigt, vermisste Kinder aufzusuchen, entwichene zurückzufordern, und flüchtige mit obrigkeitlichem Beistande zurückzubringen; sie sind auch befugt, unsittliche, ungehorsame oder die häusliche Ordnung und Ruhe störende Kinder auf eine nicht übertriebene und ihrer Gesundheit unschädliche Art zu züchtigen.
§ 146
Die Kinder erlangen den Namen ihres Vaters, sein Wappen und alle übrige nicht bloss persönliche Rechte seiner Familie und seines Standes.
§ 147
Besondere Rechte des Vaters; väterliche Gewalt
Die Rechte, welche vorzüglich dem Vater als Haupt der Familie zustehen, machen die väterliche Gewalt aus.
Folgen derselben
§ 148
a) in Rücksicht der Standeswahl der Kinder
Der Vater kann sein noch unmündiges Kind zu dem Stande, welchen er für dasselbe angemessen findet, erziehen; aber nach erreichter Mündigkeit kann das Kind, wenn es sein Verlangen nach einer andern, seiner Neigung und seinen Fähigkeiten mehr angemessenen Berufsart dem Vater fruchtlos vorgetragen hat, sein Gesuch vor das ordentliche Gericht bringen, welches mit Rücksicht auf den Stand, auf das Vermögen und die Einwendungen des Vaters von Amts wegen darüber zu erkennen hat.
b) des Vermögens
§ 149
Alles, was die Kinder auf was immer für eine gesetzmässige Art erwerben, ist ihr Eigentum; solange sie aber unter der väterlichen Gewalt stehen, kommt dem Vater die Verwaltung zu. Nur wenn der Vater zur Verwaltung unfähig, oder von denjenigen, die seinen Kindern das Vermögen zugewendet haben, von derselben ausgeschlossen worden ist, ernennt das Gericht einen anderen Verwalter.
§ 150
Von den Einkünften des Vermögens sind, soweit sie reichen, die Erziehungskosten zu bestreiten. Ergibt sich dabei ein Überschuss, so muss er angelegt und darüber jährlich Rechnung gelegt werden. Nur dann, wenn dieser Überschuss gering wäre, kann der Vater von der Legung einer Rechnung freigesprochen, und ihm derselbe zur freiwilligen Verwendung überlassen werden. Wird dem Vater von demjenigen, dem das Kind das Vermögen zu verdanken hat, die Fruchtniessung verwilliget; so haften die Einkünfte doch immer für den standesmässigen Unterhalt des Kindes, und sie können zum Abbruche desselben von den Gläubigern des Vaters nicht in Beschlag genommen werden.
§ 151
Über das, was ein obgleich minderjähriges, jedoch ausser der Verpflegung der Eltern stehendes Kind durch seinen Fleiss erwirbt, sowie auch über Sachen, die einem Kinde nach erreichter Mündigkeit zum Gebrauche übergeben worden sind, kann es frei verfügen.
c) der Verpflichtung der Kinder
§ 152
Die unter der väterlichen Gewalt stehenden Kinder können ohne ausdrückliche oder doch stillschweigende Einwilligung des Vaters keine gültige Verpflichtung eingehen. Auf solche Verpflichtungen ist überhaupt dasjenige anzuwenden, was in dem nächsten Hauptstücke über die verbindlichen Handlungen der unter der Vormundschaft stehenden Minderjährigen bestimmt wird. Dem Vater kommt auch die Verbindlichkeit zu, seine minderjährigen Kinder zu vertreten.
§ 153
Die Vorschriften, welche zur gültigen Ehe einer minderjährigen Person beobachtet werden müssen, sind in dem vorhergehenden Hauptstücke enthalten (§ 49 u. f.).
§ 154
Der auf die Erziehung der Kinder gemachte Aufwand gibt den Eltern keinen Anspruch auf das von den Kindern nachher erworbene Vermögen. Verfallen aber die Eltern in Dürftigkeit, so sind ihre Kinder sie anständig zu erhalten verbunden.
Rechtsverhältnisse zwischen unehelichen Eltern und Kindern
Nähere Bestimmung des Begriffs von unehelichen Kindern
§ 155
Die unehelichen Kinder geniessen nicht gleiche Rechte mit den ehelichen. Die rechtliche Vermutung der unehelichen Geburt hat bei denjenigen Kindern statt, welche zwar von einer Ehegattin, jedoch vor oder nach dem oben (§ 138) mit Rücksicht auf die eingegangene oder aufgelöste Ehe bestimmten gesetzlichen Zeitraume geboren worden sind.
§ 156
Diese rechtliche Vermutung tritt aber bei einer früheren Geburt erst dann ein, wenn der Mann, dem vor der Verehelichung die Schwangerschaft nicht bekannt war, längstens binnen drei Monaten nach erhaltener Nachricht von der Geburt des Kindes die Vaterschaft gerichtlich widerspricht.
§ 157
Die von dem Manne innerhalb dieses Zeitraumes rechtlich widersprochene Rechtmässigkeit einer früheren oder späteren Geburt kann nur durch Kunstverständige, welche nach genauer Untersuchung der Beschaffenheit des Kindes und der Mutter die Ursache des ausserordentlichen Falles deutlich angeben, bewiesen werden.
§ 158
Wenn ein Mann behauptet, dass ein von seiner Gattin innerhalb des gesetzlichen Zeitraumes geborenes Kind nicht das seinige sei; so muss er die eheliche Geburt des Kindes längstens binnen drei Monaten nach erhaltener Nachricht bestreiten, und gegen den zur Verteidigung der ehelichen Geburt aufzustellenden Kurator die Unmöglichkeit der von ihm erfolgten Zeugung beweisen. Weder ein von der Mutter begangener Ehebruch, noch ihre Behauptung, dass ihr Kind unehelich sei, können für sich allein demselben die Rechte der ehelichen Geburt entziehen.
§ 159
Stirbt der Mann vor dem ihm zur Bestreitung der ehelichen Geburt verwilligten Zeitraume, so können auch die Erben, denen ein Abbruch an ihren Rechten geschähe, innerhalb drei Monaten nach dem Tode des Mannes aus dem angeführten Grunde die eheliche Geburt eines solchen Kindes bestreiten.
Legitimation der unehelichen Kinder
§ 160
a) durch Hebung des Ehehindernisses oder schuldlose Unwissenheit der Ehegatten
Kinder, die zwar aus einer ungültigen, aber aus keiner solchen Ehe erzeugt worden sind, der die in den §§ 62 bis 64 angeführten Hindernisse entgegenstehen, sind als eheliche anzusehen, wenn das Ehehindernis in der Folge gehoben worden ist, oder wenn wenigstens einem ihrer Eltern die schuldlose Unwissenheit des Ehehindernisses zu statten kommt; doch bleiben in dem letzteren Falle solche Kinder von Erlangung desjenigen Vermögens ausgeschlossen, welches durch Familienanordnungen der ehelichen Abstammung besonders vorbehalten ist.
§ 161
b) durch die nachfolgende Ehe
Kinder, welche ausser der Ehe geboren und durch die nachher erfolgte Verehelichung ihrer Eltern in die Familie eingetreten sind, werden so wie ihre Nachkommenschaft, unter die ehelich erzeugten gerechnet; nur können sie den in einer inzwischen bestandenen Ehe erzeugten ehelichen Kindern die Eigenschaft der Erstgeburt und andere bereits erworbene Rechte nicht streitig machen.
§ 162
c) durch Begünstigung des Landesfürsten
Die uneheliche Geburt kann einem Kinde an seiner bürgerlichen Achtung und an seinem Fortkommen keinen Abbruch tun. Zu diesem Ende bedarf es keiner besonderen Begünstigung des Landesfürsten, wodurch das Kind als ein eheliches erklärt wird. Nur die Eltern können um solche ansuchen, wenn sie das Kind gleich einem ehelichen der Standesvorzüge oder des Rechtes an dem frei vererblichen Vermögen teilhaft machen wollen. In Rücksicht auf die übrigen Familienmitglieder hat diese Begünstigung keine Wirkung.
§ 163
Beweis der Vaterschaft zu einem unehelichen Kinde
Wer auf eine in der Gerichtsordnung vorgeschriebene Art überwiesen wird, dass er der Mutter eines Kindes innerhalb des Zeitraumes beigewohnt habe, von welchem bis zu ihrer Entbindung nicht weniger als sechs, nicht mehr als zehn Monate verstrichen sind; oder, wer dieses auch nur ausser Gericht gesteht, von dem wird vermutet, dass er das Kind erzeugt habe.
§ 164
Die auf Angeben der Mutter erfolgte Einschreibung des väterlichen Namens in das Tauf- oder Geburtsbuch macht nur dann einen vollständigen Beweis, wenn die Einschreibung nach der gesetzlichen Vorschrift mit Einwilligung des Vaters geschehen, und diese Einwilligung durch das Zeugnis des Seelsorgers und des Paten mit dem Beisatze, dass er ihnen von Person bekannt sei, bestätigt worden ist.
Beschaffenheit des Rechtsverhältnisses zwischen unehelichen Eltern und Kindern
§ 165
Uneheliche Kinder sind überhaupt von den Rechten der Familie und der Verwandtschaft ausgeschlossen; sie haben weder auf den Familiennamen des Vaters, noch auf den Adel, das Wappen und andere Vorzüge der Eltern Anspruch; sie führen den Geschlechtsnamen der Mutter.
§ 166
Aber auch ein uneheliches Kind hat das Recht, von seinen Eltern eine ihrem Vermögen angemessene Verpflegung, Erziehung und Versorgung zu fordern, und die Rechte der Eltern über dasselbe erstrecken sich soweit, als es der Zweck der Erziehung erfordert. Übrigens steht das uneheliche Kind nicht unter der eigentlichen väterlichen Gewalt seines Erzeugers, sondern wird von einem Vormunde vertreten.
§ 167
Zur Verpflegung ist vorzüglich der Vater verbunden; wenn aber dieser nicht imstande ist, das Kind zu verpflegen, so fällt die Verbindlichkeit auf die Mutter.
§ 168
Solange die Mutter ihr uneheliches Kind, der künftigen Bestimmung gemäss, selbst erziehen will und kann, darf ihr dasselbe von dem Vater nicht entzogen werden; dessen ungeachtet muss er die Verpflegungskosten bestreiten.
§ 169
Läuft aber das Wohl des Kindes durch die mütterliche Erziehung Gefahr, so ist der Vater verbunden, das Kind von der Mutter zu trennen, und solches zu sich zu nehmen, oder anderswo sicher und anständig unterzubringen.
§ 170
Es steht den Eltern frei, sich über den Unterhalt, die Erziehung und Versorgung des unehelichen Kindes miteinander zu vergleichen; ein solcher Vergleich kann aber dem Rechte des Kindes keinen Abbruch tun.
§ 171
Die Verbindlichkeit, uneheliche Kinder zu verpflegen und zu versorgen, geht, gleich einer andern Schuld, auf die Erben der Eltern über.
Erlöschen der väterlichen Gewalt über die Kinder
§ 172
Die väterliche Gewalt hört mit der Grossjährigkeit des Kindes sogleich auf, wofern nicht aus gerechter Ursache die Fortdauer derselben auf Ansuchen des Vaters von dem Gerichte verwilligt und öffentlich bekannt gemacht worden ist.
§ 173
Gerechte Ursachen, die Fortdauer der väterlichen Gewalt bei Gericht anzusuchen, sind: Wenn das Kind, ungeachtet der Volljährigkeit, wegen Leibes- oder Gemütsgebrechen sich selbst zu verpflegen, oder seine Angelegenheiten zu besorgen, nicht vermag; oder, wenn es sich während der Minderjährigkeit in beträchtliche Schulden verwickelt, oder solcher Vergehungen schuldig gemacht hat, wegen welcher es noch ferner unter genauer Aufsicht des Vaters gehalten werden muss.
§ 174
Kinder, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, können auch vor Zurücklegung des 21. Jahres aus der väterlichen Gewalt treten, wenn der Vater sie mit ihrer Einwilligung und mit Genehmhaltung des Gerichtes ausdrücklich entlässt.
§ 175 6
Aufgehoben
§ 176
Wenn ein Vater den Gebrauch der Vernunft verliert; wenn er als Verschwender erklärt; oder, wegen eines Verbrechens auf längere Zeit als ein Jahr zur Gefängnisstrafe verurteilet wird; wenn er eigenmächtig auswandert; oder, wenn er über ein Jahr abwesend ist, ohne von seinem Aufenthalte Nachricht zu geben; kommt die väterliche Gewalt ausser Wirksamkeit, und es wird ein Vormund bestellet; hören aber diese Hindernisse auf, so tritt der Vater wieder in seine Rechte ein.
§ 177
Väter, welche die Verpflegung und Erziehung ihrer Kinder ganz vernachlässigen, verlieren die väterliche Gewalt auf immer.
§ 178
Gegen den Missbrauch der väterlichen Gewalt, wodurch das Kind in seinen Rechten gekränkt wird, oder gegen die Unterlassung der damit verbundenen Pflichten, kann nicht nur das Kind selbst, sondern jedermann, der davon Kenntnis hat, und besonders die nächsten Anverwandten, den Beistand des Gerichtes anrufen. Das Gericht hat den Gegenstand der Beschwerde zu untersuchen, und die den Umständen angemessenen Verfügungen zu treffen.
Dem Rechtsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern ähnliche Verbindungen
§ 179
1. Annehmung an Kindesstatt
Personen, welche den ehelosen Stand nicht feierlich angelobet, und keine eigenen ehelichen Kinder haben, können an Kindesstatt annehmen; die annehmende Person heisst Wahlvater oder Wahlmutter; die angenommene heisst Wahlkind.
Erfordernisse
§ 180
Wahlväter oder Wahlmütter müssen das 50. Jahr zurückgelegt haben, und ein Wahlkind muss wenigstens 18 Jahre jünger sein als seine Wahleltern.
§ 181
Die Annahme an Kindesstatt kann, wenn das Kind minderjährig ist, nur mit Einwilligung des ehelichen Vaters, oder in dessen Ermanglung, nur mit Einwilligung der Mutter, des Vormundes und des Gerichtes zustande kommen. Auch wenn das Kind grossjährig, aber sein ehelicher Vater noch am Leben ist, wird desselben Einwilligung erfordert. Gegen die ohne hinreichenden Grund versagte Einwilligung kann bei dem ordentlichen Richter Beschwerde geführet werden. Die mit der erforderlichen Einwilligung versehene Annahme an Kindesstatt ist der Landesstelle zur Bestätigung und dem Gerichtsstande der Wahleltern und des Wahlkindes zur Eintragung in die Gerichtsakten vorzulegen.
Daraus entspringende Rechte
§ 182
Eine wesentliche, rechtliche Wirkung der Annahme an Kindesstatt ist: dass die angenommene Person den Namen des Wahlvaters oder den Geschlechtsnamen der Wahlmutter erhält; sie behält aber zugleich ihren vorigen Familiennamen und den ihr etwa eigenen Familienadel bei. Wünschen die Wahleltern, dass der ihnen eigene Adel und das Wappen auf das Wahlkind übergehe, so muss die Bewilligung des Landesfürsten angesucht werden.
§ 183
Zwischen den Wahleltern und dem Wahlkinde und dessen Nachkommen finden, insoweit das Gesetz keine Ausnahme macht, gleiche Rechte, wie zwischen den ehelichen Eltern und Kindern statt. Der Wahlvater übernimmt die väterliche Gewalt. Auf die übrigen Mitglieder der Familie der Wahleltern hat das Verhältnis zwischen den Wahleltern und dem Wahlkinde keinen Einfluss; dagegen verliert das Wahlkind auch die Rechte seiner eignen Familie nicht.
§ 184
Die Rechte zwischen Wahleltern und Wahlkindern können durch Vertrag anders bestimmet werden, insofern dadurch die in § 182 angeführte wesentliche Wirkung der Annahme an Kindesstatt nicht abgeändert, noch dem Rechte eines Dritten zu nahe getreten wird.
§ 185
Erlöschung derselben
Das rechtliche Verhältnis zwischen den Wahleltern und dem Wahlkinde kann, insolange das Wahlkind minderjährig ist, nur mit Einwilligung der Vertreter des Minderjährigen und des Gerichtes aufgehoben werden. Nach Erlöschung des Rechtsverhältnisses zwischen dem Wahlvater und dem Wahlkinde kommt das minderjährige Kind wieder unter die Gewalt des ehelichen Vaters.
§ 186
2. Übernahme in die Pflege
Die Rechte und Verbindlichkeiten der Wahleltern und Wahlkinder lassen sich auf Kinder, die nur in Pflege genommen werden, nicht anwenden. Diese Pflege steht jedermann frei, wollen aber die Parteien hierüber einen Vertrag schliessen; so muss er, insofern die Rechte des Pflegekindes geschmälert, oder demselben besondere Verbindlichkeiten auferlegt werden sollen, gerichtlich bestätiget werden. Auf den Ersatz der Pflegekosten haben die Pflegeeltern keinen Anspruch.
4. Hauptstück
Von den Vormundschaften und Kuratelen
§ 187
Bestimmung der Vormundschaft und Kuratel
Personen, denen die Sorge eines Vaters nicht zu Statten kommt, und die noch minderjährig oder aus einem andern Grunde ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen unfähig sind, gewähren die Gesetze durch einen Vormund oder durch einen Kurator besonderen Schutz.
§ 188
Unterschied zwischen der Vormundschaft und Kuratel
Ein Vormund hat vorzüglich für die Person des Minderjährigen zu sorgen, zugleich aber dessen Vermögen zu verwalten. Ein Kurator wird zur Besorgung der Angelegenheiten derjenigen gebraucht, welche dieselben aus einem andern Grunde, als jenem der Minderjährigkeit selbst zu besorgen unfähig sind.
I. Von der Vormundschaft
§ 189
Veranlassung zur Bestellung
Wenn der Fall eintritt, dass einem Minderjährigen, er sei von ehelicher oder unehelicher Geburt, ein Vormund bestellt werden muss, sind die Verwandten des Minderjährigen oder andere mit ihm in nahem Verhältnisse stehende Personen unter angemessener Ahndung verbunden, dem Gerichte, unter dessen Gerichtsbarkeit der Minderjährige steht, die Anzeige zu machen. Auch die politischen Obrigkeiten, die weltlichen und geistlichen Vorsteher der Gemeinden, müssen sorgen, dass das Gericht hiervon benachrichtigt werde.
§ 190
Wer den Vormund zunächst bestelle
Das Gericht muss, sobald es zur Kenntnis gelangt ist, von Amts wegen die Bestellung eines tauglichen Vormundes vornehmen.
Notwendige Entschuldigung von einer Vormundschaft überhaupt
§ 191
Untauglich zur Vormundschaft überhaupt sind diejenigen, welche wegen ihres minderjährigen Alters, wegen Leibes- oder Geistesgebrechen, oder aus andern Gründen ihren eigenen Geschäften nicht vorstehen können; die eines Verbrechens schuldig erkannt worden sind, oder von denen eine anständige Erziehung des Waisen oder nützliche Verwaltung des Vermögens nicht zu erwarten ist.
§ 192
Auch Personen weiblichen Geschlechtes, Ordensgeistlichen und Einwohnern fremder Staaten, soll in der Regel (§ 198) keine Vormundschaft aufgetragen werden.
oder von einer bestimmten Vormundschaft
§ 193
Zu einer bestimmten Vormundschaft sind diejenigen nicht zuzulassen, welche der Vater ausdrücklich von der Vormundschaft ausgeschlossen hat; die mit den Eltern des Minderjährigen oder mit ihm selbst bekanntlich in Feindschaft gelebt, oder die mit dem Minderjährigen entweder schon in einem Prozesse verwickelt sind, oder, wegen noch nicht berichtigten Forderungen in einen verwickelt werden könnten.
§ 194
Personen, die in der Provinz, zu welcher der Minderjährige der Gerichtsbarkeit nach gehört, sich entweder gar nicht aufhalten, oder doch länger als ein Jahr von derselben entfernt sein müssen, sind in der Regel zur Vormundschaft nicht zu bestellen.
§ 195
Freiwillige Entschuldigungsgründe
Wider ihren Willen können zur Übernehmung einer Vormundschaft nicht angehalten werden: Weltgeistliche, wirklich dienende Militärpersonen und öffentliche Beamte; ebenso derjenige, der 60 Jahre alt ist; dem die Obsorge über fünf Kinder oder Enkel obliegt; oder, der schon eine mühsame Vormundschaft, oder drei kleinere zu besorgen hat.
Arten der Berufung zur Vormundschaft
1. testamentarische
§ 196
Vor allen gebührt die Vormundschaft demjenigen, welchen der Vater dazu berufen hat, wenn demselben keines der in den §§ 191 bis 194 angeführten Hindernisse im Wege steht.
§ 197
Hat eine Mutter oder eine andere Person einem Minderjährigen ein Erbteil zugedacht, und zugleich einen Vormund ernannt; so muss dieser nur in der Eigenschaft eines Kurators für das hinterlassene Vermögen angenommen werden.
§ 198
2. gesetzliche
Wenn der Vater keinen oder einen unfähigen Vormund ernannt hat, so ist die Vormundschaft vor allen dem väterlichen Grossvater, dann der Mutter, sofort der väterlichen Grossmutter, endlich einem andern Verwandten, und zwar demjenigen anzuvertrauen, welcher männlichen Geschlechtes, der nächste, oder aus mehrern gleich nahen der ältere ist.
§ 199
3. gerichtliche
Kann eine Vormundschaft auf die angeführte Art nicht bestellet werden, so hängt es von dem Gerichte ab, wen es mit Rücksicht auf Fähigkeit, Stand, Vermögen und Ansässigkeit zum Vormunde ernennen will.
Form der wirklichen Bestellung des Vormundes
§ 200
Jeden ernannten Vormund, ohne Unterschied, hat das vormundschaftliche Gericht sogleich anzuweisen, dass er die Vormundschaft übernehme. Der Vormund, ob er gleich für seine Person unter einer andern Gerichtsbarkeit steht, ist schuldig, die Vormundschaft zu übernehmen und wird in Rücksicht auf alle zu diesem Amte gehörige Angelegenheiten der vormundschaftlichen Behörde unterworfen.
Form, die Bestellung abzulehnen
§ 201
Glaubt derjenige, welchen das Gericht zur Vormundschaft berufen hat, dass er zu diesem Amte nicht geschickt sei oder, dass ihn das Gesetz davon freispreche, so muss er sich innerhalb 14 Tagen, von der Zeit des ihm bekannt gemachten gerichtlichen Auftrages, an das vormundschaftliche Gericht oder wenn er demselben für seine Person nicht unterworfen ist, an seine persönliche Gerichtsstelle wenden, welche seine Gründe mit ihrem Gutachten begleiten und dem vormundschaftlichen Gerichte zur Entscheidung vorlegen soll.
Verantwortlichkeit des Vormundes und des Gerichtes in Rücksicht dieses Gegenstandes
§ 202
Wer seine Untauglichkeit zur Vormundschaft verhehlet, hat, so wie das Gericht, das wissentlich einen nach dem Gesetze untauglichen Vormund ernennet, alle dem Minderjährigen dadurch entstandenen Schaden und entgangenen Nutzen zu verantworten.
§ 203
Dieser Verantwortung setzt sich auch derjenige aus, welcher ohne gegründete Ursache sich weigert, eine Vormundschaft zu übernehmen, und er soll überdies durch angemessene Zwangsmittel dazu angehalten werden.
Antritt der Vormundschaft
§ 204
Man kann das vormundschaftliche Amt nur nach einem von dem gehörigen Gerichtsstande dazu erhaltenen Auftrage übernehmen. Wer sich eigenmächtig in eine Vormundschaft eindringt, ist verbunden, allen dem Minderjährigen dadurch erwachsenen Schaden zu ersetzen.
Angelobung
§ 205
Jeder Vormund, mit Ausnahme des Grossvaters, der Mutter und der Grossmutter, muss vermittelst Handschlages angeloben: dass er den Minderjährigen zur Rechtschaffenheit, Gottesfurcht und Tugend anführen, dass er ihn dem Stande gemäss als einen brauchbaren Bürger erziehen, vor Gericht und ausser demselben vertreten, das Vermögen getreulich und emsig verwalten, und sich in allem nach Vorschrift der Gesetze verhalten wolle.
§ 206
Urkunde hierüber
Einem auf diese Art verpflichteten Vormunde hat das Gericht eine förmliche Urkunde darüber auszufertigen, damit er in Ansehung seines Amtes beglaubiget sei, und sich in vorkommenden Fällen rechtfertigen könne. Übernimmt ein Grossvater, eine Mutter oder Grossmutter eine Vormundschaft; so muss ihnen eine ähnliche Urkunde zugestellet, und derselben dasjenige, was andere Vormünder angeloben, eingeschaltet werden.
Führung der Vormundschaft
Vorläufige gerichtliche Vorsicht
§ 207
Jedes vormundschaftliche Gericht ist verbunden, ein sogenanntes Vormundschafts- oder Waisenbuch zu führen. In dieses Buch müssen die Vornamen, Familiennamen, das Alter der Minderjährigen, und alles, was sich bei der Übernahme, Fortdauer und Endigung der Vormundschaft Wichtiges ereignet hat, eingetragen werden.
§ 208
In diesem Buche soll auch auf alle Belege dergestalt hingewiesen werden, damit sowohl das Gericht selbst, als auch in der Folge die volljährig gewordenen Waisen alles, was ihnen zu wissen nützlich ist, in beglaubigter Form einsehen können.
Vereinigung der vormundschaftlichen Hauptpflichten, der Erziehung und Vermögensverwaltung, in einer Person
§ 209
So wie ein von dem Vater ernannter Vormund nicht nur über die Person des Minderjährigen, sondern auch über dessen Vermögen zu sorgen hat; ebenso wird vermutet, dass der Vater jemanden, den er zum Kurator über das Vermögen ernannt hat, zugleich die Aufsicht über die Person habe anvertrauen wollen. Hat aber der Vater einen Vormund nicht für alle Kinder, oder einen Kurator nicht für das ganze Vermögen ernannt; so liegt dem Gerichte ob, für die andern Kinder einen Vormund oder für den übrigen Teil des Vermögens einen Kurator zu bestellen.
§ 210
Sind mehrere Vormünder ernannt worden, so können sie zwar das Vermögen des Minderjährigen gemeinschaftlich oder teilweise verwalten. Verwalten sie es aber gemeinschaftlich, oder teilen sie die Verwaltung ohne Genehmhaltung des Gerichtes unter sich; so haftet jeder einzelne für den ganzen dem Minderjährigen erwachsenden Schaden. Immer muss auch das Gericht veranstalten, dass die Person des Minderjährigen und die Hauptführung der Geschäfte nur von einem besorget werde.
§ 211
Unterstützung einer Vormünderin durch einen Mitvormund
Müttern und Grossmüttern, die eine Vormundschaft übernehmen, muss ein Mitvormund zugegeben werden. Bei der Wahl desselben ist vor allem auf den erklärten Willen des Vaters, dann auf den Vorschlag der Vormünderin, endlich auf die Verwandten des Minderjährigen Rücksicht zu nehmen.
Pflichten und Rechte des Mitvormundes
§ 212
Auch der Mitvormund muss eine Beglaubigungsurkunde vom Gerichte erhalten, und angeloben, dass er das Beste des Minderjährigen befördern wolle, und er muss zu diesem Ende der Vormünderin mit seinem Rate beistehen. Sollte er wichtige Gebrechen wahrnehmen; so muss er sich bestreben, denselben abzuhelfen, und nötigen Falls dem vormundschaftlichen Gerichte Anzeige davon machen.
§ 213
Eine andere wesentliche Pflicht des Mitvormundes ist, dass er bei vorfallenden Geschäften, zu deren Gültigkeit die Einwilligung des vormundschaftlichen Gerichtes notwendig ist, das Gesuch der Vormünderin mit unterzeichne, oder seine besondere Meinung beilege, sowie er auch auf Verlangen des Gerichtes über ein solches Geschäft unmittelbar sein Gutachten zu erstatten hat.
§ 214
Ein Mitvormund, welcher diese Pflichten erfüllet hat, bleibt von aller ferneren Verantwortung frei; ist einem Mitvormunde aber zugleich die Verwaltung des Vermögens aufgetragen worden, so hat er mit dieser Verwaltung alle Pflichten eines Kurators übernommen.
§ 215
Wenn eine Vormünderin von der Vormundschaft austritt; so ist die Vormundschaft in der Regel dem gewesenen Mitvormunde aufzutragen.
Besondere Pflichten und Rechte des Vormundes
§ 216
a) in Rücksicht der Erziehung der Person
Ein Vormund hat gleich dem Vater die Verbindlichkeit und das Recht, für die Erziehung des Minderjährigen Sorge zu tragen; doch muss er in wichtigen und bedenklichen Angelegenheiten erst die Genehmigung und die Vorschriften des vormundschaftlichen Gerichtes einholen.
Entsprechende Verbindlichkeit des Pflegebefohlenen
§ 217
Der Minderjährige ist seinem Vormunde Ehrerbietung und Folgsamkeit schuldig; er ist aber auch berechtigt, sich bei seinen nächsten Verwandten, oder bei der gerichtlichen Behörde zu beschweren, wenn der Vormund seine Macht auf was immer für eine Art missbrauchen, oder die Pflichten der nötigen Obsorge und Pflege hintansetzen würde. Auch den Verwandten des Minderjährigen und jedem, der hiervon Kenntnis erhält, steht die Anzeige bevor. An diese Behörde hat sich auch der Vormund zu wenden, wenn er den Vergehungen des Minderjährigen durch die zur Erziehung ihm eingeräumte Gewalt Einhalt zu tun nicht vermag.
§ 218
Wer zunächst die Erziehung besorge
Die Person des Waisen soll vorzüglich der Mutter selbst dann, wenn sie die Vormundschaft nicht übernommen oder sich wieder verheiratet hat, anvertrauet werden; es wäre denn, dass das Beste des Kindes eine andere Verfügung erheischte.
Bestimmung der Quantität und der Quellen der Erziehungskosten
§ 219
Die Unterhaltskosten bestimmt das vormundschaftliche Gericht, und nimmt bei der Bestimmung auf die Anordnung des Vaters, auf das Gutachten des Vormundes, auf das Vermögen, auf den Stand und auf andere Verhältnisse des Minderjährigen Rücksicht.
§ 220
Wenn die Einkünfte zur Bestreitung dieser Kosten oder zur Bestreitung eines Aufwandes, wodurch der Minderjährige in einen fortdauernden Nahrungsstand versetzt werden soll, nicht zureichen; so darf mit Genehmhaltung des Gerichtes auch das Hauptvermögen angegriffen werden.
§ 221
In dem Falle, dass die Waisen ganz mittellos sind, soll das vormundschaftliche Gericht die bemittelten nächsten Verwandten zu deren Verpflegung, dafern sie nach dem § 143 hierzu nicht ohnehin rechtlich verbunden sind, zu bewegen suchen. Ausserdem hat der Vormund auf öffentliche milde Stiftungen und bestehende Armenanstalten so lange einen gerechten Anspruch, bis der Minderjährige imstande ist, sich durch eigene Arbeit und Verwendung selbst zu ernähren.
Besondere Pflichten der Vormundschaft
b) In Rücksicht der Vermögensverwaltung
Erforschung und Sicherstellung des Vermögens
§ 222
Die dem vormundschaftlichen Gerichte über das Vermögen des Waisen anvertraute Obsorge fordert, dass es zuerst desselben Vermögen zu erforschen und es durch Sperre, durch Inventur und Schätzung sicherzustellen suche.
§ 223
Durch die gerichtliche Sperre werden nur dann, wenn es zur Sicherstellung notwendig ist, die Gerätschaften in Verwahrung genommen; die Inventur aber, das ist ein genaues Verzeichnis des sämtlichen, dem Waisen gehörigen Vermögens, muss stets, selbst ohne Rücksicht auf das Verbot des Vaters, oder eines andern Erblassers, errichtet werden.
§ 224
dann durch die Schätzung des Vermögens entweder unmittelbar von dem vormundschaftlichen Gerichte
Das Verzeichnis des Vermögens und die Schätzung der beweglichen Sachen müssen ohne Zeitverlust, allenfalls auch vor Bestellung eines Vormundes, vorgenommen werden. Das Inventarium wird bei den Verlassenschaftsakten aufbewahrt und dem Vormunde eine beglaubigte Abschrift davon mitgeteilt. Die Schätzung des unbeweglichen Vermögens muss, sobald es tunlich ist, vorgenommen werden; sie kann aber auch, wenn der Wert sich aus andern zuverlässigen Quellen darstellt, ganz unterbleiben.
oder vermittelst der Realbehörde
§ 225
Liegt ein unbewegliches Gut des Minderjährigen in einer andern Provinz, oder gar in einem fremden Staate; so muss die vormundschaftliche Behörde den ordentlichen Gerichtsstand der andern Provinz oder des fremden Staates um die Inventur und Schätzung und um die Mitteilung derselben angehen, diesem Gerichtsstande aber die Bestellung eines Kurators über dieses Gut überlassen.
§ 226
Liegt das unbewegliche Gut in der nämlichen Provinz, aber unter einer anderen Behörde, so gebühren zwar dieser alle auf das Gut sich beziehende Rechte, folglich auch die Inventur und Schätzung: allein sie muss der vormundschaftlichen Behörde auf Verlangen nicht nur eine Abschrift davon mitteilen; sondern auch dem Vormunde die freie Verwaltung des Gutes überlassen, ohne sich über seine vormundschaftlichen Handlungen einer Art von Gerichtsbarkeit anzumassen.
§ 227
Wohin das bewegliche Vermögen gehöre
Diejenigen Mobilien, welche sich auf einem unbeweglichen Gute befinden, um beständig auf demselben zu bleiben, sind als ein Teil dieses Gutes anzusehen; alle übrigen Mobilien, auch Schuldbriefe und selbst die auf einem unbeweglichen Gute haftenden Kapitalien gehören unter die vormundschaftliche Gerichtsbarkeit.
§ 228
Allgemeine Vorschrift in Rücksicht auf die Vermögensverwaltung
Sobald ein Vormund oder Kurator das Vermögen übernimmt, hat er es mit aller Aufmerksamkeit eines redlichen und fleissigen Hausvaters zu verwalten, und für sein Verschulden zu haften.
§ 229
Besondere Vorschriften in Absicht der unmittelbaren Vermögensverwaltung, insbesondere in Rücksicht der Kostbarkeiten
Juwelen, andere Kostbarkeiten und die Schuldbriefe kommen, so wie alle wichtigen Urkunden, in gerichtliche Verwahrung; von den erstern erhält der Vormund ein Verzeichnis, von den letztern die zu seinem Gebrauche nötigen Abschriften.
§ 230
des baren Geldes
Vom baren Gelde soll nur so viel in den Händen des Vormundes verbleiben, als zur Erziehung des Waisen und zum ordentlichen Betriebe der Wirtschaft nötig ist; das übrige muss vorzüglich zur Tilgung der etwa vorhandenen Schulden oder zu einem andern vorteilhaften Gebrauche verwendet, und wenn kein vorteilhafterer Gebrauch zu machen ist, auf Zinsen in öffentliche Kassen oder gegen gesetzmässige Sicherheit auch bei Privatpersonen angelegt werden. Die Sicherheit ist aber nur dann gesetzmässig, wenn durch die Sicherstellung mit Einrechnung der etwa vorhergehenden Lasten, ein Haus nicht über die Hälfte, ein Landgut oder Grundstück aber nicht über zwei Drittteile seines wahren Wertes beschwert wird.
§ 231
des übrigen beweglichen Vermögens
Das übrige bewegliche Vermögen, welches weder zum Gebrauche des Minderjährigen, noch zum Andenken der Familie, oder nach Anordnung des Vaters aufzubewahren ist, noch auf eine andere Art vorteilhaft verwendet werden kann, muss im allgemeinen öffentlich feilgeboten werden. Das Hausgeräte kann man den Eltern und den Miterben in dem gerichtlichen Schätzungspreise aus freier Hand überlassen. Stücke, die bei der öffentlichen Versteigerung nicht veräussert worden sind, kann der Vormund mit Bewilligung des vormundschaftlichen Gerichtes auch unter dem Schätzungspreise verkaufen.
§ 232
in Rücksicht des unbeweglichen
Ein unbewegliches Gut kann nur im Notfalle oder zum offenbaren Vorteile des Minderjährigen mit Genehmhaltung des vormundschaftlichen Gerichtes, und in der Regel nur vermittelst öffentlicher Versteigerung veräussert, aus wichtigen Gründen aber kann auch eine Veräusserung aus freier Hand von dem Gerichte bewilligt werden.
§ 233
bei vorzukehrenden wichtigen Veränderungen
Überhaupt kann ein Vormund in allen Geschäften, welche nicht zu dem ordentlichen Wirtschaftsbetriebe gehören, und welche von grösserer Wichtigkeit sind, nichts ohne gerichtliche Einwilligung vornehmen. Er kann also eigenmächtig keine Erbschaft ausschlagen oder unbedingt annehmen; keine Veräusserung der seiner Verwahrung anvertrauten Güter vornehmen; keinen Pachtvertrag abschliessen; kein mit gesetzmässiger Sicherheit anliegendes Kapital aufkündigen; keine Forderung abtreten; keinen Rechtsstreit vergleichen; keine Fabrik, Handlung und Gewerbe ohne gerichtliche Genehmigung anfangen, fortsetzen oder aufheben.
§ 234
bei Einhebung der Kapitalien
Ein Vormund kann für sich allein kein Kapital des Minderjährigen, wenn es zurückbezahlt wird, in Empfang nehmen. Der Schuldner, dem ein solches Kapital aufgekündigt wird, muss sich zu seiner Sicherheit von dem Vormunde die gerichtliche Bewilligung zur Erhebung des Kapitales vorzeigen lassen, und sich nicht mit der Quittung des Vormundes allein begnügen; auch steht es ihm frei, die Zahlung unmittelbar an das Gericht selbst zu leisten.
§ 235
bei weiterer Verwendung derselben
So oft der Fall eintritt, dass ein ausstehendes Kapital eingehen solle, hat der Vormund für dessen vorteilhafte Verwendung die Anstalt zu treffen, und zu der wirklichen Verwendung die Genehmigung des Gerichtes einzuholen.
§ 236
zur Sicherstellung unbedeckter Forderungen
Über Schuldforderungen, zu deren Beweise keine Urkunden vorhanden sind, muss der Vormund sich Urkunden verschaffen, und diejenigen, welche nicht sichergestellt sind, so viel möglich sicherzustellen suchen oder zur Verfallszeit eintreiben. Doch soll den Eltern das Kapital des Minderjährigen, wenn es auch nicht gesetzmässig versichert, der Minderjährige jedoch wahrscheinlicher Weise keiner Gefahr eines Verlustes ausgesetzt ist, nicht aufgekündet werden, wofern ihnen die Zurückbezahlung ohne Veräusserung ihres unbeweglichen Gutes oder Abtretung von ihrem Gewerbe schwer fallen würde.
§ 237
Kaution
Der Vormund ist bei Antretung der Vormundschaft nicht schuldig, Kaution zu leisten. Er bleibt auch in der Folge von der Kaution befreit, solange er die durch das Gesetz zur Sicherheit des Vermögens bestehenden Vorschriften genau beobachtet und zur gehörigen Zeit ordentlich Rechnung legt.
§ 238 7
Verbindlichkeit zur Rechnungslegung
In der Regel ist jeder Vormund und jeder Kurator verbunden, über die ihm anvertraute Verwaltung Rechnung zu legen. Von der Rechnungslegung kann zwar der Erblasser in Ansehung des von ihm freiwillig vermachten Betrages den Vormund lossprechen; auch das vormundschaftliche Gericht kann dieses, wenn das Einkommen die Auslagen für den Unterhalt und die Erziehung des Minderjährigen wahrscheinlich nicht übersteigt; allein das in der Inventur aufgenommene Hauptvermögen und Kapital muss ein Vormund in allen Fällen ausweisen; auch von dem Zustande seines Pflegebefohlenen, wenn darin eine wichtige Veränderung vorgeht, Bericht erstatten.
§ 239
Zeit der Rechnungslegung
Die Rechnungen müssen mit jedem Jahre oder längstens innerhalb zwei Monaten nach dessen Verlauf mit allen erforderlichen Belegen dem vormundschaftlichen Gerichte übergeben werden. In diesen Rechnungen muss die Einnahme und Ausgabe, der Überschuss oder die Verminderung des Kapitals genau bestimmt werden. Ist unter dem Vermögen des Minderjährigen eine Handlung begriffen, so hat sich das Gericht mit dem vorgelegten beglaubigten Rechnungsabschlusse oder mit der sogenannten Bilanz zu begnügen und solche geheim zu halten. Gegen einen Vormund, welcher in der bestimmten Zeit die Rechnung zu legen unterlässt, müssen die den Umständen angemessenen rechtlichen Zwangsmittel angewendet werden.
§ 240
Ort, wo die Rechnung zu legen
Wenn der Minderjährige in verschiedenen Provinzen unbewegliche Güter besitzt, deren Verwaltung einem Vormunde allein anvertraut ist; so muss der Vormund für jede Provinz eine besondere Rechnung führen und der dortigen Behörde vorlegen: allein es bleibt ihm freigestellt, zum Besten des Minderjährigen den Überschuss des in einer Provinz gelegenen Vermögens in einer andern zu verwenden.
§ 241
Art der Rechnungserledigung
Das vormundschaftliche Gericht ist verbunden, die Rechnungen des Vormundes nach den besondern Vorschriften durch Rechnungs- und Sachverständige prüfen und berichtigen zu lassen, und die Erledigung darüber dem Vormunde mitzuteilen.
§ 242
Ist in den Rechnungen etwas vergessen worden, oder sonst was immer für ein Verstoss untergelaufen, so kann dieses weder dem Vormunde, noch dem Minderjährigen zum Nachteile gereichen.
Besondere Vorschriften für den Vormund bei der mittelbaren Vermögensverwaltung
§ 243
Insonderheit bei Vertretungen
Ein Minderjähriger kann weder als Kläger, noch als Geklagter vor Gericht erscheinen; es muss ihn der Vormund entweder selbst vertreten, oder durch einen Andern vertreten lassen.
§ 244
Bei Verträgen des Pflegebefohlenen
Ein Minderjähriger ist zwar berechtiget, durch erlaubte Handlungen ohne Mitwirkung seines Vormundes etwas für sich zu erwerben: allein er kann ohne Genehmhaltung der Vormundschaft weder etwas von dem Seinigen veräussern, noch eine Verpflichtung auf sich nehmen.
§ 245
Insbesondere können Minderjährige ohne Einwilligung der Vormundschaft keine gültige Ehe eingehen (§§ 49 bis 51).
§ 246
In welchen Fällen der Minderjährige ohne Einwilligung des Vormundes verbunden werde
Hat der Minderjährige auch ohne Einwilligung seines Vormundes sich zu Diensten verdungen, so kann ihn der Vormund ohne wichtige Ursache vor der gesetz- oder vertragsmässigen Frist nicht zurückrufen; was er auf diese oder auf eine andere Art durch seinen Fleiss erwirbt, darüber kann er, so wie mit jenen Sachen, die ihm nach erreichter Mündigkeit zu seinem Gebrauche eingehändigt worden sind, frei verfügen und sich verpflichten.
§ 247
Einem Minderjährigen, der das 20. Lebensjahr zurückgelegt hat, kann die Obervormundschaft den reinen Überschuss seiner Einkünfte zur eigenen freien Verwaltung überlassen; über diesen seiner Verwaltung anvertrauten Betrag ist er berechtigt, eigenmächtig sich zu verbinden.
§ 248
Aufgehoben durch § 155 Z. 1 der Schlussabteilung zum PGR.
Endigung der Vormundschaft
§ 249
a) durch den Tod
Eine Vormundschaft endiget sich gänzlich durch den Tod des Minderjährigen. Stirbt aber der Vormund oder wird er entlassen; so muss nach der Vorschrift des Gesetzes (§§ 198 und 199) ein anderer bestellet werden.
§ 250
b) nach gehobenem Hindernis der Ausübung der väterlichen Gewalt
Die Vormundschaft endiget sich auch, wenn der Vater die durch einige Zeit gehemmte Ausübung seiner Gewalt wieder übernimmt (§ 176).
§ 251
c) durch die wirkliche Volljährigkeit
Die Vormundschaft erlischt auch sogleich, als der Pflegebefohlene die Grossjährigkeit erreicht hat; doch kann das vormundschaftliche Gericht auf Ansuchen oder nach Vernehmung des Vormundes, und der Verwandten wegen Leibes- oder Gemütsgebrechen des Pflegebefohlenen, wegen Verschwendung oder aus andern wichtigen Gründen, die Fortdauer der Vormundschaft auf eine längere und unbestimmte Zeit anordnen. Diese Verordnung muss aber in einem angemessenen Zeitraume vor dem Eintritte der Volljährigkeit öffentlich bekannt gemacht werden.
§ 252 8
d) durch die vermittelst erteilter Nachsicht rechtlich angenommene Volljährigkeit
Aufgehoben
e) durch die amtliche oder angesuchte Entlassung des Vormundes
§ 253
Die Entlassung des Vormundes verordnet das Gericht in einigen Fällen von Amts wegen, in andern, wenn darum angesucht wird.
Fälle der amtlichen Entlassung
§ 254 9
Von Amts wegen muss ein Vormund entlassen werden, wenn er die Vormundschaft pflichtwidrig verwaltet, wenn er als unfähig erkannt wird oder, wenn sich in Ansehung seiner solche Bedenklichkeiten äussern, welche ihn kraft des Gesetzes von Übernehmung der Vormundschaft ausgeschlossen haben würden.
§ 255
Wenn eine Mutter, welche die Vormundschaft ihres Kindes führt, sich wieder verehelicht; so muss sie selbst, oder der Mitvormund es dem vormundschaftlichen Gerichte zur Beurteilung anzeigen, ob ihr die Fortsetzung der Vormundschaft zu bewilligen sei.
§ 256
Hat der Erblasser oder das Gericht einen Vormund nur auf eine Zeit bestellt oder ihn auf einen bestimmten Ereignungsfall ausgeschlossen, so muss er entlassen werden, sobald diese Zeit verflossen oder der bestimmte Fall eingetreten ist.
Fälle der vom Vormunde
§ 257
Wenn während der Vormundschaft solche Gründe eintreten, die den Vormund kraft der Gesetze von Übernehmung derselben befreit oder ausgeschlossen hätten, so ist er in dem erstern Falle berechtigt, in dem letztern aber verpflichtet, die Entlassung anzusuchen.
§ 258
Einem Vormunde, dem man als vermeintlichen nächsten Verwandten des Minderjährigen die Vormundschaft aufgetragen hat, steht es frei, einen später entdeckten, nähern und tauglichen Verwandten an seine Stelle vorzuschlagen: allein der nähere Verwandte hat kein Recht, zu fordern, dass ihm ein minder naher Verwandter eine bereits angetretene Vormundschaft abtrete; er wäre denn früher sich zu melden gehindert worden.
§ 259
oder der von Andern rechtlich angesuchten Entlassung
Die Mutter oder der Bruder können, wenn sie zur Zeit der bestellten Vormundschaft selbst noch minderjährig waren, nach erreichter Volljährigkeit auf die Vormundschaft Anspruch machen. Auch steht jedem Verwandten frei, wenn das Gericht einen Nichtverwandten zur Vormundschaft berufen hat, sich binnen Jahresfrist um die Übernahme der Vormundschaft zu melden.
§ 260
Wenn eine Minderjährige sich verehelichet, so hängt es von der Beurteilung des Gerichtes ab, ob die Kuratel dem Ehegatten abgetreten werden soll (§ 175).
Bedingungen zur Entlassung des Vormundes
§ 261
a) gewöhnlicher Zeitpunkt
Ein Vormund kann in der Regel nur am Ende des vormundschaftlichen Jahres, nachdem sein Nachfolger die Verwaltung des Vermögens ordentlich übernommen hat, die Vormundschaft niederlegen. Findet aber das Gericht es zur Sicherheit der Person oder des Vermögens notwendig, so kann es ihm selbe auch sogleich abnehmen.
§ 262 10
b) Schlussrechnung
Ein Vormund ist verbunden, längstens innerhalb zwei Monaten nach geendigter Vormundschaft dem Gerichte seine Schlussrechnung zu übergeben, und erhält von demselben nach gepflogener Richtigkeit eine Urkunde über die redlich und ordentlich geführte Verwaltung seines Amtes. Diese Urkunde spricht ihn aber von der Verbindlichkeit aus einer später entdeckten arglistigen Handlung nicht frei.
§ 263
c) Übergabe des Vermögens
Am Ende einer Vormundschaft ist es die Pflicht des Vormundes, das Vermögen dem volljährig Gewordenen oder dem neu bestellten Vormunde gegen Empfangsschein zu übergeben und sich darüber bei Gericht auszuweisen. Das aufgenommene Verzeichnis des Vermögens, und die jährlich genehmigten Rechnungen dienen bei solchen Übergaben zur Richtschnur.
§ 264
Haftung des Vormundes aus fremdem Verschulden
Insgemein hat ein Vormund nur für sein Verschulden und nicht auch für das Verschulden der ihm Untergeordneten zu haften. Hat er aber wissentlich unfähige Personen angestellt, hat er solche beibehalten oder nicht auf den Ersatz des von ihnen verursachten Schadens gedrungen, so ist er auch dieser Nachlässigkeit wegen verantwortlich.
§ 265
Subsidiarische Haftung des vormundschaftlichen Gerichtes
Selbst das vormundschaftliche Gericht, welches sein Amt zum Nachteile eines Minderjährigen vernachlässiget hat, ist dafür verantwortlich, und wenn andere Mittel zum Ersatze mangeln, den Schaden zu ersetzen verbunden.
Belohnung des Vormundes
§ 266 11
a) jährliche
Emsigen Vormündern kann das Gericht aus den in Ersparung kommenden Einkünften eine verhältnismässige jährliche Belohnung zuerkennen; doch darf diese Belohnung nie mehr als fünf vom Hundert der reinen Einkünfte betragen, und sich höchstens auf 8 000 Franken jährlich belaufen.
§ 267
b) oder bei dem Austritte
Wenn das Vermögen des Minderjährigen so geringe ist, dass sich wenig oder nichts in jährliche Ersparung bringen lässt, so kann einem Vormunde, welcher das Vermögen unvermindert erhalten, oder dem Minderjährigen eine anständige Versorgung verschafft hat, wenigstens am Ende der Vormundschaft eine den Umständen angemessene Belohnung erteilt werden.
§ 268 12
Rechtsmittel des Vormundes bei Beschwerden
Ein Vormund, welcher sich durch eine Verordnung des vormundschaftlichen Gerichtes beschwert zu sein erachtet, soll die Beschwerde zuerst bei dem nämlichen Gerichte, und nur, wenn diese fruchtlos war, den Rekurs bei dem höhern Gerichte anbringen.
II. Von der Kuratel
§§ 269 bis 280 13
Aufgehoben
§ 281
Entschuldigungsursachen
Wer die gehörigen Eigenschaften zum vormundschaftlichen Amte besitzt, kann auch eine Kuratel übernehmen. Auch finden bei der Kuratel Entschuldigungsgründe und Vorzugsrechte wie bei der Vormundschaft statt.
§ 282
Rechte und Verbindlichkeiten
Die Rechte und Verbindlichkeiten der Kuratoren, welche entweder nur für die Verwaltung des Vermögens, oder zugleich für die Person ihres Pflegebefohlenen zu sorgen haben, sind aus den, den Vormündern hierüber erteilten Vorschriften zu beurteilen.
§ 283
Erlöschung derselben
Die Kuratel hört auf, wenn die dem Kurator anvertrauten Geschäfte geendigt sind, oder wenn die Gründe aufhören, die den Pflegebefohlenen an der Verwaltung seiner Angelegenheiten verhindert haben. Ob ein Wahn- oder Blödsinniger den Gebrauch der Vernunft erhalten habe; oder, ob der Wille eines Verschwenders gründlich und dauerhaft gebesseret sei; muss nach einer genauen Erforschung der Umstände, aus einer anhaltenden Erfahrung, und im ersten Falle zugleich aus den Zeugnissen der zur Untersuchung von dem Gerichte bestellten Ärzte entschieden werden.
§ 284
Ausnahme in Rücksicht des Bauernstandes
Die besondern Vorsichten bei der Vormundschaft und Kuratel des Bauernstandes sind in den politischen Gesetzen enthalten.
2. Teil
Von dem Sachenrechte
Von Sachen und ihrer rechtlichen Einteilung
§ 285 bis 308 14
Aufgehoben
1. Abteilung des Sachenrechtes
Von den dinglichen Rechten
1. Hauptstück
Von dem Besitze
§§ 309-352 15
Aufgehoben
2. Hauptstück
Von dem Eigentumsrechte
§§ 353 bis 379 16
Aufgehoben
3. Hauptstück
Von der Erwerbung des Eigentumes durch Zueignung
§§ 380 bis 403 17
Aufgehoben
4. Hauptstück
Von Erwerbung des Eigentumes durch Zuwachs
§§ 404 bis 422 18
Aufgehoben
5. Hauptstück
Von Erwerbung des Eigentumes durch Übergabe
§§ 423 bis 446 19
Aufgehoben
6. Hauptstück
Von dem Pfandrechte
§§ 447 bis 471 20
Aufgehoben
7. Hauptstück
Von Dienstbarkeiten (Servituten)
§§ 472 bis 530 21
Aufgehoben
8. Hauptstück
Von dem Erbrechte
§ 531
Verlassenschaft
Der Inbegriff der Rechte und Verbindlichkeiten eines Verstorbenen, insofern sie nicht in bloss persönlichen Verhältnissen gegründet sind, heisst desselben Verlassenschaft oder Nachlass.
§ 532
Erbrecht und Erbschaft
Das ausschliessende Recht, die ganze Verlassenschaft oder einen in Beziehung auf das Ganze bestimmten Teil derselben (z. B. die Hälfte, ein Drittel) in Besitz zu nehmen, heisst Erbrecht. Es ist ein dingliches Recht, welches gegen einen jeden, der sich der Verlassenschaft anmassen will, wirksam ist. Derjenige, dem das Erbrecht gebührt, wird Erbe, und die Verlassenschaft, in Beziehung auf den Erben, Erbschaft genannt.
Titel zu dem Erbrechte
§ 533
Das Erbrecht gründet sich auf den nach gesetzlicher Vorschrift erklärten Willen des Erblassers, auf einen nach dem Gesetze zulässigen Erbvertrag (§ 602) oder auf das Gesetz.
§ 534
Die erwähnten drei Arten des Erbrechtes können auch nebeneinander bestehen, so dass einem Erben ein in Beziehung auf das Ganze bestimmter Teil aus dem letzten Willen, dem andern aus dem Vertrage, und einem dritten aus dem Gesetze gebührt.
§ 535
Unterschied zwischen Erbschaft und Vermächtnis
Wird jemandem kein solcher Erbteil, der sich auf den ganzen Nachlass bezieht, sondern nur eine einzelne Sache, eine oder mehrere Sachen von gewisser Gattung, eine Summe oder ein Recht zugedacht, so heisst das Zugedachte, obschon dessen Wert den grössten Teil der Verlassenschaft ausmacht, ein Vermächtnis (Legat), und derjenige, dem es hinterlassen worden, ist nicht als ein Erbe, sondern nur als Vermächtnisnehmer (Legatar) zu betrachten.
Zeitpunkt des Erbanfalles
§ 536
Das Erbrecht tritt erst nach dem Tode des Erblassers ein. Stirbt ein vermeintlicher Erbe vor dem Erblasser, so hat er das noch nicht erlangte Erbrecht auch nicht auf seine Erben übertragen können.
§ 537
Hat der Erbe den Erblasser überlebt, so geht das Erbrecht auch vor Übernahme der Erbschaft, wie andere frei vererbliche Rechte, auf seine Erben über, wenn es anders durch Entsagung oder auf eine andere Art noch nicht erloschen war.
Fähigkeit zu erben
§ 538
Wer ein Vermögen zu erwerben berechtigt ist, kann in der Regel auch erben. Hat jemand dem Rechte etwas zu erwerben überhaupt entsagt oder auf eine bestimmte Erbschaft gültig Verzicht getan, so ist er dadurch des Erbrechtes überhaupt oder des Rechtes auf eine bestimmte Erbschaft verlustig geworden.
§ 539 22
Inwiefern geistliche Gemeinden oder deren Glieder erbfähig sind, bestimmen die politischen Vorschriften.
Ursachen der Unfähigkeit
§ 540
Wer den Erblasser, dessen Kinder, Eltern oder Gatten, aus bösem Vorsatze an Ehre, Leib, oder Vermögen auf solche Art verletzt, oder zu verletzen gesucht hat, dass gegen ihn von Amts wegen, oder auf Verlangen des Verletzten nach den Strafgesetzen verfahren werden kann; der ist so lange des Erbrechtes unwürdig, als sich aus den Umständen nicht entnehmen lässt, dass ihm der Erblasser vergeben habe.
§ 541
Die Nachkommen desjenigen, welcher sich des Erbrechtes unwürdig gemacht hat, sind, wenn Letzterer vor dem Erblasser verstorben ist, von dem Erbrechte nicht ausgeschlossen.
§ 542
Wer den Erblasser zur Erklärung des letzten Willens gezwungen oder betrüglicher Weise verleitet, an der Erklärung oder Abänderung des letzten Willens gehindert oder einen von ihm bereits errichteten letzten Willen unterdrückt hat, ist von dem Erbrechte ausgeschlossen, und bleibt für allen einem Dritten dadurch zugefügten Schaden verantwortlich.
§ 543
Personen, welche des Ehebruches oder der Blutschande gerichtlich geständig oder überwiesen sind, werden unter sich von dem Erbrechte aus einer Erklärung des letzten Willens ausgeschlossen.
§ 544 23
Inwiefern Landeseingeborene, die ihr Vaterland oder die Kriegsdienste ohne ordentliche Erlaubnis verlassen haben, des Erbrechtes verlustig werden, bestimmen die politischen Verordnungen.
Nach welchem Zeitpunkte die Fähigkeit zu beurteilen
§ 545
Die Erbfähigkeit kann nur nach dem Zeitpunkte des wirklichen Erbanfalles bestimmt werden. Dieser Zeitpunkt ist in der Regel der Tod des Erblassers (§ 703).
§ 546
Eine später erlangte Erbfähigkeit gibt kein Recht, andern das zu entziehen, was ihnen bereits rechtmässig angefallen ist.
Wirkung der Annahme der Erbschaft
§ 547
Der Erbe stellt, sobald er die Erbschaft angenommen hat, in Rücksicht auf dieselbe den Erblasser vor. Beide werden in Beziehung auf einen Dritten für Eine Person gehalten. Vor der Annahme des Erben wird die Verlassenschaft so betrachtet, als wenn sie noch von dem Verstorbenen besessen würde.
§ 548 24
Verbindlichkeiten, die der Erblasser aus seinem Vermögen zu leisten gehabt hätte, übernimmt sein Erbe. Die von dem Gesetze verhängten Geldstrafen, wozu der Verstorbene noch nicht verurteilt war, gehen nicht auf den Erben über.
§ 549
Zu den auf einer Erbschaft haftenden Lasten gehören auch die Kosten für das dem Gebrauche des Ortes, dem Stande und dem Vermögen des Verstorbenen angemessene Begräbnis.
§ 550
Mehrere Erben werden in Ansehung ihres gemeinschaftlichen Erbrechtes für eine Person angesehen. Sie stehen in dieser Eigenschaft vor der gerichtlichen Übergabe (Einantwortung) der Erbschaft alle für einen und einer für alle. Inwiefern sie nach der erfolgten Übergabe zu haften haben, wird in dem Hauptstücke von der Besitznehmung der Erbschaft bestimmt.
§ 551
Verzicht auf das Erbrecht
Wer über sein Erbrecht selbst gültig verfügen kann, ist auch befugt, im voraus darauf Verzicht zu tun. Eine solche Verzichtsleistung wirkt auch auf die Nachkommen.
9. Hauptstück
Von der Erklärung des letzten Willens überhaupt
und den Testamenten insbesondere
§ 552
Erklärung des letzten Willens
Die Anordnung, wodurch ein Erblasser sein Vermögen oder einen Teil desselben einer oder mehreren Personen widerruflich auf den Todesfall überlässt, heisst eine Erklärung des letzten Willens.
Erfordernisse
I. Innere Form
§ 553
Wird in einer letzten Anordnung ein Erbe eingesetzt, so heisst sie Testament; enthält sie aber nur andere Verfügungen, so heisst sie Kodizill.
Zuteilung der Erbschaft
§ 554
a) wenn nur ein Erbe
Hat der Erblasser einen einzigen Erben, ohne ihn auf einen Teil der Verlassenschaft zu beschränken, unbestimmt eingesetzt, so erhält er den ganzen Nachlass. Ist aber dem einzigen Erben nur ein in Beziehung auf das Ganze bestimmter Erbteil ausgemessen worden, so fallen die übrigen Teile den gesetzlichen Erben zu.
§ 555
b) wenn mehrere ohne Teilung
Sind ohne Vorschrift einer Teilung mehrere Erben eingesetzt worden, so teilen sie zu gleichen Teilen.
§ 556
c) wenn alle in bestimmten Teilen
Sind mehrere Erben und zwar alle in bestimmten Erbteilen, die aber das Ganze nicht erschöpfen, eingesetzt worden, so fallen die übrigen Teile den gesetzlichen Erben zu. Hat aber der Erblasser die Erben zum ganzen Nachlasse berufen, so haben die gesetzlichen Erben keinen Anspruch, obschon er in der Berechnung der Beträge oder in der Aufzählung der Erbstücke etwas übergangen hätte.
d) wenn einige mit Teilen, andere ohne Teile eingesetzt sind
§ 557
Wird unter mehreren eingesetzten Erben einigen ein bestimmter Teil (z. B. ein Drittteil, ein Sechsteil), andern aber nicht Bestimmtes ausgemessen, so erhalten diese den übrigen Nachlass zu gleichen Teilen.
§ 558
Bleibt nichts übrig, so muss von sämtlichen bestimmten Teilen für den unbestimmt eingesetzten Erben verhältnismässig so viel abgezogen werden, dass er einen gleichen Anteil mit demjenigen erhalte, der am geringsten bedacht worden ist. Sind die Teile der Erben gleich gross, so haben sie an den unbestimmt eingesetzten Erben so viel abzugeben, dass er einen gleichen Anteil mit ihnen empfange. In allen andern Fällen, wo ein Erblasser sich verrechnet hat, ist die Teilung auf eine Art vorzunehmen, wodurch der Wille des Erblassers nach den über das Ganze erklärten Verhältnissen auf das möglichste erfüllt wird.
§ 559
Welche Erben als eine Person betrachtet werden
Treffen unter den eingesetzten Erben solche Personen zusammen, wovon einige bei der gesetzlichen Erbfolge gegen die übrigen als eine Person angesehen werden müssen (z. B. die Bruderskinder gegen den Bruder des Erblassers), so werden sie auch bei der Teilung aus dem Testamente nur als eine Person betrachtet. Ein Körper, eine Gemeinde, eine Versammlung (z. B. die Armen) werden immer nur für eine Person gerechnet.
Recht des Zuwachses
§ 560
Wenn alle Erben ohne Bestimmung der Teile oder in dem allgemeinen Ausdrucke einer gleichen Teilung zur Erbschaft berufen werden und es kann oder will einer der Erben von seinem Erbrechte keinen Gebrauch machen, so wächst der erledigte Teil den übrigen eingesetzten Erben zu.
§ 561
Sind ein oder mehrere Erben mit, ein anderer oder mehrere ohne Bestimmung des Erbteiles eingesetzt, so wächst der erledigte Teil nur dem einzelnen oder den mehreren noch übrigen, unbestimmt eingesetzten Erben zu.
§ 562
Einem bestimmt eingesetzten Erben gebührt in keinem Falle das Zuwachsrecht. Wenn also kein unbestimmt eingesetzter Erbe übrig ist, so fällt ein erledigter Erbteil nicht einem noch übrigen, für einen bestimmten Teil eingesetzten, sondern dem gesetzlichen Erben zu.
§ 563
Wer den erledigten Erbteil erhält, übernimmt auch die damit verknüpften Lasten, insofern sie nicht auf persönliche Handlungen des eingesetzten Erben eingeschränkt sind.
§ 564
Der Erblasser muss den Erben selbst einsetzen; er kann dessen Ernennung nicht dem Ausspruche eines Dritten überlassen.
§ 565
Die Erklärung muss überlegt, bestimmt und frei sein
Der Wille des Erblassers muss bestimmt, nicht durch blosse Bejahung eines ihm gemachten Vorschlages; er muss im Zustande der vollen Besonnenheit, mit Überlegung und Ernst, frei von Zwang, Betrug, und wesentlichem Irrtume erklärt werden.
Ursachen der Unfähigkeit zu testieren
1. Mangel der Besonnenheit
§ 566
Wird bewiesen, dass die Erklärung im Zustande der Raserei, des Wahnsinnes, Blödsinnes oder der Trunkenheit geschehen sei, so ist sie ungültig.
§ 567
Wenn behauptet wird, dass der Erblasser, welcher den Gebrauch des Verstandes verloren hatte, zur Zeit der letzten Anordnung bei voller Besonnenheit gewesen sei, so muss die Behauptung durch Kunstverständige oder durch obrigkeitliche Personen, die den Gemütszustand des Erblassers genau erforschten oder durch andere zuverlässige Beweise ausser Zweifel gesetzt werden.
§ 568
2. Prodigalitätserklärung; inwiefern
Ein gerichtlich erklärter Verschwender kann nur über die Hälfte seines Vermögens durch letzten Willen verfügen; die andere Hälfte fällt den gesetzlichen Erben zu.
§ 569
3. unreifes Alter
Unmündige sind zu testieren unfähig. Minderjährige, die das 18. Jahr noch nicht zurückgelegt haben, können nur mündlich vor Gericht testieren. Das Gericht muss durch eine angemessene Erforschung sich zu überzeugen suchen, dass die Erklärung des letzten Willens frei und mit Überlegung geschehe. Die Erklärung muss in ein Protokoll aufgenommen, und dasjenige, was sich aus der Erforschung ergeben hat, beigerückt werden. Nach zurückgelegtem 18. Jahre kann ohne weitere Einschränkung ein letzter Wille erklärt werden.
4. wesentlicher Irrtum
§ 570
Ein wesentlicher Irrtum des Erblassers macht die Anordnung ungültig. Der Irrtum ist wesentlich, wenn der Erblasser die Person, welche er bedenken oder den Gegenstand, welchen er vermachen wollte, verfehlt hat.
§ 571
Zeigt sich, dass die bedachte Person oder die vermachte Sache nur unrichtig benannt oder beschrieben worden, so ist die Verfügung gültig.
§ 572
Auch wenn der von dem Erblasser angegebene Beweggrund falsch befunden wird, bleibt die Verfügung gültig, es wäre denn erweislich, dass der Wille des Erblassers einzig und allein auf diesem irrigen Beweggrunde beruht habe.
§ 573 25
5. Ordensgelübde
Ordenspersonen sind in der Regel nicht befugt, zu testieren: allein, wenn der Orden eine besondere Begünstigung, dass seine Glieder testieren können, erlangt hat, wenn Ordenspersonen die Auflösung von den Gelübden erhalten haben, wenn sie durch Aufhebung ihres Ordens, Stiftes oder Klosters aus ihrem Stande getreten sind oder, wenn sie in einem solchen Verhältnisse angestellt sind, dass sie vermöge der politischen Verordnungen nicht mehr als Angehörige des Ordens, Stiftes oder Klosters angesehen werden, sondern vollständiges Eigentum erwerben können, so ist es ihnen erlaubt, durch Erklärung des letzten Willens darüber zu verfügen.
§ 574 26
6. schwere Kriminalstrafe
Aufgehoben
Zeitpunkt der Gültigkeit der Anordnung
§ 575
Ein rechtsgültig erklärter letzter Wille kann durch später eintretende Hindernisse seine Gültigkeit nicht verlieren.
§ 576
Einen anfänglich ungültigen letzten Willen macht die später erfolgte Aufhebung des Hindernisses nicht gültig. Wird in diesem Falle keine neue Verfügung getroffen, so tritt das gesetzliche Erbrecht ein.
II. Äussere Form der Erklärungen des letzten Willens
§ 577
Man kann aussergerichtlich oder gerichtlich, schriftlich oder mündlich, schriftlich aber mit oder ohne Zeugen testieren.
1. der aussergerichtlichen schriftlichen
§ 578
Wer schriftlich und ohne Zeugen testieren will, der muss das Testament oder Kodizill eigenhändig schreiben und eigenhändig mit seinem Namen unterfertigen. Die Beisetzung des Tages, des Jahres und des Ortes, wo der letzte Wille errichtet wird, ist zwar nicht notwendig, aber zur Vermeidung der Streitigkeiten rätlich.
§ 579
Einen letzten Willen, welchen der Erblasser von einer andern Person niederschreiben liess, muss er eigenhändig unterfertigen. Er muss ferner vor drei fähigen Zeugen, wovon wenigstens zwei zugleich gegenwärtig sein sollen, den Aufsatz als seinen letzten Willen bestätigen. Endlich sollen auch die Zeugen sich entweder inwendig, oder von aussen, immer aber auf die Urkunde selbst, und nicht etwa auf einen Umschlag, als Zeugen des letzten Willens unterschreiben. Den Inhalt des Testamentes hat der Zeuge zu wissen nicht nötig.
§ 580
Ein Erblasser, welcher nicht schreiben kann, muss nebst Beobachtung der in dem vorigen Paragraph vorgeschriebenen Förmlichkeiten, anstatt der Unterschrift sein Handzeichen, und zwar in Gegenwart aller drei Zeugen, eigenhändig beisetzen. Zur Erleichterung eines bleibenden Beweises, wer der Erblasser sei, ist es auch vorsichtig, dass Einer der Zeugen den Namen des Erblassers als Namensunterfertiger beisetze.
§ 581
Wenn der Erblasser nicht lesen kann, so muss er den Aufsatz von einem Zeugen, in Gegenwart der andern zwei Zeugen, die den Inhalt eingesehen haben, sich vorlesen lassen, und bekräftigen, dass derselbe seinem Willen gemäss sei. Der Schreiber des letzten Willens kann in allen Fällen zugleich Zeuge sein.
§ 582
Eine Verfügung des Erblassers durch Beziehung auf einen Zettel oder auf einen Aufsatz, ist nur dann von Wirkung, wenn ein solcher Aufsatz mit allen zur Gültigkeit einer letzten Willenserklärung nötigen Erfordernissen versehen ist. Ausserdem können dergleichen von dem Erblasser angezeigte schriftliche Bemerkungen nur zur Erläuterung seines Willens angewendet werden.
§ 583
In der Regel gilt ein und derselbe Aufsatz nur für einen Erblasser. Die Ausnahme in Rücksicht der Ehegatten ist in dem Hauptstücke von den Ehepakten enthalten.
§ 584
Einem Erblasser, welcher die zu einem schriftlichen Testamente erforderlichen Förmlichkeiten nicht beobachten kann oder will, steht frei, ein mündliches Testament zu errichten.
2. der aussergerichtlichen mündlichen
§ 585
Wer mündlich testiert, muss vor drei fähigen Zeugen, welche zugleich gegenwärtig und zu bestätigen fähig sind, dass in der Person des Erblassers kein Betrug oder Irrtum unterlaufen sei, ernstlich seinen letzten Willen erklären. Es ist zwar nicht notwendig, aber vorsichtig, dass die Zeugen entweder alle gemeinschaftlich oder ein jeder für sich zur Erleichterung des Gedächtnisses, die Erklärung des Erblassers entweder selbst aufzeichnen oder, sobald als möglich, aufzeichnen lassen.
§ 586
Eine mündliche letzte Anordnung muss, um rechtskräftig zu sein, auf Verlangen eines jeden, dem daran gelegen ist, durch die übereinstimmende eidliche Aussage der drei Zeugen, oder, wofern einer aus ihnen nicht mehr vernommen werden kann, wenigstens der zwei übrigen bestätiget werden.
3. der gerichtlichen
§ 587
Der Erblasser kann auch vor einem Gerichte schriftlich oder mündlich testieren. Die schriftliche Anordnung muss von dem Erblasser wenigstens eigenhändig unterschrieben sein, und dem Gerichte persönlich übergeben werden. Das Gericht hat den Erblasser auf den Umstand, dass seine eigenhändige Unterschrift beigerückt sein müsse, aufmerksam zu machen, dann den Aufsatz gerichtlich zu versiegeln, und auf dem Umschlage anzumerken, wessen letzter Wille darin enthalten sei. Über das Geschäft ist ein Protokoll aufzunehmen, und der Aufsatz gegen Ausstellung eines Empfangscheines gerichtlich zu hinterlegen.
§ 588
Will der Erblasser seinen Willen mündlich erklären, so ist die Erklärung in ein Protokoll aufzunehmen, und dasselbe eben so, wie in dem vorhergehenden Paragraph von dem schriftlichen Aufsatze gemeldet worden ist, versiegelt zu hinterlegen.
§ 589
Das Gericht, welches die schriftliche oder mündliche Erklärung des letzten Willens aufnimmt, muss wenigstens aus zwei eidlich verpflichteten Gerichtspersonen bestehen, deren einer in dem Orte, wo die Erklärung aufgenommen wird, das Richteramt zusteht. Die Zeugenschaft der zweiten Gerichtsperson, ausser dem Richter, können auch zwei andere Zeugen vertreten.
§ 590
Im Notfalle können die erst bestimmten Personen sich in die Wohnung des Erblassers begeben, seinen letzten Willen schriftlich oder mündlich aufnehmen, und dann das Geschäft mit Beisetzung des Tages, Jahres und Ortes zu Protokoll bringen.
Unfähige Zeugen bei letzten Anordnungen
§ 591
Die Mitglieder eines geistlichen Ordens, Jünglinge unter 18 Jahren, Frauenspersonen, Sinnlose, Blinde, Taube, oder Stumme, dann diejenigen, welche die Sprache des Erblassers nicht verstehen, können bei letzten Anordnungen nicht Zeugen sein.
§ 592 27
Aufgehoben
§ 593
Gegenstandslos zufolge Art. 31 und 39 der Verfassung.
§ 594
Ein Erbe oder Legatar ist in Rücksicht des ihm zugedachten Nachlasses kein fähiger Zeuge, und eben so wenig dessen Gatte, Eltern, Kinder, Geschwister oder in eben dem Grade verschwägerte Personen und die besoldeten Hausgenossen. Die Verfügung muss, um gültig zu sein, von dem Erblasser eigenhändig geschrieben oder durch drei von den gedachten Personen verschiedene Zeugen bestätigt werden.
§ 595
Wenn der Erblasser demjenigen, welcher den letzten Willen schreibt, oder dessen Ehegatten, Kindern, Eltern, Geschwistern oder in eben dem Grade verschwägerten Personen einen Nachlass bestimmt, so muss die Anordnung auf die im vorhergehenden Paragraph erwähnte Art ausser Zweifel gesetzt sein.
§ 596
Was von der Unbefangenheit und Fähigkeit des Zeugen, die Person des Erblassers ausser Zweifel zu setzen, verordnet wird, ist auch auf die gerichtlichen Personen, die einen letzten Willen aufnehmen, anzuwenden.
§ 597
Von den begünstigten letzten Anordnungen
Bei den letzten Anordnungen, welche auf Schifffahrten und in Orten, wo die Pest oder ähnliche ansteckende Seuchen herrschen, errichtet werden, sind auch Mitglieder eines geistlichen Ordens, Frauenspersonen und Jünglinge, die das 14. Jahr zurückgelegt haben, gültige Zeugen.
§ 598
Zu diesen begünstigten letzten Anordnungen werden nur zwei Zeugen erfordert, wovon Einer das Testament schreiben kann. Bei Gefahr einer Ansteckung ist auch nicht nötig, dass beide zugleich gegenwärtig seien.
§ 599
Sechs Monate nach geendigter Schifffahrt oder Seuche verlieren die begünstigten letzten Willenserklärungen ihre Kraft.
§ 600 28
Die Militärtestamente geniessen keine Begünstigung und sind nach den allgemein gültigen Vorschriften zu beurteilen und zu behandeln.
§ 601 29
Ungültigkeit der unförmlichen letzten Anordnungen
Wenn der Erblasser eines der hier vorgeschriebenen und nicht ausdrücklich der blossen Vorsicht überlassenen Erfordernisse nicht beobachtet hat, so ist die letzte Willenserklärung ungültig.
§ 602
Erbverträge sind nur unter Ehegatten gültig
Erbverträge über die ganze Verlassenschaft oder einen in Beziehung auf das Ganze bestimmten Teil derselben, können nur unter Ehegatten gültig geschlossen werden. Die Vorschriften hierüber sind in dem Hauptstücke von den Ehepakten enthalten.
§ 603
Von Schenkungen auf den Todesfall Beziehung
Inwiefern eine Schenkung auf den Todesfall als ein Vertrag oder als ein letzter Wille zu betrachten sei, wird in dem Hauptstücke von den Schenkungen bestimmt.
10. Hauptstück
Von Nacherben und Fideikommissen
Gemeine Substitution
§ 604
Jeder Erblasser kann für den Fall, dass der eingesetzte Erbe die Erbschaft nicht erlangt, einen, und, wenn auch dieser sie nicht erlangt, einen zweiten, und im gleichen Falle einen dritten oder auch noch mehrere Nacherben berufen. Diese Anordnung heisst eine gemeine Substitution. Der in der Reihe zunächst Berufene wird Erbe.
§ 605
Hat der Erblasser aus den bestimmten Fällen, dass der ernannte Erbe nicht Erbe sein kann, oder, dass er nicht Erbe sein will, nur einen ausgedrückt, so ist der andere Fall ausgeschlossen.
Rechte aus derselben
§ 606
Die dem Erben aufgelegten Lasten werden auch auf den an seine Stelle tretenden Nacherben ausgedehnt, wofern sie nicht durch den ausdrücklichen Willen oder die Beschaffenheit der Umstände, auf die Person des Erben eingeschränkt sind.
§ 607
Sind die Miterben allein wechselseitig zu Nacherben berufen worden, so wird angenommen, dass der Erblasser die in der Einsetzung ausgemessenen Teile auch auf die Substitution ausdehnen wollte. Wird aber in der Substitution, ausser den Miterben, noch sonst jemand berufen, so fällt der erledigte Erbteil allen zu gleichen Teilen zu.
§ 608
Fideikommissarische
Der Erblasser kann seinen Erben verpflichten, dass er die angetretene Erbschaft nach seinem Tode oder in andern bestimmten Fällen einem zweiten ernannten Erben überlasse. Diese Anordnung wird eine fideikommissarische Substitution genannt. Die fideikommissarische Substitution begreift stillschweigend die gemeine in sich.
§ 609
Inwiefern die Eltern ihren Kindern substituieren dürfen
Auch die Eltern können ihren Kindern, selbst in dem Falle, dass diese zu testieren unfähig sind, nur in Rücksicht des Vermögens, das sie ihnen hinterlassen, einen Erben oder Nacherben ernennen.
§ 610
Stillschweigende fideikommissarische Substitution
Hat der Erblasser dem Erben verboten, über den Nachlass zu testieren, so ist es eine fideikommissarische Substitution, und der Erbe muss den Nachlass für seine gesetzlichen Erben aufbewahren. Das Verbot, die Sache zu veräussern, schliesst das Recht, darüber zu testieren, nicht aus.
Einschränkung der fideikommissarischen Substitution
§ 611
Die Reihe, in welcher die fideikommissarischen Erben aufeinander folgen sollen, wird, wenn sie alle Zeitgenossen des Erblassers sind, gar nicht beschränkt, sie kann sich auf den Dritten, Vierten und noch weiter ausdehnen.
§ 612
Sind es nicht Zeitgenossen, sondern solche Nacherben, die zur Zeit des errichteten Testamentes noch nicht geboren sind, so kann sich die fideikommissarische Substitution in Rücksicht auf Geldsummen und andere bewegliche Sachen bis auf den zweiten Grad erstrecken. In Ansehung unbeweglicher Güter gilt sie nur auf den ersten Grad; doch wird bei Bestimmung der Grade nur derjenige Nacherbe gezählt, welcher zum Besitze der Erbschaft gelangt ist.
§ 613
Rechte des Erben bei einer fideikommissarischen Substitution
Bis der Fall der fideikommissarischen Substitution eintritt, kommt dem eingesetzten Erben das eingeschränkte Eigentumsrecht mit den Rechten und Verbindlichkeiten eines Fruchtniessers zu.
§ 614
Auslegung der Substitution
Ist eine Substitution zweifelhaft ausgedrückt, so ist sie auf eine solche Art auszulegen, wodurch die Freiheit des Erben, über das Eigentum zu verfügen, am mindesten eingeschränkt wird.
Erlöschungsarten der gemeinen und fideikommissarischen Substitution
§ 615
Die gemeine Substitution erlischt, sobald der eingesetzte Erbe die Erbschaft angetreten hat; die fideikommissarische, wenn keiner von den berufenen Nacherben mehr übrig ist; oder, wenn der Fall, für den sie errichtet worden, aufhört.
§ 616
Insbesondere verliert die einem Sinnlosen gemachte fideikommissarische Substitution (§§ 608 bis 609) ihre Kraft, wenn bewiesen wird, dass er zur Zeit seiner letzten Anordnung bei voller Besonnenheit war oder wenn ihm das Gericht wegen erlangten Verstandgebrauches die freie Verwaltung des Vermögens eingeräumt hat; und die Substitution lebt nicht wieder auf, ob er gleich wegen Rückfalls wieder unter einen Kurator gesetzt worden ist und in der Zwischenzeit keine letzte Anordnung errichtet hat.
§ 617
Die von einem Erblasser seinem Kinde zur Zeit, da es noch keine Nachkommenschaft hatte, gemachte Substitution erlischt, wenn dasselbe erbfähige Nachkommen hinterlassen hat.
Fideikommiss
§§ 618 bis 645 30
Aufgehoben
§ 646
Unterschied eines Fideikommisses von Stiftungen
Von den Substitutionen und Fideikommissen unterscheiden sich die Stiftungen, wodurch die Einkünfte von Kapitalien, Grundstücken oder Rechten zu gemeinnützigen Anstalten, als: für geistliche Pfründen, Schulen, Kranken- oder Armenhäuser; oder, zum Unterhalte gewisser Personen auf alle folgenden Zeiten bestimmt werden. Die Vorschriften über Stiftungen sind in den politischen Verordnungen enthalten.
11. Hauptstück
Von Vermächtnissen
Von wem, wie und wem legiert
§ 647
Zur Gültigkeit eines Vermächtnisses (§ 535) ist notwendig, dass es von einem fähigen Erblasser, einer Person, die zu erben fähig ist, durch eine gültige letzte Willenserklärung hinterlassen werde.
§ 648
Der Erblasser kann auch einem oder mehreren Miterben ein Vermächtnis vorausbestimmen, in Rücksicht desselben sind sie nur als Legatare zu betrachten.
und wer mit der Entrichtung des Vermächtnisses beschwert werden könne
§ 649
Die Vermächtnisse fallen in der Regel allen Erben, selbst in dem Falle, dass die einem Miterben gehörige Sache vermacht worden ist, nach Mass ihres Erbteiles zur Last. Es hängt jedoch von dem Erblasser ab, ob er die Abführung des Legats einem Miterben oder auch einem Legatar besonders auftragen wolle.
§ 650
Ein Legatar kann sich von der vollständigen Erfüllung des ihm aufgetragenen weitern Vermächtnisses aus dem Grunde, dass es den Wert des ihm zugedachten Legats übersteige, nicht entschlagen. Nimmt er aber das Legat nicht an, so muss derjenige, dem es zufällt, den Auftrag übernehmen oder das ihm zugefallene Vermächtnis dem darauf gewiesenen Vermächtnisnehmer überlassen.
§ 651
Ein Erblasser, welcher ein Legat einer gewissen Klasse von Personen, als: Verwandten, Dienstpersonen oder Armen zugedacht hat, kann die Verteilung, welchen aus diesen Personen, und, was jeder zukommen soll, dem Erben oder einem Dritten überlassen. Hat der Erblasser hierüber nichts bestimmt, so bleibt die Wahl dem Erben vorbehalten.
§ 652
Substitutionen bei Vermächtnissen
Der Erblasser kann bei einem Vermächtnisse eine gemeine oder fideikommissarische Substitution anordnen; dabei sind die in dem vorigen Hauptstücke gegebenen Vorschriften anzuwenden.
Gegenstände eines Vermächtnisses
§ 653
Alles, was im gemeinen Verkehr steht: Sachen, Rechte, Arbeiten und andere Handlungen, die einen Wert haben, können vermacht werden.
§ 654
Werden Sachen vermacht, die zwar im gemeinen Verkehre stehen, die aber der Legatar zu besitzen für seine Person unfähig ist, so wird ihm der ordentliche Wert vergütet.
§ 655
Allgemeine Auslegungsregel bei Vermächtnissen
Worte werden auch bei Vermächtnissen in ihrer gewöhnlichen Bedeutung genommen, es müsste denn bewiesen werden, dass der Erblasser mit gewissen Ausdrücken einen ihm eigenen besondern Sinn zu verbinden gewohnt gewesen ist oder dass das Vermächtnis sonst ohne Wirkung wäre.
Besondere Vorschriften über das Vermächtnis
a) von Sachen einer gewissen Gattung
§ 656
Hat der Erblasser eine oder mehrere Sachen von gewisser Gattung, aber ohne eine nähere Bestimmung, vermacht, und sind mehrere solche Sachen in der Verlassenschaft vorhanden, so steht dem Erben die Wahl zu. Er muss aber ein Stück wählen, wovon der Legatar Gebrauch machen kann. Wird dem Legatar überlassen, eine von den mehreren Sachen zu nehmen oder zu wählen, so kann er auch die beste wählen.
§ 657
Wenn der Erblasser eine oder mehrere Sachen von gewisser Gattung ausdrücklich nur aus seinem Eigentume vermacht hat, und es finden sich dergleichen gar nicht in der Verlassenschaft, so verliert das Vermächtnis seine Wirkung. Finden sie sich nicht in der verordneten Menge, so muss sich der Legatar mit den vorhandenen begnügen.
§ 658
Vermacht der Erblasser eine oder mehrere Sachen von gewisser Gattung nicht ausdrücklich aus seinem Eigentume, und es finden sich dergleichen nicht in der Verlassenschaft, so muss der Erbe sie dem Legatar in einer, dessen Stande und Bedürfnissen angemessenen, Eigenschaft verschaffen. Das Legat einer Summe Geldes verbindet den Erben zur Zahlung derselben, ohne Rücksicht, ob bares Geld in der Verlassenschaft vorhanden sei oder nicht.
§ 659
Der Erblasser kann die Auswahl, welche Sache aus mehreren der Legatar haben soll, auch einem Dritten überlassen. Schlägt sie dieser aus oder ist er vor getroffener Auswahl gestorben, so bestimmt die Gerichtsbehörde das Legat mit Rücksicht auf den Stand und das Bedürfnis des Legatars. Diese gerichtliche Bestimmung tritt auch in dem Falle ein, dass der Legatar vor der ihm überlassenen Auswahl verstorben ist.
b) das Vermächtnis einer bestimmten Sache
§ 660
Das Vermächtnis einer bestimmten Sache kann von dem Legatar, wenn es in einer oder in verschiedenen Anordnungen wiederholt wird, nicht zugleich in Natur und dem Werte nach verlangt werden. Andere Vermächtnisse, ob sie gleich eine Sache der nämlichen Art oder den nämlichen Betrag enthalten, gebühren dem Legatar so oft, als sie wiederholt worden sind.
§ 661
Das Vermächtnis ist ohne Wirkung, wenn das vermachte Stück zur Zeit der letzten Anordnung schon ein Eigentum des Legatars war. Hat er es später an sich gebracht, so wird ihm der ordentliche Wert bezahlt. Wenn er es aber von dem Erblasser selbst und zwar unentgeltlich erhalten hat, ist das Vermächtnis für aufgehoben zu halten.
§ 662
c) einer fremden Sache
Das Vermächtnis einer fremden Sache, die weder dem Erblasser, noch dem Erben oder Legatar, welcher sie einem Dritten leisten soll, gehört, ist wirkungslos. Gebührt den erwähnten Personen ein Anteil oder Anspruch an der Sache, so ist das Vermächtnis nur von diesem Anspruche oder Anteile zu verstehen. Ist die vermachte Sache verpfändet oder belastet, so übernimmt der Empfänger auch die darauf haftenden Lasten. Wenn aber der Erblasser ausdrücklich verordnet, dass eine bestimmte fremde Sache gekauft, und dem Legatar geleistet werden solle, der Eigentümer hingegen sie um den Schätzungspreis nicht veräussern will, so ist dem Legatar dieser Wert zu entrichten.
d) einer Forderung
§ 663
Das Vermächtnis einer Forderung, die der Erblasser an den Legatar zu machen hat, verpflichtet den Erben, den Schuldschein zurückzustellen oder dem Legatar die Befreiung von der Schuld und den rückständigen Zinsen auszufertigen.
§ 664
Vermacht der Erblasser jemanden eine Forderung, die er an einen Dritten zu stellen hat, so muss der Erbe die Forderung samt den rückständigen und weiter laufenden Zinsen dem Legatar überlassen.
§ 665
Das Vermächtnis der Schuld, die der Erblasser dem Legatar zu entrichten hat, hat die Wirkung, dass der Erbe die von dem Erblasser bestimmt ausgedrückte oder von dem Legatar ausgewiesene Schuld anerkennen, und sie, ohne Rücksicht auf die in der Schuldverschreibung enthaltenen Bedingungen oder Fristen, längstens in der zur Abführung der übrigen Legate bestimmten Zeitfrist berichtigen muss. Den gefährdeten Gläubigern des Erblassers aber kann dessen Anerkennung nicht zum Nachteile gereichen.
§ 666
Die Erlassung der Schuld ist nur von den gegenwärtigen, nicht auch von den erst nach dem errichteten Vermächtnisse entstandenen Schulden zu verstehen. Wird durch ein Vermächtnis das Pfandrecht oder die Bürgschaft erlassen, so folgt daraus nicht, dass auch die Schuld erlassen worden sei. Werden die Zahlungsfristen verlängert, so müssen doch die Zinsen fort bezahlt werden.
§ 667
Wenn der Erblasser einer Person eine Summe schuldig ist, und ihr eine gleiche Summe vermacht, so wird nicht vermutet, dass er die Schuld mit dem Vermächtnisse habe tilgen wollen. Der Erbe bezahlt in diesem Falle die Summe doppelt, einmal als Schuld und dann als Vermächtnis.
§ 668
Unter dem Vermächtnisse aller ausstehenden Forderungen sind doch weder die Forderungen aus öffentlichen Kreditspapieren, noch auch die auf einem unbeweglichen Gute haftenden Kapitalien oder die aus einem dinglichen Rechte entstehenden Forderungen begriffen.
e) des Heiratsgutes
§ 669
Das Heiratsgut kann vermacht werden, entweder um den Gatten von der Zurückzahlung desselben zu befreien oder, um den Erben zu verpflichten, dass er der Gattin die als Heiratsgut eingebrachte Summe oder Sache ohne Beweis und ohne Abzug der darauf verwendeten Kosten abführe. Hier gelten die für andere vermachte Forderungen gegebenen Vorschriften.
§ 670
Vermacht der Erblasser einer dritten Person ein unbestimmtes Heiratsgut, so versteht man darunter, ohne Rücksicht auf ihr eigenes Vermögen, ein solches Heiratsgut, als der Vater dieser Person bei mittelmässigem Vermögen nach seinem Stande abzureichen schuldig wäre.
§ 671
Vermachen Eltern den Töchtern ein Heiratsgut, so wird dasselbe, wofern es nicht ausdrücklich als ein Vorausvermächtnis erklärt worden, in den gesetzlichen oder letztwilligen Erbteil eingerechnet.
f) des Unterhalts; der Erziehung; oder Kost
§ 672
Das Vermächtnis des Unterhaltes begreift Nahrung, Kleidung, Wohnung und die übrigen Bedürfnisse, und zwar auf lebenslang, wie auch den nötigen Unterricht in sich. Alles dieses wird auch unter Erziehung verstanden. Die Erziehung endigt sich mit der Volljährigkeit. Unter Kost wird Speise und Trank auf lebenslang begriffen.
§ 673
Das Mass der im vorstehenden Paragraph angeführten Vermächtnisse, wenn es weder aus dem ausdrücklichen, noch aus dem stillschweigenden, durch die bisherige Unterstützung erklärten, Willen des Erblassers erhellt, muss nach dem Stande bestimmt werden, welcher dem Legatar eigen ist, oder wozu er durch die genossene Verpflegung vorbereitet worden ist.
§ 674
g) der Mobilien; des Hausrates
Unter Mobilien (Meublen) werden nur die zum anständigen Gebrauche der Wohnung, unter Hausrat oder Einrichtung zugleich die zur Führung der Haushaltung erforderlichen Gerätschaften verstanden. Die Werkzeuge zum Betriebe des Gewerbes sind, ohne eine deutlichere Erklärung, darunter nicht begriffen.
h) eines Behältnisses
§ 675
Ist jemandem ein Behältnis vermacht worden, welches nicht für sich selbst besteht, sondern nur ein Teil eines Ganzen ist, so wird in der Regel vermutet, dass nur diejenigen Stücke zugedacht worden sind, welche sich bei dem Ableben des Erblassers darin vorfinden und zu deren Aufbewahrung das Behältnis seiner Natur nach bestimmt oder von dem Erblasser gewöhnlich verwendet worden. ist.
§ 676
Ist hingegen das Behältnis beweglich oder doch eine für sich bestehende Sache, so hat der Legatar nur auf das Behältnis, nicht auch auf die darin befindlichen Sachen Anspruch.
§ 677
Wird ein Schrank, ein Kasten oder eine Lade mit allen darin befindlichen Sachen vermacht, so rechnet man dazu auch Gold und Silber, Schmuck und bares Geld, selbst die vom Legatar dem Erblasser ausgestellten Schuldscheine. Andere Schuldscheine oder Urkunden, worauf sich Forderungen und Rechte des Erblassers gründen, werden nur dann dazu gerechnet, wenn sich ausser denselben nichts in dem Behältnisse befindet. Zu einem Vermächtnisse flüssiger Sachen gehören auch die zu ihrer Verführung bestimmten Gefässe.
§ 678
i) der Juwelen, des Schmuckes und Putzes
Unter Juwelen werden in der Regel nur Edelsteine und gute Perlen, unter Schmuck auch die unechten Steine, und das aus Gold und Silber verfertigte oder damit überzogene Geschmeide, welches zur Zierde der Person dient und unter Putz dasjenige verstanden, was ausser Schmuck, Geschmeide und Kleidungsstücken zur Verzierung der Person gebraucht wird.
§ 679
k) des Goldes oder Silbers; der Wäsche, Equipage
Das Vermächtnis des Goldes oder Silbers begreift das verarbeitete und unverarbeitete, doch nicht das gemünzte, noch auch dasjenige in sich, was nur ein Teil oder eine Verziehrung eines andern Verlassenschaftsstückes, z. B. einer Uhr oder Dose, ausmacht. Die Wäsche wird nicht zur Kleidung, und Spitzen werden nicht zur Wäsche, sondern zum Putze gerechnet. Unter Equipage werden die zur Bequemlichkeit des Erblassers bestimmten Zugpferde und Wagen samt dem dazu gehörigen Geschirre, nicht auch Reitpferde und Reitzeug verstanden.
§ 680
l) der Barschaft
Zur Barschaft gehören auch jene öffentlichen Kreditpapiere, welche im ordentlichen Umlaufe die Stelle des baren Geldes vertreten.
§ 681
m) Über die Benennung: Kinder
Unter dem Worte: Kinder, werden, wenn der Erblasser die Kinder eines andern bedenkt, nur die Söhne und Töchter, wenn er aber seine eigenen Kinder bedenkt, auch die an deren Stelle tretenden Nachkömmlinge begriffen, welche bei dem Ableben des Erblassers schon erzeugt waren.
§ 682
n) Verwandte
Ein ohne nähere Bestimmung für die Verwandten ausgesetztes Vermächtnis wird denjenigen, welche nach der gesetzlichen Erbfolge die nächsten sind, zugewendet, und die oben in dem § 559 über die Verteilung einer Erbschaft unter solchen Personen, welche für eine Person angesehen werden, aufgestellte Regel ist auch auf Vermächtnisse anzuwenden.
§ 683
o) Dienstpersonen
Hat der Erblasser seinen Dienstpersonen ein Vermächtnis hinterlassen, und sie bloss durch das Dienstverhältnis bezeichnet, so wird vermutet, dass es diejenigen erhalten sollen, welche zur Zeit seines Ablebens in dem Dienstverhältnisse stehen. Doch kann in diesem, sowie in den übrigen Fällen, die Vermutung durch entgegengesetzte stärkere Vermutungsgründe aufgehoben werden.
§ 684
Anfallstag bei den Vermächtnissen
Der Legatar erwirbt in der Regel (§ 699) gleich nach dem Tode des Erblassers für sich und seine Nachfolger ein Recht auf das Vermächtnis. Das Eigentumsrecht auf die vermachte Sache aber kann nur nach den für die Erwerbung des Eigentums in dem 5. Hauptstücke aufgestellten Vorschriften erlangt werden.
Zahlungstag
§ 685
Das Vermächtnis einzelner Verlassenschaftsstücke und darauf sich beziehender Rechte, kleine Belohnungen des Dienstgesindes, und fromme Vermächtnisse können sogleich, andere aber erst nach einem Jahre, von dem Tode des Erblassers, gefordert werden.
§ 686
Bei dem Vermächtnisse eines einzelnen Verlassenschaftsstückes kommen dem Legatar auch die seit dem Tode des Erblassers laufenden Zinsen, entstandenen Nutzungen, und jeder andere Zuwachs zustatte. Er trägt hingegen auch alle auf dem Legate haftende Lasten und selbst den Verlust, wenn es ohne Verschulden eines andern vermindert wird oder gänzlich zugrunde geht.
§ 687
Wird jemanden ein in wiederkehrenden Fristen, als: alle Jahre, Monate und dergleichen zu leistender Betrag vermacht, so erhält der Legatar ein Recht auf den ganzen Betrag dieser Frist, wenn er auch nur den Anfang der Frist erlebt hat. Doch kann der Betrag erst mit Ablauf der Frist gefordert werden. Die erste Frist fängt mit dem Sterbetage des Erblassers zu laufen an.
§ 688
Recht des Legatars zur Sicherstellung
In allen Fällen, in welchen ein Gläubiger von einem Schuldner Sicherstellung zu fordern berechtigt ist, kann auch ein Legatar die Sicherstellung seines Legates verlangen. Wie die Einverleibung eines Vermächtnisses, zur Begründung eines dinglichen Rechtes, geschehen müsse, ist oben § 437 vorgeschrieben worden.
§ 689
Wem ein erledigtes Vermächtnis zufalle?
Ein Vermächtnis, welches der Legatar nicht annehmen kann oder will, fällt auf den Nachberufenen (§ 652). Ist kein Nachberufener vorhanden, und ist das ganze Vermächtnis mehreren Personen ungeteilt oder ausdrücklich zu gleichen Teilen zugedacht, so wächst der Anteil, den einer von ihnen nicht erhält, den übrigen eben so, wie den Miterben die Erbschaft, zu. Ausser den gedachten zwei Fällen bleibt das erledigte Vermächtnis in der Erbschaftsmasse.
Recht des Erben, wenn die Lasten die Masse erschöpfen
§ 690
Wenn die ganze Erbschaft durch Vermächtnisse erschöpft ist, so hat der Erbe nichts weiter, als die Vergütung seiner zum Besten der Masse gemachten Auslagen und eine seinen Bemühungen angemessene Belohnung zu fordern. Will er den Nachlass nicht selbst verwalten, so muss er um die Aufstellung eines Kurators anlangen.
§ 691
Können nicht alle Legatare aus der Verlassenschaftsmasse befriedigt werden, so wird das Legat des Unterhalters vor allen andern entrichtet, und dem Legatar gebührt der Unterhalt von dem Tage des Erbanfalles.
oder gar übersteigen
§ 692
Reicht die Verlassenschaft zur Bezahlung der Schulden, anderer pflichtmässigen Auslagen und zur Berichtigung aller Vermächtnisse nicht zu, so leiden die Legatare einen verhältnismässigen Abzug. Daher ist der Erbe, so lange eine solche Gefahr obwaltet, die Vermächtnisse ohne Sicherstellung zu berichtigen nicht schuldig.
§ 693
Im Falle aber, dass die Legatare die Vermächtnisse bereits empfangen haben, wird der Abzug nach dem Werte, den das Vermächtnis zur Zeit des Empfanges hatte, und den daraus gezogenen Nutzungen bestimmt. Doch steht dem Legatar auch nach empfangenem Vermächtnisse noch immer frei, zur Vermeidung des Beitrages, das Vermächtnis oder den oben erwähnten Wert und die bezogenen Nutzungen in die Masse zurückzustellen; in Rücksicht der Verbesserungen und Verschlimmerungen wird er als ein redlicher Besitzer behandelt.
Von den gesetzlichen Beiträgen zu öffentlichen Anstalten
§ 694
Die Beiträge, welche ein Erblasser nach den politischen Vorschriften zur Unterstützung der Armen-, Invaliden- und Krankenhäuser und des öffentlichen Unterrichtes in dem Testamente ausgesetzt hat, sind nicht als Vermächtnisse anzusehen; sie sind eine Staatsauflage, müssen selbst von den gesetzlichen Erben entrichtet und können nicht nach den Grundsätzen des Privatrechts, sondern nur nach den politischen Verordnungen beurteilt werden.
12. Hauptstück
Von Einschränkung und Aufhebung des letzten Willens
§ 695
Recht des Erblassers zur Einschränkung oder Änderung seines letzten Willens
Der Erblasser kann seine Anordnung auf eine Bedingung, auf einen Zeitpunkt, durch einen Auftrag oder eine erklärte Absicht einschränken. Er kann auch sein Testament oder Kodizill abändern oder es ganz aufheben.
Arten der Einschränkung des letzten Willens
1. Bedingung
§ 696
Eine Bedingung heisst eine Ereignung, wovon ein Recht abhängig gemacht wird. Die Bedingung ist bejahend oder verneinend, je nachdem sie sich auf den Erfolg oder Nichterfolg der Ereignung bezieht. Sie ist aufschiebend, wenn das zugedachte Recht erst nach ihrer Erfüllung zu seiner Kraft gelangt; sie ist auflösend, wenn das zugedachte Recht bei ihrem Eintritte verloren geht.
Vorschriften
§ 697
a) über unverständliche
Ganz unverständliche Bedingungen sind für nicht beigesetzt zu achten.
§ 698
b) unmögliche oder unerlaubte
Die Anordnung, wodurch jemand unter einer aufschiebenden unmöglichen Bedingung ein Recht erteilt wird, ist ungültig, obschon die Erfüllung der Bedingung erst in der Folge unmöglich, und die Unmöglichkeit dem Erblasser bekannt geworden wäre. Eine auflösende unmögliche Bedingung wird als nicht beigesetzt angesehen. Alles dieses gilt auch von den unerlaubten Bedingungen.
§ 699
c) mögliche und erlaubte Bedingungen
Sind die Bedingungen möglich und erlaubt, so kann das davon abhängende Recht nur durch ihre genaue Erfüllung erworben werden, sie mögen vom Zufalle, von dem Willen des bedachten Erben, Legatars oder eines Dritten abhängen.
§ 700 31
d) Bedingung der Nichtverehelichung
Die Bedingung, dass der Erbe oder der Legatar sich, selbst nach erreichter Grossjährigkeit, nicht verehelichen solle, ist als nicht beigesetzt anzusehen. Nur eine verwitwete Person muss, wenn sie ein oder mehrere Kinder hat, die Bedingung erfüllen. Die Bedingung, dass der Erbe oder Legatar eine bestimmte Person nicht heirate, kann gültig auferlegt werden.
§ 701
e) wenn die Bedingung bei dem Leben des Erblassers erfüllt worden
Ist die in der letzten Willenserklärung vorgeschriebene Bedingung schon bei dem Leben des Erblassers eingetroffen, so muss die Erfüllung derselben nach dem Tode des Erblassers nur dann wiederholt werden, wenn die Bedingung in einer Handlung des Erben oder Legatars besteht, welche von ihm wiederholt werden kann.
§ 702
Ob die Bedingung auch auf die Nachberufenen auszudehnen sei
Eine dem Erben oder Legatar beigerückte Bedingung ist, ohne ausdrückliche Erklärung des Erblassers, auf den von dem Erblasser nachberufenen Erben oder Legatar nicht auszudehnen.
§ 703
Wirkung einer möglichen aufschiebenden Bedingung
Zur Erwerbung eines unter einer aufschiebenden Bedingung zugedachten Nachlasses ist notwendig, dass die bedachte Person die Erfüllung der Bedingung überlebe und bei dem Eintritte derselben erbfähig sei.
2. Zeitpunkt
§ 704
Ist es ungewiss, ob der Zeitpunkt, auf welchen der Erblasser das zugedachte Recht einschränkt, kommen oder nicht kommen werde, so wird diese Einschränkung als eine Bedingung angesehen.
§ 705
Ist der Zeitpunkt von der Art, dass er kommen muss, so wird das zugedachte Recht, wie andere unbedingte Rechte, auch auf die Erben der bedachten Person übertragen und nur die Übergabe bis zum gesetzten Termine verschoben.
§ 706
Wäre es offenbar, dass die in der letzten Anordnung ausgemessene Zeit nie kommen könne, so wird die Bestimmung dieser Zeit wie die Beisetzung einer unmöglichen Bedingung angesehen. Nur in dem Falle, dass der Erblasser wahrscheinlich bloss in der Berechnung der Zeit sich geirrt hat, wird der Zeitpunkt nach dem wahrscheinlichen Willen des Erblassers zu bestimmen sein.
Rechtsverhältnis bei einer Bedingung oder einem Zeitpunkte zwischen der bedachten und ihr nachfolgenden Person
§ 707
Solange das Recht des Erben oder des Legatars wegen einer noch nicht erfüllten Bedingung oder wegen des noch nicht gekommenen Zeitpunktes verschoben bleibt, so lange finden im ersten Falle zwischen dem gesetzlichen und eingesetzten Erben und im zweiten Falle zwischen dem Erben und Legatar, in Hinsicht auf den einstweiligen Besitz und Genuss des Nachlasses oder Legats, die nämlichen Rechte und Verbindlichkeiten, wie bei einer fideikommissarischen Substitution, statt.
§ 708
Wer eine Erbschaft oder ein Vermächtnis unter einer verneinenden oder auflösenden Bedingung oder nur auf eine gewisse Zeit erhält, hat gegen den, welchem die Erbschaft oder das Vermächtnis, beim Eintritte der Bedingung oder des bestimmten Zeitpunktes zufällt, die nämlichen Rechte und Verbindlichkeiten, welche einem Erben oder Legatar gegen den fideikommissarischen Substituten zukommen (§ 613).
3. Auftrag
§ 709
Hat der Erblasser jemandem einen Nachlass unter einem Auftrage zugewendet, so ist dieser Auftrag als eine auflösende Bedingung anzusehen, dass durch die Nichterfüllung des Auftrages der Nachlass verwirkt werden solle (§ 696).
§ 710
In dem Falle, dass der Auftrag nicht genau erfüllt werden kann, muss man demselben wenigstens nach Möglichkeit nahe zu kommen suchen. Kann auch dieses nicht geschehen, so behält doch der Belastete, wofern aus dem Willen des Erblassers nicht das Gegenteil erhellt, den zugedachten Nachlass. Wer sich zur Erfüllung des Auftrages selbst unfähig gemacht hat, wird des ihm zugedachten Nachlasses verlustig.
§ 711
Wenn der Erblasser die Absicht, wozu er den Nachlass bestimmt, zwar ausgedrückt, aber nicht zur Pflicht gemacht hat, so kann die bedachte Person nicht angehalten werden, den Nachlass zu dieser Absicht zu verwenden.
§ 712
Die Anordnung, wodurch der Erblasser seinem Erben eine unmögliche oder unerlaubte Handlung mit dem Beisatze aufträgt, dass er, wofern er den Auftrag nicht befolgte, einem Dritten ein Legat entrichten soll, ist ungültig.
Von Aufhebung der Anordnungen, und zwar:
1. durch Errichtung einer neuen Anordnung; eines Testamentes
§ 713
Ein früheres Testament wird durch ein späteres gültiges Testament nicht nur in Rücksicht der Erbseinsetzung, sondern auch in Rücksicht der übrigen Anordnungen aufgehoben, dafern der Erblasser in dem letztern nicht deutlich zu erkennen gibt, dass das frühere ganz oder zum Teil bestehen solle. Diese Vorschrift gilt auch dann, wenn in dem späteren Testamente der Erbe nur zu einem Teile der Erbschaft berufen wird. Der übrig bleibende Teil fällt nicht den in dem früheren Testamente eingesetzten, sondern den gesetzlichen Erben zu.
oder Kodizills
§ 714
Durch ein späteres Kodizill, deren mehrere nebeneinander bestehen können, werden frühere Vermächtnisse oder Kodizille nur insofern aufgehoben, als sie mit demselben im Widerspruche stehen.
§ 715
Kann man nicht entscheiden, welches Testament oder Kodizill das spätere sei, so gelten, in so fern sie nebeneinander bestehen können, beide, und es kommen die im Hauptstücke von der Gemeinschaft des Eigentums aufgestellten Vorschriften zur Anwendung.
§ 716
ungeachtet der früher erklärten Unabänderlichkeit
Der in einem Testamente oder Kodizille angehängte Beisatz; dass jede spätere Anordnung überhaupt, oder, wenn sie nicht mit einem bestimmten Merkmale bezeichnet ist, null und nichtig sein solle, verhindert zwar den Erblasser nicht, seinen letzten Willen zu verändern; allein, wenn er in der spätern Verordnung den eben angeführten allgemeinen, oder besondern Beisatz nicht ausdrücklich aufhebt; so wird nicht sein späterer, sondern sein früherer Wille für gültig angenommen.
2. durch Widerruf
§ 717
Will der Erblasser seine Anordnung aufheben, ohne eine neue zu errichten, so muss er sie ausdrücklich entweder mündlich oder schriftlich widerrufen oder die Urkunde vertilgen.
§ 718
Der Widerruf kann nur in einem solchen Zustande gültig geschehen, worin man einen letzten Willen zu erklären fähig ist. Ein gerichtlich erklärter Verschwender kann seinen letzten Willen gültig widerrufen.
a) einen ausdrücklichen
§ 719
Ein mündlicher Widerruf einer gerichtlichen oder aussergerichtlichen letzten Anordnung erfordert so viele und solche Zeugen, als zur Gültigkeit eines mündlichen Testamentes nötig sind, ein schriftlicher aber, eine von dem Erblasser eigenhändig geschriebene und unterschriebene oder wenigstens von ihm und den zu einem schriftlichen Testamente erforderlichen Zeugen unterfertigte Erklärung.
§ 720
Eine Anordnung des Erblassers, wodurch er dem Erben oder Legatar unter angedrohter Entziehung eines Vorteiles verbietet, den letzten Willen zu bestreiten, soll für den Fall, dass nur die Echtheit oder der Sinn der Erklärung angefochten wird, nie von einer Wirkung sein.
b) stillschweigenden
§ 721
Wer in seinem Testamente oder Kodizille die Unterschrift durchschneidet, sie durchstreicht oder den ganzen Inhalt auslöscht, vertilgt es. Wenn von mehreren gleichlautenden Urkunden nur eine vertilgt worden, so kann man daraus auf keinen Widerruf schliessen.
§ 722
Sind die gedachten Verletzungen der Urkunde nur zufällig geschehen; oder, ist die Urkunde in Verlust geraten; so verliert der letzte Wille seine Wirkung nicht; wenn anders der Zufall durch die in der Gerichtsordnung bestimmten Beweisarten, und der Inhalt der Urkunde auf die Art erwiesen wird, wie eine mündliche letzte Anordnung erwiesen werden muss.
§ 723
Hat ein Erblasser eine spätere Anordnung vernichtet, die frühere schriftliche Anordnung aber unversehrt gelassen, so kommt die frühere schriftliche wieder zur Kraft. Eine mündliche frühere Anordnung lebt dadurch nicht wieder auf.
oder c) vermuteten
§ 724
Ein Legat wird für widerrufen angesehen, wenn der Erblasser die vermachte Forderung eingetrieben und erhoben, wenn er die jemanden zugedachte Sache veräussert und nicht wieder zurück erhalten oder wenn er sie auf eine solche Art in eine andere verwandelt hat, dass die Sache ihre vorige Gestalt und ihren vorigen Namen verliert.
§ 725
Wenn aber der Schuldner die Forderung aus eigenem Antriebe berichtigt hat, wenn die Veräusserung des Legats auf gerichtliche Anordnung geschehen, wenn die Sache ohne Einwilligung des Erblassers verwandelt worden ist, so besteht das Legat.
§ 726
3. durch Entsagung der Erben
Will oder kann weder ein Erbe, noch ein Nacherbe die Verlassenschaft annehmen, so fällt das Erbrecht auf die gesetzlichen Erben. Diese sind aber verpflichtet, die übrigen Verfügungen des Erblassers zu befolgen. Entsagen auch sie der Erbschaft, so werden die Legatare verhältnismässig als Erben betrachtet.
13. Hauptstück
Von der gesetzlichen Erbfolge
Fälle der gesetzlichen Erbfolge
§ 727
Wenn der Verstorbene keine gültige Erklärung des letzten Willens hinterlassen, wenn er in derselben nicht über sein ganzes Vermögen verfügt, wenn er die Personen, denen er kraft des Gesetzes einen Erbteil zu hinterlassen schuldig war, nicht gehörig bedacht hat oder wenn die eingesetzten Erben die Erbschaft nicht annehmen können oder wollen, so findet die gesetzliche Erbfolge ganz oder zum Teile statt.
§ 728
In Ermangelung einer gültigen Erklärung des letzten Willens fällt die ganze Verlassenschaft des Verstorbenen den gesetzlichen Erben zu. Ist aber eine gültige Erklärung des letzten Willens vorhanden, so kommt ihnen derjenige Erbteil zu, welcher in derselben niemandem zugedacht ist.
§ 729
Vorschrift für den Fall des verkürzten Pflichtteiles
Ist eine Person, welcher der Erblasser kraft der Gesetze einen Erbteil zu hinterlassen schuldig war, durch eine letzte Willenserklärung verkürzt worden, so kann sie sich auf die Vorschrift des Gesetzes berufen, und den nach Massgabe des folgenden Hauptstückes ihr gebührenden Erbteil gerichtlich fordern.
Gesetzliche Erben
I. Die Verwandten aus einer ehelichen Abstammung
§ 730
Gesetzliche Erben sind zuvörderst diejenigen, welche mit dem Erblasser vermittelst ehelicher Abstammung durch die nächste Linie verwandt sind. Die Verwandtschaftslinien werden auf folgende Art bestimmt.
§ 731
Erbfähige Linien derselben
Zur ersten Linie gehören diejenigen, welche sich unter dem Erblasser, als ihrem Stamme, vereinigen, nämlich: seine Kinder und ihre Nachkömmlinge.
Zur zweiten Linie gehören des Erblassers Vater und Mutter, samt denjenigen, die sich mit ihm unter Vater und Mutter vereinigen, nämlich: seine Geschwister und ihre Nachkömmlinge.
Zur dritten Linie gehören die Grosseltern samt den Geschwistern der Eltern und ihren Nachkömmlingen.
Zur vierten Linie gehören des Erblassers erste Urgrosseltern, samt ihren Nachkömmlingen.
Zur fünften Linie gehören des Erblassers zweite Urgrosseltern, samt denjenigen, die von ihnen abstammen.
Zur sechsten Linie gehören des Erblassers dritte Urgrosseltern, samt denjenigen, die von ihnen entsprossen sind.
1. Linie: Die Kinder
§ 732
Wenn der Erblasser eheliche Kinder des ersten Grades hat, so fällt ihnen die ganze Erbschaft zu; sie mögen männlichen oder weiblichen Geschlechtes; sie mögen bei Lebzeiten des Erblassers oder nach seinem Tode geboren sein. Mehrere Kinder teilen die Erbschaft nach ihrer Zahl in gleiche Teile. Enkel von noch lebenden Kindern, und Urenkel von noch lebenden Enkeln haben kein Recht zur Erbfolge.
§ 733
Ist ein Kind des Erblassers vor ihm gestorben, und sind von demselben ein oder mehrere Enkel vorhanden, so fällt der Anteil, welcher dem verstorbenen Kinde gebührt hätte, diesem nachgelassenen Enkel ganz oder den mehreren Enkeln zu gleichen Teilen zu. Ist von diesen Enkeln ebenfalls einer gestorben und hat Urenkel nachgelassen, so wird auf die nämliche Art der Anteil des verstorbenen Enkels unter die Urenkel gleich geteilt. Sind von einem Erblasser noch entferntere Nachkömmlinge vorhanden, so wird die Teilung verhältnismässig nach der eben gegebenen Vorschrift vorgenommen.
§ 734
Auf diese Art wird eine Erbschaft nicht nur dann geteilt, wenn Enkel von verstorbenen Kindern mit noch lebenden Kindern oder entferntere Nachkömmlinge mit näheren Nachkömmlingen des Erblassers zusammentreffen, sondern auch dann, wenn die Erbschaft bloss zwischen Enkeln von verschiedenen Kindern oder zwischen Urenkeln von verschiedenen Enkeln zu teilen ist. Es können also die von jedem Kinde nachgelassenen Enkel, und die von jedem Enkel nachgelassenen Urenkel, ihrer seien viele oder wenige, nie mehr und nie weniger erhalten, als das verstorbene Kind oder der verstorbene Enkel erhalten hätten, wenn sie am Leben geblieben wären.
2. Linie: Die Eltern und ihre Nachkömmlinge
§ 735
Ist niemand vorhanden, der von dem Erblasser selbst abstammt, so fällt die Erbschaft auf diejenigen, die mit ihm durch die zweite Linie verwandt sind, nämlich: auf seine Eltern und ihre Nachkömmlinge. Leben noch beide Eltern, so gebührt ihnen die ganze Erbschaft zu gleichen Teilen. Ist eines dieser Eltern verstorben, so treten dessen nachgelassene Kinder oder Nachkömmlinge in sein Recht ein, und es wird die Hälfte, die dem Verstorbenen gebührt hätte, unter sie nach jenen Grundsätzen geteilt, welche in den §§ 732 bis 734 wegen Teilung der Erbschaft zwischen Kindern und entferntern Nachkömmlingen des Erblassers festgesetzt worden sind.
§ 736
Wenn beide Eltern des Erblassers verstorben sind, so wird jene Hälfte der Erbschaft, welche dem Vater zugefallen wäre, unter seine hinterlassenen Kinder und derselben Nachkömmlinge; die andere Hälfte aber, welche der Mutter gebührt hätte, unter ihre Kinder und derselben Nachkömmlinge nach den §§ 732 bis 734 geteilt. Sind von diesen Eltern keine andere als von ihnen gemeinschaftlich erzeugte Kinder oder derselben Nachkömmlinge vorhanden, so teilen sie die beiden Hälften unter sich gleich. Sind aber ausser diesen noch Kinder vorhanden, die von dem Vater oder von der Mutter oder von einem und der andern in einer andern Ehe erzeugt worden sind, so erhalten die von dem Vater und der Mutter gemeinschaftlich erzeugten Kinder oder ihre Nachkömmlinge sowohl an der väterlichen, als an der mütterlichen Hälfte ihren gebührenden, mit den einseitigen Geschwistern gleichen Anteil.
§ 737
Wenn eines der verstorbenen Eltern des Erblassers weder Kinder, noch Nachkömmlinge hinterlassen hat, so fällt die ganze Erbschaft dem andern noch lebenden Elternteile zu. Ist dieser Teil auch nicht mehr am Leben, so wird die ganze Erbschaft unter seinen Kindern und Nachkömmlingen nach den bereits angeführten Grundsätzen verteilt.
3. Linie: Die Grosseltern und ihre Nachkommenschaft
§ 738
Sind die Eltern des Erblassers ohne Nachkömmlinge verstorben, so kommt die Erbschaft auf die dritte Linie, nämlich: auf des Erblassers Grosseltern und ihre Nachkommenschaft. Die Erbschaft wird dann in zwei gleiche Teile geteilt. Eine Hälfte gehört den Eltern des Vaters und ihren Nachkömmlingen, die andere den Eltern der Mutter und ihren Nachkömmlingen.
§ 739
Jede dieser Hälften wird unter den Grosseltern der einen und der andern Seite, wenn sie beide noch leben, gleich geteilt. Ist eines der Grosseltern oder sind beide von der einen oder andern Seite gestorben, so wird die dieser Seite zugefallene Hälfte zwischen den Kindern und Nachkömmlingen dieser Grosseltern nach jenen Grundsätzen geteilt, nach welchen in der zweiten Linie die ganze Erbschaft zwischen den Kindern und Nachkömmlingen der Eltern des Erblassers geteilt werden muss (§§ 735 bis 737).
§ 740
Sind von der väterlichen oder von der mütterlichen Seite beide Grosseltern verstorben, und weder von dem Grossvater, noch von der Grossmutter dieser Seite Nachkömmlinge vorhanden, dann fällt den von der andern Seite noch lebenden Grosseltern oder nach derselben Tode, ihren hinterlassenen Kindern und Nachkömmlingen die ganze Erbschaft zu.
4. Linie: Die Urgrosseltern und ihre Nachkömmlinge
§ 741
Nach gänzlicher Erlöschung der dritten Linie kommt die gesetzliche Erbfolge auf die vierte. Zu dieser Linie gehören die Eltern des väterlichen Grossvaters und ihre Nachkömmlinge; die Eltern der väterlichen Grossmutter mit ihren Nachkömmlingen; die Eltern des mütterlichen Grossvaters mit ihrer Nachkommenschaft; und die Eltern der mütterlichen Grossmutter mit der ihrigen.
§ 742
Sind von allen diesen vier Stämmen Verwandte vorhanden; so wird die Erbschaft zwischen denselben in vier gleiche Teile geteilt, und jeder Teil wieder zwischen den zu jedem Stamme gehörigen Personen nach eben den Grundsätzen untergeteilt, nach welchen zwischen den Eltern des Erblassers und zwischen ihren Nachkömmlingen eine ganze Erbschaft gesetzmässig geteilt wird.
§ 743
Ist Einer von den zu dieser Linie gehörigen vier Stämmen bereits erloschen; so fällt dessen Anteil nicht allen übrigen drei Stämmen zu; sondern, wenn der erloschene Stamm von der väterlichen Seite ist, so fällt dem andern Stamme von der väterlichen Seite die Hälfte der Erbschaft zu; und, wenn der erloschene Stamm von der mütterlichen Seite ist; so fällt dem andern Stamme von der mütterlichen Seite ebenfalls die Hälfte der Erbschaft zu. Sind aber beide Stämme von der väterlichen und (oder) mütterlichen Seite erloschen; so fällt auf die zwei Stämme von der andern Seite, und, wenn auch von diesen schon Einer erloschen ist, auf den einzigen von dieser Seite noch übrigen Stamm die ganze Erbschaft.
§ 744
5. Linie: Die zweiten Urgrosseltern und ihre Nachkömmlinge
Wenn von der vierten Linie kein Verwandter mehr am Leben ist; so fällt die Erbschaft auf die fünfte, nämlich; auf des Erblassers zweite Urgrosseltern und ihre Nachkömmlinge. Zu dieser Linie gehört der Stamm der väterlichen Grosseltern des väterlichen Grossvaters; der Stamm der mütterlichen Grosseltern des väterlichen Grossvaters; der Stamm der väterlichen Grosseltern der väterlichen Grossmutter; der Stamm der mütterlichen Grosseltern der väterlichen Grossmutter; der Stamm der väterlichen Grosseltern des mütterlichen Grossvaters; der Stamm der mütterlichen Grosseltern des mütterlichen Grossvaters; der Stamm der väterlichen Grosseltern der mütterlichen Grossmutter; und der Stamm der mütterlichen Grosseltern der mütterlichen Grossmutter.
§ 745
Jeder von diesen acht Stämmen hat mit den übrigen gleiches Erbrecht, und, wenn von jedem Stamme Verwandte vorhanden sind; so wird die Erbschaft unter ihnen in acht gleiche Teile geteilt, und jeder Teil unter den zu diesem Stamme gehörigen Personen nach der bei den vorigen Linien vorgeschriebenen Ordnung wieder untergeteilt.
§ 746
Wenn einer dieser acht Stämme erloschen ist, so fällt dasjenige, was den väterlichen Grosseltern eines Grossvaters oder einer Grossmutter gehört hätte, dem Stamme der mütterlichen Grosseltern eben dieses Grossvaters oder dieser Grossmutter zu; und, was den mütterlichen Grosseltern eines Grossvaters oder einer Grossmutter gebühret hätte, fällt dem Stamme der väterlichen Grosseltern eben dieses Grossvaters oder eben dieser Grossmutter zu.
§ 747
Sind beide Stämme eines Grossvaters oder einer Grossmutter erloschen, so bleiben die Anteile, die zu der väterlichen Seite des Erblassers gehören, bei den noch übrigen Stämmen der väterlichen Seite; und die Anteile, die zu der mütterlichen Seite des Erblassers gehören, bleiben bei den noch übrigen Stämmen von der mütterlichen Seite. Wenn aber von allen vier Stämmen der väterlichen Seite; oder von allen vier Stämmen der mütterlichen Seite kein Verwandter mehr vorhanden ist; so erhalten die von der anderen Seite vorhandenen Stämme die ganze Erbschaft.
§ 748
Wenn endlich auch die fünfte Linie ganz erloschen ist, so fällt die gesetzliche Erbfolge auf die sechste, nämlich: auf des Erblassers dritte Urgrosseltern und ihre Nachkömmlinge. Zu dieser Linie gehören 16 Stämme, nämlich: die Stämme derjenigen Eltern, aus welchen die Stammeltern der fünften Linie entsprossen sind. Wenn von jedem dieser Stämme Verwandte am Leben sind, so wird die Erbschaft in 16 gleiche Stammteile geteilt, und jeder Stammteil zwischen den zu diesem Stamme gehörigen Verwandten nach den bereits angegebenen Grundsätzen wieder untergeteilt.
§ 749
Sind von einigen dieser Stämme keine Verwandten mehr am Leben, so fallen ihre Anteile auf diejenigen Stämme, die nach Vorschrift der §§ 743 und 746 mit den erloschenen Stämmen in der nächsten Verbindung stehen. Sind nur von einem einzigen Stamme Verwandte übrig, so gebührt ihnen die ganze Erbschaft.
§ 750
Wenn jemand mit dem Erblasser von mehr als einer Seite verwandt ist, geniesst er von jeder Seite dasjenige Erbrecht, welches ihm, als einem Verwandten von dieser Seite insbesondere betrachtet, gebührt (§ 736).
§ 751
Ausschliessung der entfernteren Verwandten
Auf diese sechs Linien der ehelichen Verwandtschaft wird das Recht der Erbfolge in Ansehung eines frei vererblichen Vermögens eingeschränkt. Entferntere Verwandte des Erblassers sind von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen.
II. Gesetzliches Erbrecht legitimierter Kinder
§ 752
Ausser der Ehe geborne und durch nachher erfolgte Vermählung ihrer Eltern legitimierte Kinder; wie auch diejenigen, welchen, ungeachtet eines bei der Verehelichung ihrer Eltern bestandenen Hindernisses, die besondere Begünstigung des § 160 zukommt, geniessen unter den in eben diesem § 160, und dem § 161, enthaltenen Beschränkungen auch in Rücksicht der gesetzlichen Erbfolge die Rechte ehelicher Kinder.
§ 753
Einem unehelichen, durch die Begünstigung des Gesetzgebers legitimierten, Kinde kommt auf die väterliche Verlassenschaft nur dann ein gesetzliches Erbrecht zu, wenn es auf Ansuchen des Vaters, um gleiche Rechte mit den ehelichen Kindern in dem frei vererblichen Vermögen zu geniessen, legitimiert worden ist.
§ 754
Die ausserehelichen Blutsverwandten werden in der mütterlichen Verwandtschaft den ehelichen im Erbrecht gleichgestellt.
In der väterlichen Verwandtschaft besteht kein Erbrecht.
§ 755
IV. Der Wahlkinder
Wahlkinder haben bei der gesetzlichen Erbfolge in das frei vererbliche Vermögen desjenigen, welcher sie an Kindes Statt angenommen hat, ein gleiches Recht, wie die ehelichen Kinder. In Rücksicht der Verwandten desselben oder des Ehegatten, ohne dessen Einwilligung die Annahme geschehen ist, steht ihnen kein Erbrecht zu. Sie behalten aber das gesetzliche Erbrecht in dem Vermögen ihrer natürlichen Eltern und Verwandten (§ 183).
§ 756
V. Erbrecht der Eltern in Rücksicht der in den §§ 752 bis 754 erwähnten Kinder
Den Eltern kommt auf den Nachlass ihrer legitimierten, oder von dem Gesetze besonders begünstigten unehelichen Kinder eben das wechselseitige Recht zu, welches den Kindern auf den Nachlass ihrer Eltern eingeräumt worden ist (§§ 752 bis 754). In dem Vermögen eines unehelich gebliebenen Kindes gebührt nur der Mutter die Erbfolge; der Vater, alle Grosseltern und andere Verwandten des Kindes sind davon ausgeschlossen. Auch die Wahleltern haben kein gesetzliches Erbrecht auf die Verlassenschaft des Wahlkindes; sie fällt nach der gesetzlichen Erbfolge dessen Verwandten zu.
VI. Gesetzliches Erbrecht des Ehegatten
§ 757
1) Der überlebende Ehegatte des Erblassers ist neben Kindern des Erblassers und deren Nachkommen zu einem Viertel des Nachlasses, neben den Eltern des Erblassers und deren Nachkommen oder neben Grosseltern zur Hälfte des Nachlasses gesetzlicher Erbe. Sind neben Grosseltern Nachkommen verstorbener Grosseltern vorhanden, so erhält überdies der Ehegatte von der anderen Hälfte der Erbschaft den Teil, der nach §§ 739 und 740 den Nachkommen der verstorbenen Grosseltern zufallen würde. In allen Fällen wird in den Erbteil des Ehegatten dasjenige eingerechnet, was ihm gemäss der Ehepakten oder eines Erbvertrages aus dem Vermögen des Erblassers zukommt.
2) Sind weder gesetzliche Erben der ersten oder zweiten Linie noch Grosseltern vorhanden, so erhält der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft.
§ 758
Ausser dem Erbteile gebühren dem überlebenden Ehegatten als Vorausvermächtnis die zum ehelichen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen, neben Kindern des Erblassers jedoch nur das für seinen eigenen Bedarf Nötige.
§ 759
Ein aus seinem Verschulden geschiedener Ehegatte hat kein gesetzliches Erbrecht und keinen Anspruch auf das gesetzliche Vorausvermächtnis.
Beides ist dem überlebenden Ehegatten auch dann versagt, wenn der Erblasser die Klage wegen Trennung oder Scheidung der Ehe aus Verschulden des andern schon angebracht hatte und der Klage stattgegeben wird.
§ 760
Erblose Verlassenschaft
Ist auch der Ehegatte nicht mehr am Leben; so wird die Verlassenschaft, als ein erbloses Gut, entweder von der Kammer, oder von denjenigen Personen eingezogen, welche vermöge der politischen Verordnungen zur Einziehung erbloser Güter ein Recht haben.
§ 761 32
Abweichungen von der allgemeinen Erbfolgeordnung
Die Abweichungen von der in diesem Hauptstücke bestimmten gesetzlichen Erbfolge in Rücksicht auf Bauerngüter und die Verlassenschaft geistlicher Personen sind in den politischen Gesetzen enthalten.
14. Hauptstück
Von dem Pflichtteile und der Anrechnung in den Pflicht- oder Erbteil
Welchen Personen als Noterben ein Pflichtteil gebühre
§ 762
Die Personen, welche der Erblasser in der letzten Anordnung mit einem Erbteile bedenken muss, sind seine Kinder; und in deren Ermangelung seine Eltern.
§ 763 33
Unter dem Namen Kinder werden nach der allgemeinen Regel (§ 42) auch Enkel und Urenkel und unter dem Namen Eltern alle Grosseltern begriffen. Es findet hier zwischen ehelicher und unehelicher Geburt kein Unterschied statt, sobald für diese Personen das Recht und die Ordnung der gesetzlichen Erbfolge eintreten würde.
§ 764
Der Erbteil, welchen diese Personen zu fordern berechtigt sind, heisst: Pflichtteil; sie selbst werden in dieser Rücksicht Noterben genannt.
In welchem Betrage
§ 765
Als Pflichtteil bestimmt das Gesetz jedem Kinde die Hälfte dessen, was ihm nach der gesetzlichen Erbfolge zugefallen wäre.
§ 766
In der aufsteigenden Linie gebührt jedem Noterben als Pflichtteil ein Drittteil dessen, was er nach der gesetzlichen Erbfolge erhalten haben würde.
§ 767
unter was für Beschränkungen
Wer auf das Erbrecht Verzicht geleistet hat; wer nach den in dem 8. Hauptstücke enthaltenen Vorschriften von dem Erbrechte ausgeschlossen wird; oder von dem Erblasser rechtmässig enterbet worden ist; hat auf einen Pflichtteil keinen Anspruch, und wird bei der Ausmessung desselben so betrachtet, als wenn er gar nicht vorhanden wäre.
§ 768
Erfordernisse einer rechtmässigen Enterbung
Ein Kind kann enterbt werden:
1. Aufgehoben durch Art. 37 der Verfassung;
2. wenn es den Erblasser im Notstande hilflos gelassen hat;
3. wenn es eines Verbrechens wegen zur lebenslangen oder zwanzigjährigen Kerkerstrafe verurteilt worden ist;
4. wenn es eine gegen die öffentliche Sittlichkeit anstössige Lebensart beharrlich führet.
§ 769
Aus den nämlichen Ursachen können auch die Eltern von dem Pflichtteile ausgeschlossen werden, und insbesondere noch dann, wenn sie das Kind in der Erziehung ganz verwahrloset haben.
§ 770
Überhaupt kann einem Noterben auch solcher Handlungen wegen, die einen Erben nach den §§ 540 bis 542 des Erbrechtes unwürdig machen, durch die letzte Willenserklärung der Pflichtteil entzogen werden.
§ 771
Die Enterbungsursache muss immer, sie mag von dem Erblasser ausgedrückt sein oder nicht, von dem Erben erwiesen werden, und in den Worten, und dem Sinne des Gesetzes gegründet sein.
§ 772
Die Enterbung wird nur durch einen ausdrücklichen in der gesetzlichen Form erklärten Widerruf aufgehoben.
§ 773
Wenn bei einem sehr verschuldeten oder verschwenderischen Noterben das wahrscheinliche Besorgnis obwaltet, dass der ihm gebührende Pflichtteil ganz oder grösstenteils seinen Kindern entgehen würde, so kann ihm der Pflichtteil von dem Erblasser, jedoch nur dergestalt entzogen werden, dass solcher den Kindern des Noterben zugewendet werde.
§ 774
Wie der Pflichtteil zu hinterlassen
Der Pflichtteil kann in Gestalt eines Erbteiles oder Vermächtnisses, auch ohne ausdrückliche Benennung des Pflichtteiles hinterlassen werden. Er muss aber dem Noterben ganz frei bleiben. Jede denselben einschränkende Bedingung oder Belastung ist ungültig. Wird dem Noterben ein grösserer Erbteil zugedacht, so kann sie nur auf den Teil, welcher den Pflichtteil übersteigt, bezogen werden.
Rechtsmittel des Noterben
§ 775
a) bei einer widerrechtlichen Enterbung oder Verkürzung in dem Pflichtteile
Ein Noterbe, welcher ohne die in den §§ 768 bis 773 vorgeschriebenen Bedingungen enterbt worden, kann den ihm gebührenden vollen Pflichtteil und, wenn er in dem reinen Betrag des Pflichtteiles verkürzt worden ist, die Ergänzung desselben fordern.
b) bei einer gänzlichen Übergehung
§ 776
Wenn aus mehreren Kindern, deren Dasein dem Erblasser bekannt war, eines ganz mit Stillschweigen übergangen wird, so kann es ebenfalls nur den Pflichtteil fordern.
§ 777
Wenn aber aus den Umständen erwiesen werden kann, dass die Übergehung eines aus mehreren Kindern nur daher rühre, weil dem Erblasser das Dasein desselben unbekannt war, so ist der Übergegangene nicht schuldig, sich mit dem Pflichtteile zu begnügen, sondern er kann den Erbteil, welcher für den am mindesten begünstigten Noterben ausfällt, wofern aber der einzige noch übrige Noterbe eingesetzt wird oder alle übrige zu gleichen Teilen berufen sind, einen gleichen Erbteil verlangen.
§ 778
Hat der Erblasser einen einzigen Noterben, und er übergeht ihn aus oben gedachtem Irrtume mit Stillschweigen oder erhält ein kinderloser Erblasser erst nach Erklärung seines letzten Willens einen Noterben, für den keine Vorsehung getroffen ist, so werden nur die zu öffentlichen Anstalten, zur Belohnung geleisteter Dienste oder zu frommen Absichten bestimmten Vermächtnisse in einem, den vierten Teil der reinen Verlassenschaft nicht übersteigenden, Betrage verhältnismässig entrichtet, alle übrigen Anordnungen des letzten Willens aber gänzlich entkräftet. Sie erlangen jedoch, wenn der Noterbe vor dem Erblasser verstorben ist, wieder ihre Kraft.
§ 779
Wenn ein Kind vor dem Erblasser stirbt und Abstämmlinge hinterlässt, so treten diese mit Stillschweigen übergangenen Abstämmlinge in Ansehung des Erbrechtes an die Stelle des Kindes
§ 780
Die Abstämmlinge eines in dem letzten Willen ausdrücklich enterbten, oder vor dem Erblasser verstorbenen Kindes sind bloss befugt, den Pflichtteil zu verlangen.
§ 781
Wird ein Noterbe der aufsteigenden Linie mit Stillschweigen übergangen; so kann er immer nur den Pflichtteil aus der Masse fordern.
§ 782
Wenn der Erbe beweisen kann, dass ein mit Stillschweigen übergangener Noterbe sich einer der in den §§ 768 bis 770 angeführten Enterbungsursachen schuldig gemacht hat; so wird die Übergehung als eine stillschweigende rechtliche Enterbung angesehen.
§ 783
Wer zur Entrichtung des Erb- oder Pflichtteiles beizutragen habe
In den Fällen, wo einem Noterben der gebührende Erb- oder Pflichtteil gar nicht, oder nicht vollständig ausgemessen worden ist, müssen sowohl die eingesetzten Erben, als auch die Legatare verhältnismässig zur vollständigen Entrichtung beitragen.
Art der Ausmessung und Berechnung des Pflichtteiles
§ 784 34
Um den Pflichtteil richtig ausmessen zu können, werden alle zur Verlassenschaft gehörige, bewegliche und unbewegliche Sachen, alle Rechte und Forderungen, welche der Erblasser auf seine Nachfolger frei zu vererben befugt war, selbst alles, was ein Erbe oder Legatar in die Masse schuldig ist, genau beschrieben und ordentlich geschätzt. Den Noterben steht frei, der Schätzung beizuwohnen, und ihre Erinnerungen dabei zu machen. Auf eine Feilbietung der Verlassenschaftsstücke zur Erhebung des wahren Wertes kann von ihnen nicht gedrungen werden.
§ 785
Schulden und andere Lasten, welche schon bei Lebzeiten des Erblassers auf dem Vermögen hafteten, werden von der Masse abgerechnet.
§ 786
Der Pflichtteil wird ohne Rücksicht auf Vermächtnisse und andere aus dem letzten Willen entspringenden Lasten berechnet. Bis zur wirklichen Zuteilung ist die Verlassenschaft, in Ansehung des Gewinnes und der Nachteile, als ein zwischen den Haupt- und Noterben verhältnismässig gemeinschaftliches Gut zu betrachten.
Anrechnung zum Pflichtteile
§ 787
1) Alles, was die Noterben durch Legate oder andere Verfügungen des Erblassers wirklich aus der Verlassenschaft erhalten, wird bei Bestimmung ihres Pflichtteiles in Rechnung gebracht.
2) Wenn bei Bestimmung des Pflichtteiles Schenkungen in Anschlag zu bringen sind, muss sich jeder Noterbe auf die dadurch bewirkte Erhöhung seines Pflichtteiles die nach § 785 zum Nachlasse hinzuzurechnenden Geschenke anrechnen lassen, die er selbst vom Erblasser erhalten hat.
§ 788
Was der Erblasser bei Lebzeiten seiner Tochter oder Enkelin zum Heiratsgute, seinem Sohne oder Enkel zur Ausstattung oder unmittelbar zum Antritte eines Amtes oder was immer für eines Gewerbes gegeben oder zur Bezahlung der Schulden eines grossjährigen Kindes verwendet hat, wird in den Pflichtteil eingerechnet.
§ 789
Bei dem Pflichtteile der Eltern findet die Anrechnung eines Vorschusses insofern statt, als er weder zur gesetzlichen Unterstützung (§ 154), noch aus blosser Freigebigkeit geleistet worden ist.
oder zum Erbteile bei der gesetzlichen Erbfolge
§ 790
Die Anrechnung bei der Erbfolge der Kinder aus einem letzten Willen geschieht nur dann, wenn sie von dem Erblasser ausdrücklich verordnet wird. Dagegen muss auch bei der gesetzlichen Erbfolge ein Kind sich dasjenige, was es von dem Erblasser bei dessen Lebenszeit zu den oben (§ 788) erwähnten Zwecken empfangen hat, anrechnen lassen. Einem Enkel wird nicht nur das, was er unmittelbar selbst, sondern auch, was seine Eltern, in deren Stelle er tritt, auf solche Art empfangen haben, in den Erbteil eingerechnet.
§ 791
Was Eltern ausser den erwähnten Fällen einem Kinde zugewendet haben, wird, wenn die Eltern nicht ausdrücklich die Erstattung sich ausbedungen haben, für eine Schenkung gehalten, und nicht angerechnet.
§ 792
Die Eltern können einem Kinde die Anrechnung auch bei der gesetzlichen Erbfolge erlassen. Wenn aber die nötige Erziehung und Versorgung der übrigen Kinder weder aus ihrem eigenen, noch aus dem Vermögen der Eltern bestritten werden könnte, so muss das Kind dasjenige, was es zu den im § 788 erwähnten Zwecken im voraus empfangen hat, sich in dem Masse anrechnen lassen, als es zur Erziehung und Versorgung für die Geschwister notwendig ist.
§ 793
Die Anrechnung des Empfangenen zum Erbteile geschieht dadurch, dass jedes Kind den nämlichen Betrag noch vor der Teilung erhält. Ist die Verlassenschaft dazu nicht hinreichend, so kann zwar das früher begünstigte Kind keinen Erbteil ansprechen, aber auch zu keiner Erstattung angehalten werden.
§ 794
Bei jeder Anrechnung wird, wenn das Empfangene nicht in barem Gelde, sondern in andern beweglichen oder unbeweglichen Sachen bestand, der Wert der letztern nach dem Zeitpunkte des Empfanges; der erstern dagegen nach dem Zeitpunkte des Erbanfalles bestimmt.
§ 795
Anspruch des Noterben auf den notwendigen
Einem Noterben, der von seinem Pflichtteile selbst gesetzmässig ausgeschlossen wird, muss doch immer der notwendige Unterhalt ausgemessen werden.
§ 796
und des Ehegatten auf den anständigen Unterhalt
Ein Ehegatte hat zwar kein Recht auf einen Pflichtteil, es gebührt ihm aber, solange er nicht zur zweiten Ehe schreitet, der mangelnde anständige Unterhalt, soweit dieser nicht durch seinen gesetzlichen Erbteil oder eine für den Fall des Überlebens bedungene oder letztwillig zugewendete Versorgung gedeckt ist. In den im § 759 bezeichneten Fällen hat er auch auf Unterhalt aus dem Nachlass keinen Anspruch.
15. Hauptstück
Von Besitznehmung der Erbschaft
Bedingungen zur rechtlichen Besitznehmung einer Erbschaft
§ 797
Niemand darf eine Erbschaft eigenmächtig in Besitz nehmen. Das Erbrecht muss vor Gericht verhandelt und von demselben die Einantwort des Nachlasses, das ist die Übergabe in den rechtlichen Besitz, bewirkt werden.
§ 798
Wie weit das Gericht nach einem Todesfalle von Amts wegen vorzugehen habe, und welche Fristen und Vorsichtsmittel bei diesem Abhandlungsgeschäfte zu beobachten seien, bestimmen die besondern, über das gerichtliche Verfahren bestehenden Vorschriften. Hier wird festgesetzt, was dem Erben oder demjenigen, der sonst einen Anspruch an die Verlassenschaft hat, zu tun obliege, um zu dem Besitze dessen, was ihm gebührt, zu gelangen.
Ausweisung des Rechtstitels; Erbserklärung
§ 799
Wer eine Erbschaft in Besitz nehmen will, muss den Rechtstitel, ob sie ihm aus einer letzten Anordnung, aus einem gültigen Erbvertrage oder aus dem Gesetze zufalle, dem Gerichte ausweisen, und sich ausdrücklich erklären, dass er die Erbschaft annehme.
§ 800
Die Antretung der Erbschaft oder die Erbserklärung muss zugleich enthalten, ob sie unbedingt oder mit Vorbehalt der Rechtswohltat des Inventariums geschehe.
§ 801
Wirkung der unbedingten
Die unbedingte Erbserklärung hat zur Folge, dass der Erbe allen Gläubigern des Erblassers für ihre Forderungen, und allen Legataren für ihre Vermächtnisse haften muss, wenngleich die Verlassenschaft nicht hinreicht.
§ 802
und der bedingten Erklärung
Wird die Erbschaft mit Vorbehalt der rechtlichen Wohltat des Inventariums angetreten, so ist sogleich vom Gerichte das Inventarium auf Kosten der Masse aufzunehmen. Ein solcher Erbe wird den Gläubigern und Legataren nur so weit verbunden, als die Verlassenschaft für ihre, und auch seine eigenen, ausser dem Erbrechte ihm zustehenden Forderungen hinreicht.
Berechtigung zur bedingten oder unbedingten Antretung oder Ausschlagung der Erbschaft
§ 803
Der Erblasser kann dem Erben den Vorbehalt dieser rechtlichen Wohltat nicht benehmen, noch die Errichtung eines Inventariums verbieten. Selbst der in einem Erbvertrage zwischen Ehegatten darauf geschehene Verzicht ist von keiner Wirkung.
§ 804
Die Errichtung des Inventariums kann auch von demjenigen verlangt werden, dem ein Pflichtteil gebührt.
§ 805
Wer seine Rechte selbst verwalten kann, dem steht frei, die Erbschaft unbedingt oder mit Vorbehalt der obigen Rechtswohltat anzutreten oder auch auszuschlagen. Vormünder und Kuratoren haben die am gehörigen Orte erteilten Vorschriften zu befolgen (§ 233).
§ 806
Der Erbe kann seine gerichtliche Erbserklärung nicht mehr widerrufen, noch auch die unbedingte abändern und sich die Rechtswohltat des Inventariums vorbehalten.
§ 807
Wenn aus mehreren Miterben einige unbedingt, andere aber oder auch nur einer aus ihnen mit Vorbehalt der erwähnten Rechtswohltat sich zu Erben erklären, so ist ein Inventarium zu errichten und die auf diesen Vorbehalt beschränkte Erbserklärung der Verlassenschaftsabhandlung zum Grunde zu legen. In diesem, sowie in allen Fällen, in welchen ein Inventarium errichtet werden muss, geniesst auch derjenige, welcher eine unbedingte Erbserklärung abgegeben hat, so lange ihm die Erbschaft noch nicht übergeben worden, die rechtliche Wohltat des Inventariums.
§ 808
Wird jemand zum Erben eingesetzt, dem auch ohne letzte Willenserklärung das Erbrecht ganz oder zum Teile gebührt hätte, so ist er nicht befugt, sich auf die gesetzliche Erbfolge zu berufen und dadurch die Erklärung des letzten Willens zu vereiteln. Er muss die Erbschaft entweder aus dem letzten Willen antreten oder ihr ganz entsagen. Personen aber, denen ein Pflichtteil gebührt, können die Erbschaft mit Vorbehalt ihres Pflichtteiles ausschlagen.
§ 809
Übertragung des Erbrechtes
Stirbt der Erbe ehe, als er die angefallene Erbschaft angetreten oder ausgeschlagen hat, so treten seine Erben, wenn der Erblasser diese nicht ausgeschlossen oder nicht andere Nacherben bestimmt hat, in das Recht, die Erbschaft anzunehmen oder auszuschlagen (§ 537).
Vorkehrungen vor Einantwortung der Erbschaft
§ 810
a) Verwaltung
Wenn der Erbe bei Antretung der Erbschaft sein Erbrecht hinreichend ausweist, ist ihm die Besorgung und Benützung der Verlassenschaft zu überlassen.
§ 811
b) Sicherstellung oder Befriedigung der Gläubiger
Für die Sicherstellung oder Befriedigung der Gläubiger des Erblassers wird vom Gerichte nicht weiter gesorgt, als sie selbst verlangen. Die Gläubiger sind aber nicht schuldig, eine Erbserklärung abzuwarten. Sie können ihre Ansprüche wider die Masse anbringen, und begehren: dass zur Vertretung derselben ein Kurator bestellt werde, gegen welchen sie ihre Forderungen ausführen können.
§ 812
c) Absonderung der Verlassenschaft von dem Vermögen des Erben
Besorgt ein Erbschaftsgläubiger, ein Legatar oder ein Noterbe, dass er durch Vermengung der Verlassenschaft mit dem Vermögen des Erben für seine Forderung Gefahr laufen könne, so kann er vor der Einantwortung verlangen, dass die Erbschaft von dem Vermögen des Erben abgesondert, vom Gerichte verwahrt oder von einem Kurator verwaltet, sein Anspruch darauf vorgemerkt und berichtigt werde. In einem solchen Falle hat ihm aber der Erbe, obschon dieser sich unbedingt als Erbe erklärt hätte, aus eigenem Vermögen nicht mehr zu haften.
d) Einberufung der Verlassenschaftsgläubiger
§ 813
Dem Erben oder dem aufgestellten Verlassenschaftskurator steht es frei, zur Erforschung des Schuldenstandes die Ausfertigung eines Ediktes, wodurch alle Gläubiger zur Anmeldung und Dartuung ihrer Forderungen auf eine den Umständen angemessene Zeit einberufen werden, nachzusuchen, und bis nach verstrichener Frist mit der Befriedigung der Gläubiger inne zu halten.
§ 814
Wirkung der Einberufung
Die Wirkung dieser gerichtlichen Einberufung ist, dass den Gläubigern, welche sich binnen der bestimmten Zeitfrist nicht gemeldet haben, an die Verlassenschaft, wenn sie durch die Bezahlung der angemeldeten Forderungen erschöpft worden ist, kein weiterer Anspruch zusteht, als insofern ihnen ein Pfandrecht gebührt.
§ 815
oder der Unterlassung derselben
Unterlässt der Erbe die ihm bewilligte Vorsicht der gerichtlichen Einberufung oder befriedigt er sogleich einige der sich anmeldenden Gläubiger, ohne auf die Rechte der übrigen Rücksicht zu nehmen, und bleiben einige Gläubiger aus Unzulänglichkeit der Verlassenschaft unbezahlt, so haftet er ihnen, ungeachtet der bedingten Erbserklärung, mit seinem ganzen Vermögen in dem Masse, als sie die Zahlung erhalten haben würden, wenn die Verlassenschaft nach der gesetzlichen Ordnung zur Befriedigung der Gläubiger verwendet worden wäre.
e) Ausweisung über die Erfüllung des letzten Willens
§ 816
entweder von dem Testamentsexekutor
Hat der Erblasser einen Vollzieher (Exekutor) seines letzten Willens ernannt, so hängt es von dessen Willkür ab, dieses Geschäft auf sich zu nehmen. Hat er es übernommen, so ist er schuldig, entweder als ein Machthaber die Anordnungen des Erblassers selbst zu vollziehen oder den saumseligen Erben zur Vollziehung derselben zu betreiben.
oder dem Erben
§ 817
Ist kein Vollzieher des letzten Willens ernannt oder unterzieht sich der ernannte dem Geschäfte nicht, so liegt dem Erben unmittelbar ob, den Willen des Erblassers so viel möglich zu erfüllen oder die Erfüllung sicher zu stellen, und sich gegen das Gericht darüber auszuweisen. In Ansehung bestimmter Legatare hat er bloss darzutun, dass er denselben von dem ihnen zugefallenen Vermächtnisse Nachricht gegeben habe (§ 688).
§ 818
Was der Erbe, ehe er zum Besitze der Erbschaft gelangen kann, an Abgaben zu entrichten, und im Falle, dass sein Erblasser gegen das Staatsärarium in Verrechnung gestanden ist, hierwegen auszuweisen habe, darüber enthalten die politischen Verordnungen die besondere Vorschrift.
§ 819
Wann die Erbschaft einzuantworten
Sobald über die eingebrachte Erbserklärung der rechtmässige Erbe vom Gerichte erkannt, und von demselben die Erfüllung der Verbindlichkeiten geleistet ist, wird ihm die Erbschaft eingeantwortet und die Abhandlung geschlossen. Übrigens hat der Erbe, um die Übertragung des Eigentumes unbeweglicher Sachen zu erwirken, die Vorschrift des § 436 zu befolgen.
Haftung der gemeinschaftlichen Erben
§ 820
Mehrere Erben, welche eine gemeinschaftliche Erbschaft ohne die rechtliche Wohltat des Inventariums angetreten haben, haften allen Erbschaftsgläubigern und Legataren, selbst nach der Einantwortung, alle für einen und einer für alle. Unter sich aber sind sie nach Verhältnis ihrer Erbteile beizutragen schuldig.
§ 821
Haben die gemeinschaftlichen Erben von der rechtlichen Wohltat des Inventariums Gebrauch gemacht, so sind sie vor der Einantwortung den Erbschaftsgläubigern und Legataren nach dem § 550 zu haften verbunden. Nach der erfolgten Einantwortung haftet jeder einzelne selbst für die, die Erbschaftsmasse nicht übersteigenden, Lasten nur nach Verhältnis seines Erbteiles.
§ 822
Sicherheitsmittel der Gläubiger des Erben
Gläubiger des Erben können zwar das ihm angefallene Erbgut, auch vor der an ihn erfolgten Einantwortung, mit Verbot, Pfändung, oder Vormerkung belegen. Eine solche Sicherstellung kann jedoch nicht anders, als mit dem ausdrücklichen Vorbehalte erteilt werden, dass sie den bei der Abhandlung der Verlassenschaft vorkommenden Ansprüchen unnachteilig, und erst von Zeit der erlangten Einantwortung wirksam sein solle.
§ 823
Erbschaftsklagen
Auch nach erhaltener Einantwortung kann der Besitznehmer von jenem, der ein besseres oder gleiches Erbrecht zu haben behauptet, auf Abtretung oder Teilung der Erbschaft belangt werden. Das Eigentum einzelner Erbschaftsstücke wird nicht mit der Erbschafts-, sondern der Eigentumsklage verfolgt.
§ 824
Wirkung derselben
Wenn der Beklagte zur Abtretung der Verlassenschaft ganz oder zum Teile verhalten wird, so sind die Ansprüche auf die Zurückstellung der von dem Besitzer bezogenen Früchte oder auf die Vergütung der von demselben in dem Nachlasse verwendeten Kosten nach jenen Grundsätzen zu beurteilen, welche in Rücksicht auf den redlichen oder unredlichen Besitzer in dem Hauptstücke vom Besitze überhaupt festgesetzt sind. Ein dritter redlicher Besitzer ist für die in der Zwischenzeit erworbenen Erbstücke niemandem verantwortlich.
16. Hauptstück
Von der Gemeinschaft des Eigentums
und anderer dinglichen Rechte
§§ 825 bis 858 35
Aufgehoben
2. Abteilung
Von den persönlichen Sachenrechten
17. Hauptstück
Von Verträgen überhaupt
§ 859
Grund der persönlichen Sachenrechte
Die persönlichen Sachenrechte, vermöge welcher eine Person einer andern zu einer Leistung verbunden ist, gründen sich entweder unmittelbar auf ein Gesetz; oder auf einen Vertrag; oder auf eine erlittene Beschädigung.
§ 860
Die Fälle, in welchen jemanden unmittelbar von dem Gesetze ein persönliches Sachenrecht erteilet wird, sind an den gehörigen Orten angegeben. Von dem Rechte des Schadenersatzes handelt das 30. Hauptstück.
§ 861
Wer sich erkläret, dass er jemanden sein Recht übertragen, das heisst, dass er ihm etwas gestatten, etwas geben, dass er für ihn etwas tun, oder seinetwegen etwas unterlassen wolle, macht ein Versprechen; nimmt aber der andere das Versprechen gültig an, so kommt durch den übereinstimmenden Willen beider Teile ein Vertrag zu Stande. So lange die Unterhandlungen dauern, und das Versprechen noch nicht gemacht, oder weder zum voraus, noch nachher angenommen ist, entsteht kein Vertrag.
§ 862
Wenn zur Annahme des Versprechens kein Zeitraum bedungen worden ist; so muss ein mündliches Versprechen ohne Verzug angenommen werden. Bei dem schriftlichen kommt es darauf an, ob beide Teile sich an demselben Orte befinden, oder nicht. Im ersten Falle muss die Annahme in 24 Stunden; im zweiten aber innerhalb jenes Zeitraumes, welcher zur zweimaligen Beantwortung nötig ist, erfolgen, und dem versprechenden Teile bekannt gemacht werden; widrigenfalls ist das Versprechen erloschen. Vor Ablauf des festgesetzten Zeitraumes kann das Versprechen nicht zurückgenommen werden.
Einteilung der Verträge
§ 863
Man kann seinen Willen nicht nur ausdrücklich durch Worte und allgemein angenommene Zeichen; sondern auch stillschweigend durch solche Handlungen erklären, welche mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen.
§ 864
Verträge sind einseitig oder zweiseitig verbindlich, je nachdem nur ein Teil etwas verspricht und der andere es annimmt; oder beide Teile einander Rechte übertragen, und wechselseitig annehmen. Die ersten werden also ohne Entgelt; die andern aber mit Entgelt geschlossen.
Erfordernisse eines gültigen Vertrages
1. Fähigkeit der Personen
§ 865 36
Aufgehoben
§ 866 37
Aufgehoben
§ 867
Was zur Gültigkeit eines Vertrages mit einer unter der besondern Vorsorge der öffentlichen Verwaltung stehenden Gemeinde (§ 27) oder ihren einzelnen Gliedern und Stellvertretern erfordert werde, ist aus der Verfassung derselben und den politischen Gesetzen zu entnehmen (§ 290).
§ 868 38
Aufgehoben
2. Wahre Einwilligung
§ 869
Die Einwilligung in einen Vertrag muss frei, ernstlich, bestimmt und verständlich erklärt werden. Ist die Erklärung unverständlich, ganz unbestimmt oder erfolgt die Annahme unter andern Bestimmungen, als unter welchen das Versprechen geschehen ist, so entsteht kein Vertrag. Wer sich, um einen andern zu bevorteilen, undeutlicher Ausdrücke bedient oder eine Scheinhandlung unternimmt, leistet Genugtuung.
§ 870
Wer von dem annehmenden Teile durch ungerechte und gegründete Furcht zu einem Vertrage gezwungen worden, ist ihn zu halten nicht verbunden. Ob die Furcht gegründet war, muss von dem Richter aus den Umständen beurteilet werden (§ 55).
§ 871
Wenn ein Teil von dem andern Teile durch falsche Angaben irregeführt worden, und der Irrtum die Hauptsache, oder eine wesentliche Beschaffenheit derselben betrifft, worauf die Absicht vorzüglich gerichtet und erkläret worden; so entsteht für den Irregeführten keine Verbindlichkeit.
§ 872
Betrifft aber der Irrtum weder die Hauptsache, noch eine wesentliche Beschaffenheit derselben, sondern einen Nebenumstand, so bleibt der Vertrag, insofern beide Teile in den Hauptgegenstand gewilligt, und den Nebenumstand nicht als vorzügliche Absicht erklärt haben, noch immer gültig; allein dem Irregeführten ist von dem Urheber des Irrtumes die angemessene Vergütung zu leisten.
§ 873
Eben diese Grundsätze sind auch auf den Irrtum in der Person desjenigen, welchem ein Versprechen gemacht worden ist, anzuwenden, insofern ohne den Irrtum der Vertrag entweder gar nicht oder doch nicht auf solche Art errichtet worden wäre.
§ 874
In jedem Falle muss derjenige, welcher einen Vertrag durch List oder ungerechte Furcht bewirkt hat, für die nachteiligen Folgen Genugtuung leisten.
§ 875
Ist der versprechende Teil von einem Dritten entweder durch ungerechte und gegründete Furcht zu einem Vertrage gezwungen; oder durch falsche Angaben irre geführet worden; so ist der Vertrag gültig. Nur in dem Falle, dass der annehmende Teil an der widerrechtlichen Handlung des Dritten Teil nahm, oder dieselbe offenbar wissen musste, ist er ebenso nach den §§ 870 bis 874 zu behandeln, als wenn er selbst den andern Teil in Furcht oder Irrtum versetzt hätte.
§ 876
Wenn der versprechende Teil selbst und allein an seinem wie immer gearteten Irrtume Schuld ist, so besteht der Vertrag; es wäre denn, dass dem annehmenden Teile der obwaltende Irrtum offenbar aus den Umständen auffallen musste.
§ 877
Wer die Aufhebung eines Vertrages aus Mangel der Einwilligung verlangt, muss dagegen auch alles zurückstellen, was er aus einem solchen Vertrage zu seinem Vorteile erhalten hat.
3. Möglichkeit der Leistung
§ 878
Über Alles, was im Verkehre steht, können Verträge geschlossen werden. Was nicht geleistet werden kann; was geradezu unmöglich oder unerlaubt ist, kann kein Gegenstand eines gültigen Vertrages werden. Wer einen Andern durch dergleichen Zusagen täuschet; wer ihn aus schuldbarer Unwissenheit verkürzt; oder aus dessen Schaden einen Nutzen zieht, bleibt dafür verantwortlich.
§ 879
Insbesondere sind, ausser den am gehörigen Orte angeführten, folgende Verträge ungültig: 1. Wenn etwas für die Unterhandlung eines Ehevertrages bedungen wird; 2. Wenn ein Wundarzt oder was immer für ein Arzt sich von dem Kranken für die Übernehmung der Kur; oder 3. Wenn ein Rechtsfreund sich für die Übernehmung eines Prozesses eine bestimmte Belohnung bedingt; oder eine ihm anvertraute Streitsache an sich löset; 4. Wenn eine Erbschaft oder ein Vermächtnis, die man von einer dritten Person hofft, noch bei Lebzeiten derselben veräussert wird.
§ 880
Wird der Gegenstand, worüber ein Vertrag geschlossen worden, vor dessen Übergabe dem Verkehre entzogen; so ist es eben so viel, als wenn man den Vertrag nicht geschlossen hätte.
§ 881 39
Aufgehoben
§ 882
Sind unmögliche und mögliche Dinge zugleich versprochen worden, so müssen die möglichen erfüllet werden; wenn anders die Vertrag schliessenden Teile nicht die ausdrückliche Bedingung gemacht haben, dass kein Punkt des Vertrages von dem andern abgesondert werden könne.
§ 883
Form der Verträge
Ein Vertrag kann mündlich oder schriftlich; vor Gerichte oder ausserhalb desselben; mit oder ohne Zeugen errichtet werden. Diese Verschiedenheit der Form macht, ausser den im Gesetze bestimmten Fällen, in Ansehung der Verbindlichkeit keinen Unterschied.
§ 884
Haben sich die Parteien ausdrücklich zu einem schriftlichen Vertrage verabredet; so wird er vor der Unterschrift der Parteien nicht für geschlossen angesehen. Die Siegelung wird auch in diesem Falle nicht wesentlich erfordert.
§ 885
Punktation
Ist zwar noch nicht die förmliche Urkunde, aber doch ein Aufsatz über die Hauptpunkte errichtet, und von den Parteien unterfertiget worden; so gründet auch schon ein solcher Aufsatz diejenigen Rechte und Verbindlichkeiten, welche darin ausgedrückt sind.
§ 886
Wer des Schreibens unkundig, oder wegen körperlicher Gebrechen zu schreiben unfähig ist, muss zwei Zeugen, deren einer dessen Namen unterfertiget, beiziehen, und sein gewöhnliches Handzeichen beirücken.
§ 887 40
Aufgehoben
Gemeinschaftliche Verbindlichkeit oder Berechtigung
§ 888
Wenn zwei oder mehrere Personen jemandem eben dasselbe Recht zu einer Sache versprechen oder es von ihm annehmen, so wird sowohl die Forderung als die Schuld nach den Grundsätzen der Gemeinschaft des Eigentumes geteilt.
§ 889
Ausser den in dem Gesetze bestimmten Fällen haftet also aus mehreren Mitschuldnern einer teilbaren Sache jeder nur für seinen Anteil, und ebenso muss von mehreren Mitgenossen einer teilbaren Sache, jeder sich mit dem ihm gebührenden Teile begnügen.
§ 890
Betrifft es hingegen unteilbare Sachen, so kann ein Gläubiger, wenn er der einzige ist, solche von einem jeden Mitschuldner fordern. Wenn aber mehrere Gläubiger und nur ein Schuldner da sind, so ist dieser die Sache einem einzelnen Mitgläubiger ohne Sicherstellung herauszugeben nicht verpflichtet; er kann auf die Übereinkunft aller Mitgläubiger dringen oder die gerichtliche Verwahrung der Sache verlangen.
Korrealität
§ 891
Versprechen mehrere Personen ein und dasselbe Ganze zur ungeteilten Hand dergestalt, dass sich einer für alle und alle für einen ausdrücklich verbinden, so haftet jede einzelne Person für das Ganze. Es hängt dann von dem Gläubiger ab, ob er von allen oder von einigen Mitschuldnern das Ganze oder nach von ihm gewählten Anteilen oder ob er es von einem einzigen fordern wolle. Selbst nach erhobener Klage bleibt ihm, wenn er von derselben absteht, diese Wahl vorbehalten; und wenn er von einem oder dem andern Mitschuldner nur zum Teile befriedigt wird, so kann er das Rückständige von den übrigen fordern.
§ 892
Hat hingegen einer mehreren Personen eben dasselbe Ganze zugesagt, und sind diese ausdrücklich berechtigt worden, es zur ungeteilten Hand fordern zu können, so muss der Schuldner das Ganze demjenigen Gläubiger entrichten, der ihn zuerst darum angeht.
§ 893
Sobald ein Mitschuldner dem Gläubiger das Ganze entrichtet hat, darf dieser von den übrigen Mitschuldnern nichts mehr fordern und sobald ein Mitgläubiger von dem Schuldner ganz befriedigt worden ist, haben die übrigen Mitgläubiger keinen Anspruch mehr.
§ 894
Ein Mitschuldner kann dadurch, dass er mit dem Gläubiger lästigere Bedingungen eingeht, den übrigen keinen Nachteil zuziehen, und die Nachsicht oder Befreiung, welche ein Mitschuldner für seine Person erhält, kommt den übrigen nicht zustatten.
§ 895
Wie weit aus mehreren Mitgläubigern, welchen eben dasselbe Ganze zur ungeteilten Hand zugesagt worden ist, derjenige, welcher die ganze Forderung für sich erhalten hat, den übrigen Gläubigern hafte, muss aus den besondern, zwischen den Mitgläubigern bestehenden, rechtlichen Verhältnissen bestimmt werden. Besteht kein solches Verhältnis, so ist einer dem andern keine Rechenschaft schuldig.
§ 896
Ein Mitschuldner zur ungeteilten Hand, welcher die ganze Schuld aus dem Seinigen abgetragen hat, ist berechtigt, auch ohne geschehene Rechtsabtretung, von den übrigen den Ersatz, und zwar, wenn kein anderes besonderes Verhältnis unter ihnen besteht, zu gleichen Teilen zu fordern. War einer aus ihnen unfähig, sich zu verpflichten, oder ist er unvermögend, seiner Verpflichtung Genüge zu leisten, so muss ein solcher ausfallender Anteil ebenfalls von allen Mitverpflichteten übernommen werden. Die erhaltene Befreiung eines Mitverpflichteten kann den übrigen bei der Forderung des Ersatzes nicht nachteilig sein (§ 894).
Nebenbestimmungen bei Verträgen
1. Bedingungen
§ 897
In Ansehung der Bedingungen bei Verträgen gelten überhaupt die nämlichen Vorschriften, welche über die den Erklärungen des letzten Willens beigesetzten Bedingungen aufgestellt worden sind.
§ 898
Verabredungen unter solchen Bedingungen, welche bei einem letzten Willen für nicht beigesetzt angesehen werden, sind ungültig.
§ 899
Ist die in einem Vertrage vorgeschriebene Bedingung schon vor dem Vertrage eingetroffen, so muss sie nach dem Vertrage nur dann wiederholt werden, wenn sie in einer Handlung dessen, der das Recht erwerben soll, besteht, und von ihm wiederholt werden kann.
§ 900
Ein unter einer aufschiebenden Bedingung zugesagtes Recht geht auch auf die Erben über.
§ 901
2. Bewegungsgrund
Haben die Parteien den Bewegungsgrund oder den Endzweck ihrer Einwilligung ausdrücklich zur Bedingung gemacht, so wird der Bewegungsgrund oder Endzweck wie eine andere Bedingung angesehen. Ausserdem haben dergleichen Äusserungen auf die Gültigkeit entgeltlicher Verträge keinen Einfluss. Bei den unentgeltlichen aber sind die bei den letzten Anordnungen gegebenen Vorschriften anzuwenden.
3. Zeit, Ort und Art der Erfüllung
§ 902
Verträge müssen zu der Zeit, an dem Orte, und auf die Art vollzogen werden, wie es die Parteien verabredet haben. Nach dem Gesetze werden 24 Stunden für einen Tag, 30 Tage für einen Monat, und 365 Tage für ein Jahr gehalten.
§ 903
Ein Recht, dessen Erwerbung an einen gewissen Tag gebunden ist, wird mit dem Anfange des Tages erworben. Zur Erfüllung einer Verbindlichkeit aber kommt dem Verpflichteten der ganze bestimmte Tag zu Statten.
§ 904
Ist keine gewisse Zeit für die Erfüllung des Vertrages bestimmt worden; so kann sie sogleich, nämlich ohne unnötigen Aufschub, gefordert werden. Hat der Verpflichtete die Erfüllungszeit seiner Willkür vorbehalten; so muss man entweder seinen Tod abwarten, und sich an die Erben halten; oder wenn es um eine bloss persönliche, nicht vererbliche, Pflicht zu tun ist, die Erfüllungszeit von dem Richter nach Billigkeit festsetzen lassen. Letzteres findet auch dann statt, wenn der Verpflichtete die Erfüllung, nach Möglichkeit, oder Tunlichkeit versprochen hat. Übrigens müssen die Vorschriften, welche oben (§§ 704 bis 706) in Rücksicht der den letzten Anordnungen beigerückten Zeitbestimmungen gegeben werden, auch hier angewendet werden.
§ 905
Wenn der Ort, wo der Vertrag erfüllet werden soll, weder aus der Verabredung, noch aus der Natur, oder dem Zwecke des Geschäftes bestimmet werden kann; so werden unbewegliche Sachen an dem Orte, wo sie liegen; bewegliche aber an dem Orte, wo das Versprechen gemacht worden ist, übergeben. In Ansehung des Masses, des Gewichtes, und der Geldsorten ist auf den Ort der Übergabe zu sehen.
§ 906
Kann das Versprechen auf mehrere Arten erfüllt werden, so hat der Verpflichtete die Wahl; er kann aber von der einmal getroffenen Wahl für sich allein nicht abgehen.
§ 907
Wird ein Vertrag ausdrücklich mit Vorbehalt der Wahl geschlossen, und dieselbe durch zufälligen Untergang eines oder mehrerer Wahlstücke vereitelt, so ist der Teil, dem die Wahl zusteht, an den Vertrag nicht gebunden. Unterläuft aber ein Verschulden des Verpflichteten, so muss er dem Berechtigten für die Vereitlung der Wahl haften.
§ 908
4. Angeld
Was bei Abschliessung eines Vertrages voraus gegeben wird, ist, ausser dem Falle einer besondern Verabredung, nur als ein Zeichen der Abschliessung oder als eine Sicherstellung für die Erfüllung des Vertrages zu betrachten, und heisst Angeld. Wird der Vertrag durch Schuld einer Partei nicht erfüllt, so kann die schuldlose Partei das von ihr empfangene Angeld behalten oder den doppelten Betrag des von ihr gegebenen Angeldes zurückfordern. Will sie sich aber damit nicht begnügen, so kann sie auf die Erfüllung oder, wenn diese nicht mehr möglich ist, auf den Ersatz dringen.
5. Reugeld
§ 909
Wird bei Schliessung eines Vertrages ein Betrag bestimmt, welchen ein oder der andere Teil in dem Falle, dass er von dem Vertrage vor der Erfüllung zurücktreten will, entrichten muss, so wird der Vertrag gegen Reugeld geschlossen. In diesem Falle muss entweder der Vertrag erfüllt oder das Reugeld bezahlt werden. Wer den Vertrag auch nur zum Teile erfüllt oder das, was von dem andern auch nur zum Teile zur Erfüllung geleistet worden ist, angenommen hat, kann selbst gegen Entrichtung des Reugeldes nicht mehr zurücktreten.
§ 910
Wenn ein Angeld gegeben, und zugleich das Befugnis des Rücktrittes ohne Bestimmung eines besonderen Reugeldes bedungen wird, so vertritt das Angeld die Stelle des Reugeldes. Im Falle des Rücktrittes verliert also der Geber das Angeld oder der Empfänger stellt das Doppelte zurück.
§ 911
Wer nicht durch blossen Zufall, sondern durch sein Verschulden an der Erfüllung des Vertrages verhindert wird, muss ebenfalls das Reugeld entrichten.
6. Nebengebühren
§ 912
Der Gläubiger ist von seinem Schuldner ausser der Hauptschuld zuweilen auch Nebengebühren zu fordern berechtigt. Sie bestehen in dem Zuwachse, und in den Früchten der Hauptsache, in den bestimmten oder in den Zögerungs-Zinsen oder in dem Ersatze des verursachten Schadens oder dessen, was dem andern daran liegt, dass die Verbindlichkeit nicht gehörig erfüllt worden, endlich in dem Betrage, welchen ein Teil sich auf diesen Fall bedungen hat.
§ 913
Inwieweit mit einem dinglichen Rechte das Recht auf den Zuwachs oder auf die Früchte verbunden sei, ist in dem 1. und 4. Hauptstücke des 2. Teiles bestimmt worden. Wegen eines bloss persönlichen Rechtes hat der Berechtigte noch keinen Anspruch auf Nebengebühren. Inwieweit dem Gläubiger ein Recht auf diese zukomme, ist teils aus den besondern Arten und Bestimmungen der Verträge, teils aus dem Hauptstücke von dem Rechte des Schadenersatzes und der Genugtuung zu entnehmen.
Auslegungsregeln bei Verträgen
§ 914
Die im 1. Teile (§ 6) in Hinsicht auf die Auslegung der Gesetze angeführten allgemeinen Regeln gelten auch für Verträge. Insbesondere soll ein zweifelhafter Vertrag so erklärt werden, dass er keinen Widerspruch enthalte, und von Wirkung sei.
§ 915
Bei einseitig verbindlichen Verträgen wird im Zweifel angenommen, dass sich der Verpflichtete eher die geringere als die schwerere Last auflegen wollte; bei zweiseitig verbindlichen Verträgen wird eine undeutliche Äusserung zum Nachteile desjenigen erklärt, der sich derselben bedient hat (§ 869).
§ 916
Wird ein Geschäft von gewisser Art nur zum Scheine verabredet; so ist es nach denjenigen gesetzlichen Vorschriften zu beruteilen, nach denen es vermöge seiner wahren Beschaffenheit beurteilet werden muss.
Von Erlöschung der Verträge
§ 917
Wie die aus den Verträgen entstehenden Verbindlichkeiten aufhören, wird bei jedem Vertrage besonders, und in dem Hauptstücke von Aufhebung der Verbindlichkeiten überhaupt bestimmet werden.
§ 918 41
1) Wenn ein entgeltlicher Vertrag von einem Teil entweder nicht zur gehörigen Zeit, am gehörigen Ort oder auf die bedungene Weise erfüllt wird, kann der andere entweder Erfüllung und Schadenersatz wegen der Verspätung begehren oder unter Festsetzung einer angemessenen Frist zur Nachholung den Rücktritt vom Vertrag erklären.
2) Ist die Erfüllung für beide Seiten teilbar, so kann wegen Verzögerung einer Teilleistung der Rücktritt nur hinsichtlich der einzelnen oder auch aller noch ausstehenden Teilleistungen erklärt werden.
§ 919 42
Ist die Erfüllung zu einer festbestimmten Zeit oder binnen einer festbestimmten Frist bei sonstigem Rücktritt bedungen, so muss der Rücktrittsberechtigte, wenn er auf der Erfüllung bestehen will, das nach Ablauf der Zeit dem andern ohne Verzug anzeigen; unterlässt er dies, so kann er später nicht mehr auf der Erfüllung bestehen. Dasselbe gilt, wenn die Natur des Geschäftes oder der dem Verpflichteten bekannte Zweck der Leistung entnehmen lässt, dass die verspätete Leistung, oder, im Falle der Verspätung einer Teilleistung, die noch übrigen Leistungen für den Empfänger kein Interesse haben.
§ 920 43
Wird die Erfüllung durch Verschulden des Verpflichteten oder einen von ihm zu vertretenden Zufall vereitelt, so kann der andere Teil entweder Schadenersatz wegen Nichterfüllung fordern oder vom Vertrage zurücktreten. Bei teilweiser Vereitlung steht ihm der Rücktritt zu, falls die Natur des Geschäftes oder der dem Verpflichteten bekannte Zweck der Leistung entnehmen lässt, dass die teilweise Erfüllung für ihn kein Interesse hat.
§ 921 44
Der Rücktritt vom Vertrage lässt den Anspruch auf Ersatz des durch verschuldete Nichterfüllung verursachten Schadens unberührt. Das bereits empfangene Entgelt ist auf solche Art zurückzustellen oder zu vergüten, dass kein Teil aus dem Schaden des anderen Gewinn zieht.
§ 922
Gewährleistung
Wenn jemand eine Sache auf eine entgeltliche Art einem andern überlässt, so leistet er Gewähr, dass sie die ausdrücklich bedungenen oder gewöhnlich dabei vorausgesetzten Eigenschaften habe und dass sie, der Natur des Geschäftes oder der getroffenen Verabredung gemäss, benützt und verwendet werden könne.
Fälle der Gewährleistung
§ 923
Wer also der Sache Eigenschaften beilegt, die sie nicht hat, und die ausdrücklich oder vermöge der Natur des Geschäftes stillschweigend bedungen worden sind, wer ungewöhnliche Mängel oder Lasten derselben verschweigt, wer eine nicht mehr vorhandene oder eine fremde Sache als die seinige veräussert, wer fälschlich vorgibt, dass die Sache zu einem bestimmten Gebrauche tauglich oder dass sie auch von den gewöhnlichen Mängeln und Lasten frei sei, der hat, wenn das Widerspiel hervorkommt, dafür zu haften.
§§ 924 bis 927 45
Aufgehoben
§ 928
Fallen die Mängel einer Sache in die Augen oder sind die auf der Sache haftenden Lasten aus den öffentlichen Büchern zu ersehen, so findet ausser dem Falle arglistigen Verschweigens des Mangels oder einer ausdrücklichen Zusage, dass die Sache von allen Fehlern und Lasten frei sei, keine Gewährleistung statt (§ 443). Schulden und Rückstände, welche auf der Sache haften, müssen stets vertreten werden.
§ 929
Wer eine fremde Sache wissentlich an sich bringt, hat ebensowenig Anspruch auf eine Gewährleistung, als derjenige, welcher ausdrücklich darauf Verzicht getan hat.
§ 930
Werden Sachen in Pausch und Bogen, nämlich so, wie sie stehen und liegen, ohne Zahl, Mass und Gewicht übergeben, so ist der Übergeber, ausser dem Falle, dass eine von ihm fälschlich vorgegebene oder von dem Empfänger bedungene Beschaffenheit mangelt, für die daran entdeckten Fehler nicht verantwortlich.
§ 931
Bedingung der Gewährleistung
Wenn der Besitzer wegen eines von einem Dritten auf die Sache gemachten Anspruches von der Gewährleistung Gebrauch machen will; so muss er seinen Vormann davon benachrichtigen, und nach Vorschrift der Gerichtsordnung die Vertretung begehren. Durch die Unterlassung dieses Ansuchens verliert er zwar noch nicht das Recht der Schadloshaltung; aber sein Vormann kann ihm alle wider den Dritten unausgeführt gebliebene Einwendungen entgegensetzen, und sich dadurch von der Entschädigung in dem Masse befreien, als erkannt wird, dass diese Einwendungen, wenn von ihnen der gehörige Gebrauch gemacht worden wäre, eine andere Entscheidung gegen den Dritten veranlasst haben würden.
§ 932
Wirkung
Ist der die Gewährleistung begründende Mangel von der Art, dass er nicht mehr behoben werden kann, und dass er den ordentlichen Gebrauch der Sache verhindert, so kann der Verkürzte die gänzliche Aufhebung des Vertrages, wenn hingegen sich das Fehlende, z. B. an Mass oder Gewicht, nachtragen lässt, nur diesen Nachtrag; in beiden Fällen aber auch den Ersatz des weitern Schadens, und, dafern der andere Teil unredlich gehandelt hat, auch den entgangenen Nutzen fordern.
§ 933
Erlöschung des Rechtes der Gewährleistung
Wer die Gewährleistung fordern will, muss sein Recht, wenn es unbewegliche Sachen betrifft, binnen drei Jahren; betrifft es aber bewegliche, binnen sechs Monaten geltend machen, sonst ist das Recht erloschen.
Schadloshaltung wegen Verkürzung über die Hälfte
§ 934
Hat bei zweiseitig verbindlichen Geschäften ein Teil nicht einmal die Hälfte dessen, was er dem andern gegeben hat, von diesem an dem gemeinen Werte erhalten, so räumt das Gesetz dem verletzten Teile das Recht ein, die Aufhebung und die Herstellung in den vorigen Stand zu fordern. Dem andern Teile steht aber bevor, das Geschäft dadurch aufrecht zu erhalten, dass er den Abgang bis zum gemeinen Werte zu ersetzen bereit ist. Das Missverhältnis des Wertes wird nach dem Zeitpunkte des geschlossenen Geschäftes bestimmt.
§ 935
Dieses Rechtsmittel findet nicht statt, wenn jemand ausdrücklich darauf Verzicht getan oder sich erklärt hat, die Sache aus besonderer Vorliebe um einen ausserordentlichen Wert zu übernehmen, wenn er, obgleich ihm der wahre Wert bekannt war, sich dennoch zu dem unverhältnismässigen Werte verstanden hat, ferner, wenn aus dem Verhältnisse der Personen zu vermuten ist, dass sie einen, aus einem entgeltlichen und unentgeltlichen vermischten, Vertrag schliessen wollten, wenn sich der eigentliche Wert nicht mehr erheben lässt, endlich, wenn die Sache von dem Gerichte versteigert worden ist.
§ 936
Von der Verabredung eines künftigen Vertrages
Die Verabredung, künftig erst einen Vertrag schliessen zu wollen, ist nur dann verbindlich, wenn sowohl die Zeit der Abschliessung, als die wesentlichen Stücke des Vertrages bestimmt, und die Umstände inzwischen nicht dergestalt verändert worden sind, dass dadurch der ausdrücklich bestimmte oder aus den Umständen hervorleuchtende Zweck vereitelt oder das Zutrauen des einen oder andern Teiles verloren wird. Überhaupt muss auf die Vollziehung solcher Zusagen längstens in einem Jahre nach dem bedungenen Zeitpunkte gedrungen werden; widrigenfalls ist das Recht erloschen.
§ 937
Von dem Verzicht auf Einwendungen
Allgemeine, unbestimmte Verzichtleistungen auf Einwendungen gegen die Gültigkeit eines Vertrages sind ohne Wirkung.
18. Hauptstück
Von Schenkungen
§ 938
Schenkung
Ein Vertrag, wodurch eine Sache jemandem unentgeltlich überlassen wird, heisst eine Schenkung.
§ 939
Inwiefern eine Verzichtleistung eine Schenkung sei
Wer auf ein gehofftes oder wirklich angefallenes oder zweifelhaftes Recht Verzicht tut, ohne es einem andern ordentlich abzutreten, oder dasselbe dem Verpflichteten mit dessen Einwilligung zu erlassen, ist für keinen Geschenkgeber anzusehen.
Belohnende Schenkung
§ 940
Es verändert die Wesenheit der Schenkung nicht, wenn sie aus Erkenntlichkeit oder in Rücksicht auf die Verdienste des Beschenkten oder als eine besondere Belohnung desselben gemacht worden ist; nur darf er vorher kein Klagerecht darauf gehabt haben.
§ 941
Hat der Beschenkte ein Klagerecht auf die Belohnung gehabt, entweder, weil sie unter den Parteien schon bedungen oder durch das Gesetz vorgeschrieben war, so hört das Geschäft auf, eine Schenkung zu sein, und ist als ein entgeltlicher Vertrag anzusehen.
§ 942
Wechselseitige Schenkungen
Sind Schenkungen vorher dergestalt bedungen, dass der Schenkende wieder beschenkt werden muss, so entsteht keine wahre Schenkung im Ganzen, sondern nur in Ansehung des übersteigenden Wertes.
§ 943
Form des Schenkungsvertrages
Aus einem bloss mündlichen, ohne wirkliche Übergabe geschlossenen Schenkungsvertrage erwächst dem Geschenknehmer kein Klagerecht. Dieses Recht muss durch eine schriftliche Urkunde begründet werden.
§ 944
und Mass einer Schenkung
Ein unbeschränkter Eigentümer kann mit Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften auch sein ganzes gegenwärtiges Vermögen verschenken. Ein Vertrag aber, wodurch das künftige Vermögen verschenkt wird, besteht nur insoweit, als er die Hälfte dieses Vermögens nicht übersteigt.
§ 945
Inwiefern der Geber für das Geschenkte hafte
Wer wissentlich eine fremde Sache verschenkt, und dem Geschenknehmer diesen Umstand verschweigt, haftet für die nachteiligen Folgen.
§ 946
Unwiderruflichkeit der Schenkungen
Schenkungsverträge dürfen in der Regel nicht widerrufen werden.
Ausnahmen
§ 947
1. Wegen Dürftigkeit
Gerät der Geschenkgeber in der Folge in solche Dürftigkeit, dass es ihm an dem nötigen Unterhalt gebricht, so ist er befugt, jährlich von dem geschenkten Betrage die gesetzlichen Zinsen, insoweit die geschenkte Sache oder derselben Wert noch vorhanden ist, und ihm der nötige Unterhalt mangelt, von dem Beschenkten zu fordern, wenn sich anders dieser nicht selbst in gleich dürftigen Umständen befindet. Aus mehreren Geschenknehmern ist der frühere nur insoweit verbunden, als die Beiträge der späteren zum Unterhalte nicht zureichen.
2. Undankes
§ 948
Wenn der Beschenkte sich gegen seinen Wohltäter eines groben Undankes schuldig macht, kann die Schenkung widerrufen werden. Unter grobem Undanke wird eine Verletzung am Leibe, an Ehre, an Freiheit oder am Vermögen verstanden, welche von der Art ist, dass gegen den Verletzer von Amts wegen oder auf Verlangen des Verletzten nach dem Strafgesetze verfahren werden kann.
§ 949
Der Undank macht den Undankbaren für seine Person zum unredlichen Besitzer und gibt selbst dem Erben des Verletzten, insofern der letztere den Undank nicht verziehen hat, und noch etwas von dem Geschenke in Natur oder Werte vorhanden ist, ein Recht zur Widerrufungsklage auch gegen den Erben des Verletzers.
§ 950
3. Verkürzung des schuldigen Unterhalts
Wer jemandem den Unterhalt zu reichen schuldig ist, kann dessen Recht durch Beschenkung eines Dritten nicht verletzen. Der auf solche Art Verkürzte ist befugt, den Beschenkten um die Ergänzung desjenigen zu belangen, was ihm der Schenkende nun nicht mehr zu leisten vermag. Bei mehreren Geschenknehmern ist die obige (§ 947) Vorschrift anzuwenden.
4. des Pflichtteils
4. des Pflichtteils
§ 951
Wer zur Zeit der Schenkung Abstämmlinge hat, denen er einen Pflichtteil zu hinterlassen schuldig ist, kann zu ihrem Nachteile keine Schenkung machen, welche die Hälfte seines Vermögens übersteigt. Hat er dieses Mass überschritten, und können diese Abstämmlinge nach seinem Tode beweisen, dass sein reiner Nachlass den Betrag der Hälfte seines zur Zeit der Schenkung gehabten Vermögens nicht erreiche; so können sie von dem Beschenkten das gesetzwidrig empfangene Übermass verhältnismässig zurückfordern.
§ 952
Besitzt der Beschenkte die geschenkte Sache oder ihren Wert nicht mehr, so haftet er nur insofern, als er sie unredlicher Weise aus dem Besitze gelassen hat.
§ 953
5. der Gläubiger
Unter eben dieser (§ 952) Beschränkung können auch diejenigen Geschenke zurückgefordert werden, wodurch die zur Zeit der Schenkung schon vorhandenen Gläubiger verkürzt worden sind. Auf Gläubiger, deren Forderungen jünger sind, als die Schenkung, erstreckt sich dieses Recht nur dann, wenn der Beschenkte eines hinterlistigen Einverständnisses überwiesen werden kann.
§ 954
6. wegen nachgeborener Kinder
Dadurch, dass einem kinderlosen Geschenkgeber nach geschlossenem Schenkungsvertrage Kinder geboren werden, erwächst weder ihm, noch den nachgeborenen Kindern das Recht, die Schenkung zu widerrufen. Doch kann er oder das nachgeborene Kind, im Notfalle sowohl gegen den Beschenkten, als gegen dessen Erben das oben angeführte Recht auf die gesetzlichen Zinsen des geschenkten Betrages geltend machen (§ 947).
§ 955
Welche Schenkungen auf die Erben nicht übergehen
Hat der Geschenkgeber dem Beschenkten eine Unterstützung in gewissen Fristen zugesichert, so erwächst für die Erben derselben weder ein Recht, noch eine Verbindlichkeit, es müsste denn in dem Schenkungsvertrage ausdrücklich anders bedungen worden sein.
§ 956
Schenkung auf den Todesfall
Eine Schenkung, deren Erfüllung erst nach dem Tode des Schenkenden erfolgen soll, ist mit Beobachtung der vorgeschriebenen Förmlichkeiten als ein Vermächtnis gültig. Nur dann ist sie als ein Vertrag anzusehen, wenn der Beschenkte sie angenommen, der Schenkende sich des Befugnisses, sie zu widerrufen, ausdrücklich begeben hat, und eine schriftliche Urkunde darüber dem Beschenkten eingehändigt worden ist.
19. Hauptstück
Von dem Verwahrungsvertrage
Verwahrungsvertrag
§ 957
Wenn jemand eine fremde Sache in seine Obsorge übernimmt, so entsteht ein Verwahrungsvertrag. Das angenommene Versprechen, eine fremde, noch nicht übergebene Sache in die Obsorge zu übernehmen, macht zwar den versprechenden Teil verbindlich; es ist aber noch kein Verwahrungsvertrag.
§ 958
Durch den Verwahrungsvertrag erwirbt der Übernehmer weder Eigentum, noch Besitz, noch Gebrauchsrecht; er ist blosser Inhaber mit der Pflicht, die ihm anvertraute Sache vor Schaden zu sichern.
§ 959
Wann er in einen Darlehens- oder Leihvertrag
Wird dem Verwahrer auf sein Verlangen oder durch freiwilliges Anerbieten des Hinterlegers der Gebrauch gestattet, so hört im ersten Falle der Vertrag gleich nach der Verwilligung, im zweiten aber von dem Augenblicke, da das Anerbieten angenommen oder von der hinterlegten Sache wirklich Gebrauch gemacht worden ist, auf, ein Verwahrungsvertrag zu sein; er wird bei verbrauchbaren Sachen in einen Darlehens-, bei unverbrauchbaren in einen Leihvertrag umgeändert, und es treten die damit verbundenen Rechte und Pflichten ein.
§ 960
oder in eine Bevollmächtigung übergehe
Es können bewegliche und unbewegliche Sachen in Obsorge gegeben werden. Wird aber dem Übernehmer zugleich ein anderes, auf die anvertraute Sache sich beziehendes Geschäft aufgetragen, so wird er als ein Gewalthaber angesehen.
Pflichten und Rechte des Verwahrers
§ 961
Die Hauptpflicht des Verwahrers ist: die ihm anvertraute Sache durch die bestimmte Zeit sorgfältig zu bewahren, und nach Verlauf derselben dem Hinterleger in eben dem Zustande, in welchem er sie übernommen hat, und mit allem Zuwachse zurückzustellen.
§ 962
Der Verwahrer muss dem Hinterleger auf Verlangen die Sache auch noch vor Verlauf der Zeit zurückstellen und kann nur den Ersatz des ihm etwa verursachten Schadens begehren. Er kann hingegen die ihm anvertraute Sache nicht früher zurückgeben, es wäre denn, dass ein unvorhergesehener Umstand ihn ausser Stand setzte, die Sache mit Sicherheit oder ohne seinen eigenen Nachteil zu verwahren.
§ 963
Ist die Verwahrungszeit weder ausdrücklich bestimmt worden, noch sonst aus Nebenumständen abzunehmen, so kann die Verwahrung nach Belieben aufgekündet werden.
§ 964
Der Verwahrer haftet dem Hinterleger für den aus der Unterlassung der pflichtmässigen Obsorge verursachten Schaden, aber nicht für den Zufall; selbst dann nicht, wenn er die anvertraute, obschon kostbarere Sache, mit Aufopferung seiner eigenen hätte retten können.
§ 965
Hat aber der Verwahrer von der hinterlegten Sache Gebrauch gemacht, hat er sie ohne Not und ohne Erlaubnis des Hinterlegers einem Dritten in Verwahrung gegeben oder die Zurückstellung verzögert, und die Sache leidet einen Schaden, welchem sie bei dem Hinterleger nicht ausgesetzt gewesen wäre, so kann er keinen Zufall vorschützen und die Beschädigung wird ihm zugerechnet.
§ 966
Wenn Sachen verschlossen oder versiegelt hinterlegt, und in der Folge das Schloss oder Siegel verletzt worden; so ist der Hinterleger, wenn er einen Abgang behauptet, zur Beschwörung seines Schadens, insofern derselbe nach seinem Stande, Gewerbe, Vermögen und den übrigen Umständen wahrscheinlich ist, nach Vorschrift der Gerichtsordnung zuzulassen; es wäre denn, dass der Verwahrer beweisen könnte, dass die Verletzung des Schlosses oder Siegels ohne sein Verschulden geschehen sei. Das nämliche hat auch dann zu gelten, wenn sämtliche auf solche Art hinterlegte Sachen in Verlust geraten sind.
§ 967
und des Hinterlegers
Der Hinterleger ist verpflichtet, dem Verwahrer den schuldbarer Weise zugefügten Schaden und die zur Erhaltung der verwahrten Sache oder zur Vermehrung der fortdauernden Nutzungen verwendeten Kosten zu ersetzen. Hat der Verwahrer im Notfalle, um das hinterlegte Gut zu retten, seine eigenen Sachen aufgeopfert, so kann er einen angemessenen Ersatz fordern. Die wechselseitigen Forderungen des Verwahrers und Hinterlegers einer beweglichen Sache können aber nur binnen 30 Tagen von Zeit der Zurückstellung angebracht werden.
§ 968
Sequester
Wird eine in Anspruch genommene Sache von den streitenden Parteien oder vom Gerichte jemandem in Verwahrung gegeben, so heisst der Verwahrer, Sequester. Die Rechte und Verbindlichkeiten des Sequesters werden nach den hier festgesetzten Grundsätzen beurteilt.
§ 969
Ob dem Verwahrer ein Lohn gebühre
Ein Lohn kann für die Aufbewahrung nur dann gefordert werden, wenn er ausdrücklich oder nach dem Stande des Aufbewahrers stillschweigend bedungen worden ist.
§ 970
Wirte, Schiffer, oder Fuhrleute haften für Sachen, die von aufgenommenen Reisenden, oder als Fracht, ihnen selbst, oder ihren Dienstleuten übergeben worden sind, gleich einem Verwahrer (§ 1316).
20. Hauptstück
Von dem Leihvertrage
§ 971
Leihvertrag
Wenn jemandem eine unverbrauchbare Sache bloss zum unentgeltlichen Gebrauche auf eine bestimmte Zeit übergeben wird, so entsteht ein Leihvertrag. Der Vertrag, wodurch man jemandem eine Sache zu leihen verspricht, ohne sie zu übergeben, ist zwar verbindlich, aber noch kein Leihvertrag.
Rechte und Pflichten des Entlehners
§ 972
1. in Rücksicht des Gebrauches
Der Entlehner erwirbt das Recht, den ordentlichen oder näher bestimmten Gebrauch von der Sache zu machen. Nach Verlauf der Zeit ist er verpflichtet, eben dieselbe Sache zurückzustellen.
2. der Zurückstellung
§ 973
Wenn keine Zeit zur Zurückgabe festgesetzt, wohl aber die Absicht des Gebrauches bestimmt worden ist, so ist der Entlehner verbunden, mit dem Gebrauche nicht zu zögern, und die Sache so bald als möglich zurückzugeben.
§ 974
Hat man weder die Dauer, noch die Absicht des Gebrauches bestimmt, so entsteht kein wahrer Vertrag, sondern ein unverbindliches Bittleihen (Prekarium), und der Verleiher kann die entlehnte Sache nach Willkür zurückfordern.
§ 975
Bei einem Streite über die Dauer des Gebrauches muss der Entlehner das Recht auf den längeren Gebrauch beweisen.
§ 976
Wenngleich die verlehnte Sache vor Verlauf der Zeit und vor geendigtem Gebrauche dem Verleiher selbst unentbehrlich wird, so hat er ohne ausdrückliche Verabredung doch kein Recht, die Sache früher zurückzunehmen.
§ 977
Der Entlehner ist zwar in der Regel berechtigt, die entlehnte Sache auch vor der bestimmten Zeit zurückzugeben; fällt aber die frühere Zurückgabe dem Verleiher beschwerlich, so kann sie wider seinen Willen nicht stattfinden.
3. der Beschädigung
§ 978
Wenn der Entlehner die geliehene Sache anders gebraucht, als es bedungen war, oder den Gebrauch derselben eigenmächtig einem Dritten gestattet, so ist er dem Verleiher verantwortlich, und dieser auch berechtigt, die Sache sogleich zurückzufordern.
§ 979
Wird die geliehene Sache beschädigt oder zugrunde gerichtet, so muss der Entlehner nicht nur den zunächst durch sein Verschulden verursachten, sondern auch den zufälligen Schaden, den er durch eine widerrechtliche Handlung veranlasst hat, so wie der Verwahrer einer Sache ersetzen (§ 965).
§ 980
Dadurch, dass der Entlehner für ein verlornes Lehnstück den Wert erlegt, hat er noch kein Recht, dasselbe, wenn es wieder gefunden wird, gegen den Willen des Eigentümers für sich zu behalten, wenn dieser bereit ist, den empfangenen Wert zurückzugeben.
§ 981
4. der Erhaltungskosten
Die mit dem Gebrauche ordentlicher Weise verbundenen Kosten muss der Entlehner selbst bestreiten. Die ausserordentlichen Erhaltungskosten hat er zwar, dafern er die Sache dem Verleiher nicht zur eigenen Besorgung überlassen kann oder will, inzwischen vorzuschiessen, doch werden sie ihm gleich einem redlichen Besitzer vergütet.
§ 982
Beschränkung der wechselseitigen Klagen
Wenn der Verleiher nach der Zurücknahme des Lehnstückes dessen Missbrauch oder übertriebene Abnutzung innerhalb 30 Tagen nicht gerügt oder, wenn der Entlehner nach der Zurückgabe von den auf die Sache verwendeten ausserordentlichen Kosten binnen eben diesem Zeitraume keine Meldung gemacht hat, so ist die Klage erloschen.
21. Hauptstück
Von dem Darlehensvertrage
§ 983
Darlehen
Wenn jemandem verbrauchbare Sachen unter der Bedingung übergeben werden, dass er zwar willkürlich darüber verfügen könne, aber nach einer gewissen Zeit ebensoviel von derselben Gattung und Güte zurückgeben soll, so entsteht ein Darlehensvertrag. Er ist mit dem, obgleich ebenfalls verbindlichen Vertrage (§ 936), ein Darlehen künftig zu geben, nicht zu verwechseln.
§ 984
Arten desselben
Ein Darlehen wird entweder in Geld oder in anderen verbrauchbaren Sachen, und zwar ohne oder gegen Zinsen gegeben. Im letzteren Falle nennt man es auch einen Zinsenvertrag.
Gelddarlehen
§ 985
Ein Gelddarlehen kann klingende Münze oder Papiergeld oder öffentliche Schuldscheine (Obligationen) zum Gegenstande haben.
a) in klingender Münze oder Papiergeld
§ 986
Inwiefern ein Darlehen in klingender Münze überhaupt geschlossen werden könne, und in welcher Währung (Valuta) ein solches Darlehen oder ein Darlehen in Papiergeld zurückzuzahlen sei, bestimmen die darüber bestehenden besonderen Vorschriften.
§ 987
Wenn ein Darleiher sich die Zahlung in der besonderen, von ihm gegebenen Münzsorte bedungen hat, so muss die Zahlung in eben dieser Münzsorte geleistet werden.
§ 988
Gesetzliche Münzveränderungen ohne Veränderung des inneren Gehaltes gehen auf Rechnung des Darleihers. Er empfängt die Zahlung in der bestimmten, gegebenen Münzsorte, z. B. von 1 000 Stücken kaiserlicher Dukaten, oder 3 000 Zwanzig-Kreuzer-Stücken, ohne Rücksicht, ob deren äusserer Wert in der Zwischenzeit erhöht oder vermindert worden ist. Wird aber der innere Wert geändert; so ist die Zahlung im Verhältnis zu dem inneren Werte, den die gegebene Münzsorte zur Zeit des Darleihens hatte, zu leisten.
§ 989
Sind zur Zeit der Rückzahlung dergleichen Münzsorten im Staate nicht im Umlaufe, so muss der Schuldner den Gläubiger mit zunächst ähnlichen Geldstücken in solcher Zahl und Art befriedigen, dass derselbe den zur Zeit des Darlehens bestandenen inneren Wert dessen, was er gegeben hat, erhalte.
b) in Schuldscheinen
§ 990
In öffentlichen Schuldscheinen können Darlehen in der Art gültig geschlossen werden, dass die Tilgung der Schuld entweder mit einem durchaus gleichen öffentlichen Schuldscheine, wie der dargeliehene war, geleistet, oder der Betrag nach dem Werte, welchen der Schuldschein zur Zeit des Darlehens hatte, zurückgezahlt werde.
§ 991
Wenn statt Geldes ein Privatschuldschein oder Waren gegeben worden sind, so ist der Schuldner nur verbunden, entweder den Schuldschein oder die empfangenen Waren unbeschädigt zurückzustellen oder dem Gläubiger den von diesem zu erweisenden Schaden zu ersetzen.
§ 992
c) Darlehen in anderen verbrauchbaren Gegenständen
Bei Darlehen, die nicht über Geld, sondern über andere verbrauchbare Gegenstände geschlossen werden, macht es, dafern nur die Zurückstellung in der nämlichen Gattung, Güte und Menge bedungen worden, keinen Unterschied, wenn sie in der Zwischenzeit am Werte gestiegen oder gefallen sind.
Zinsen
§ 993
Wenn sich der Darleiher bei was immer für einem Darleihen in Rücksicht auf die Gattung, Güte oder Menge ausdrücklich oder stillschweigend mehr bedingt, als er gegeben hat; so kann der Vertrag nur insofern bestehen, als dabei die erlaubten Vertragszinsen nicht überschritten werden.
§ 994
Durch Vertrag können bei einem gegebenen Unterpfande fünf, ohne Unterpfand sechs von Hundert auf Ein Jahr von Jedermann bedungen werden. Dieses Mass der erlaubten Vertragszinsen ist auch dann zu verstehen, wenn zwar Zinsen bedungen, aber ihr Betrag nicht bestimmt worden ist.
§ 995
Wenn jemandem Zinsen, ohne ausdrückliche Bedingung, aus dem Gesetze gebühren; so sind vier von Hundert, und zwischen den von den Behörden berechtigten Handelsleuten und Fabrikanten bei einer aus einem eigentlichen Handlungsgeschäfte entsprungenen Schuld sechs von Hundert auf das Jahr als die gesetzmässigen zu entrichten.
§ 996
Wenn ausser der Bestimmung des Ortes und der Zeit der Zahlung des Kapitals und der Zinsen dem Darleiher unter was immer für einer Gestalt und Benennung noch andere Nebenschuldigkeiten; oder, wenn für sich oder für Andere Nebenvorteile bedungen worden; so sind sie, insofern dabei im Ganzen das Mass der erlaubten Vertragszinsen überschritten wird, ungültig.
§ 997
Die Zinsen sind gemeiniglich bei Zurückzahlung des Kapitals; oder, wenn der Vertrag auf mehrere Jahre geschlossen, und in demselben wegen der Fristen zur Zahlung der Zinsen nichts ausgemacht worden, jährlich abzuführen. Vorhinein können sie höchstens auf ein halbes Jahr abgezogen werden. Die über dieses Mass vorhinein abgezogenen Zinsen sind, von dem Tage des Abzuges an, vom Kapitale abzurechnen.
§ 998
Zinsen von Zinsen dürfen nie genommen werden; doch können zweijährige oder noch ältere Zinsenrückstände mittelst Übereinkommens als ein neues Kapital verschrieben werden.
§ 999
Zinsen von Gelddarlehen sind in der nämlichen Währung (Valuta), wie das Kapital selbst, zu entrichten.
§ 1000
Wie ein in Absicht auf das Kapital oder das erlaubte Zinsenmass verübter Wucher zu behandeln sei, bestimmt das besonders bestehende Wuchergesetz.
§ 1001
Form des Schuldscheines
Damit ein Schuldschein über einen Darlehensvertrag einen vollständigen Beweis mache, müssen darin der eigentliche Darleiher oder Gläubiger sowohl, als der eigentliche Anleiher oder Schuldner, der Gegenstand und Betrag des Darlehens und, wenn es in Geld gegeben wird, die Gattung desselben, wie auch alle auf die Zahlung der Hauptschuld sowohl, als auf die etwa zu entrichtenden Zinsen sich beziehende Bedingungen redlich und deutlich bestimmt werden. Die äussere, zur Beweiskraft nötige Form einer Schuldurkunde setzt die Gerichtsordnung fest.
22. Hauptstück
Von der Bevollmächtigung und andern Arten der Geschäftsführung
Bevollmächtigungsvertrag
§ 1002
Der Vertrag, wodurch jemand ein ihm aufgetragenes Geschäft im Namen des andern zur Besorgung übernimmt, heisst Bevollmächtigungsvertrag.
§ 1003
Personen, welche zur Besorgung bestimmter Geschäfte öffentlich bestellt worden, sind schuldig, über einen darauf sich beziehenden Auftrag ohne Zögerung gegen den Auftragenden sich ausdrücklich zu erklären, ob sie denselben annehmen oder nicht; widrigenfalls bleiben sie dem Auftragenden für den dadurch veranlassten Nachteil verantwortlich.
§ 1004
Einteilung der Bevollmächtigung in eine unentgeltliche oder entgeltliche
Wird für die Besorgung eines fremden Geschäftes entweder ausdrücklich oder nach dem Stande des Geschäftsträgers auch nur stillschweigend eine Belohnung bedungen, so gehört der Vertrag zu den entgeltlichen, ausserdem aber zu den unentgeltlichen.
§ 1005
mündliche oder schriftliche
Bevollmächtigungsverträge können mündlich oder schriftlich geschlossen werden. Die von dem Gewaltgeber hierüber ausgestellte Urkunde wird Vollmacht genannt.
§ 1006
allgemeine oder besondere
Es gibt allgemeine und besondere Vollmachten, je nachdem jemandem die Besorgung aller oder nur einiger Geschäfte anvertraut wird. Die besonderen Vollmachten können bloss gerichtliche oder bloss aussergerichtliche Geschäfte überhaupt, oder sie können einzelne Angelegenheiten der einen oder andern Gattung zum Gegenstande haben.
unumschränkte oder beschränkte
§ 1007
Vollmachten werden entweder mit unumschränkter oder mit beschränkter Freiheit zu handeln erteilt. Durch die erstere wird der Gewalthaber berechtigt, das Geschäft nach seinem besten Wissen und Gewissen zu leiten; durch die letztere aber werden ihm die Grenzen, wie weit, und die Art, wie er dasselbe betreiben soll, vorgeschrieben.
§ 1008
Folgende Geschäfte: Wenn im Namen eines andern Sachen veräussert oder entgeltlich übernommen; Anleihen oder Darlehen geschlossen; Geld oder Geldeswert erhoben; Prozesse anhängig gemacht; Eide aufgetragen, angenommen oder zurückgeschoben, oder Vergleiche getroffen werden sollen; erfordern eine besondere, auf diese Gattungen der Geschäfte lautende Vollmacht. Wenn aber eine Erbschaft unbedingt angenommen oder ausgeschlagen, Gesellschaftsverträge errichtet, Schenkungen gemacht, das Befugnis, einen Schiedsrichter zu wählen, eingeräumt oder Rechte unentgeltlich aufgegeben werden sollen, ist eine besondere, auf das einzelne Geschäft ausgestellte Vollmacht notwendig. Allgemeine, selbst unbeschränkte Vollmachten sind in diesen Fällen nur hinreichend, wenn die Gattung des Geschäftes in der Vollmacht ausgedrückt worden ist.
Rechte und Verbindlichkeiten des Gewalthabers
§ 1009
Der Gewalthaber ist verpflichtet, das Geschäft seinem Versprechen und der erhaltenen Vollmacht gemäss, emsig und redlich zu besorgen, und allen aus dem Geschäfte entspringenden Nutzen dem Machtgeber zu überlassen. Er ist, ob er gleich eine beschränkte Vollmacht hat, berechtigt, alle Mittel anzuwenden, die mit der Natur des Geschäftes notwendig verbunden oder der erklärten Absicht des Machtgebers gemäss sind. Überschreitet er aber die Grenzen der Vollmacht, so haftet er für die Folgen.
§ 1010
Trägt der Gewalthaber das Geschäft ohne Not einem Dritten auf, so haftet er ganz allein für den Erfolg. Wird ihm aber die Bestellung eines Stellvertreters in der Vollmacht ausdrücklich gestattet oder durch die Umstände unvermeidlich, so verantwortet er nur ein bei der Auswahl der Person begangenes Verschulden.
§ 1011
Wird mehreren Bevollmächtigten zugleich ein Geschäft aufgetragen, so ist die Mitwirkung aller zur Gültigkeit des Geschäftes, und Verpflichtung des Machtgebers notwendig, wenn nicht ausdrücklich einem oder mehreren aus ihnen die volle Befugnis in der Vollmacht erteilt worden ist.
§ 1012
Der Gewalthaber ist schuldig, dem Machtgeber den durch sein Verschulden verursachten Schaden zu ersetzen, und die bei dem Geschäfte vorkommenden Rechnungen, so oft dieser es verlangt, vorzulegen.
§ 1013
Gewalthaber sind, ausser dem im § 1004 enthaltenen Falle, nicht befugt, ihrer Bemühung wegen eine Belohnung zu fordern. Es ist ihnen nicht erlaubt, ohne Willen des Machtgebers in Rücksicht auf die Geschäftsverwaltung von einem Dritten Geschenke anzunehmen. Die erhaltenen werden zur Armenkasse eingezogen.
des Gewaltgebers
§ 1014
Der Gewaltgeber ist verbunden, dem Gewalthaber allen zur Besorgung des Geschäftes notwendig oder nützlich gemachten Aufwand, selbst bei fehlgeschlagenem Erfolge, zu ersetzen, und ihm auf Verlangen zur Bestreitung der baren Auslagen auch einen angemessenen Vorschuss zu leisten; er muss ferner allen durch sein Verschulden entstandenen oder mit der Erfüllung des Auftrages verbundenen Schaden vergüten.
§ 1015
Leidet der Gewalthaber bei der Geschäftsführung nur zufälliger Weise Schaden, so kann er in dem Falle, dass er das Geschäft unentgeltlich zu besorgen übernahm, einen solchen Betrag fordern, welcher ihm bei einem entgeltlichen Vertrage zur Vergütung der Bemühung nach dem höchsten Schätzungswerte gebührt haben würde.
§ 1016
Überschreitet der Gewalthaber die Grenzen seiner Vollmacht, so ist der Gewaltgeber nur insofern verbunden, als er das Geschäft genehmigt oder den aus dem Geschäfte entstandenen Vorteil sich zuwendet.
in Rücksicht eines Dritten
§ 1017
Insofern der Gewalthaber nach dem Inhalte der Vollmacht den Gewaltgeber vorstellt, kann er ihm Rechte erwerben und Verbindlichkeiten auflegen. Hat er also innerhalb der Grenzen der offenen Vollmacht mit einem Dritten einen Vertrag geschlossen, so kommen die dadurch gegründeten Rechte und Verbindlichkeiten dem Gewaltgeber und dem Dritten, nicht aber dem Gewalthaber zu. Die dem Gewalthaber erteilte geheime Vollmacht hat auf die Rechte des Dritten keinen Einfluss.
§ 1018
Auch in dem Falle, dass der Gewaltgeber einen solchen Gewalthaber, der sich selbst zu verbinden unfähig ist, aufgestellt hat, sind die innerhalb der Grenzen der Vollmacht geschlossenen Geschäfte sowohl für den Gewaltgeber, als für den Dritten verbindlich.
§ 1019 46
Aufgehoben
§ 1020
Auflösung des Vertrages durch den Widerruf
Es steht dem Machtgeber frei, die Vollmacht nach Belieben zu widerrufen; doch muss er dem Gewalthaber nicht nur die in der Zwischenzeit gehabten Kosten und den sonst erlittenen Schaden ersetzen, sondern auch einen der Bemühung angemessenen Teil der Belohnung entrichten. Dieses findet auch dann statt, wenn die Vollendung des Geschäftes durch einen Zufall verhindert worden ist.
§ 1021
die Aufkündung
Auch der Machthaber kann die angenommene Vollmacht aufkünden. Wenn er sie aber vor Vollendung des ihm insbesondere aufgetragenen oder vermöge der allgemeinen Vollmacht angefangenen Geschäftes aufkündet, so muss er, dafern nicht ein unvorhergesehenes und unvermeidliches Hindernis eingetreten ist, allen daraus entstandenen Schaden ersetzen.
den Tod
§ 1022
In der Regel wird die Vollmacht sowohl durch den Tod des Gewaltgebers, als des Gewalthabers aufgehoben. Lässt sich aber das angefangene Geschäft ohne offenbaren Nachteil der Erben nicht unterbrechen, oder erstreckt sich die Vollmacht selbst auf den Sterbefall des Gewaltgebers, so hat der Gewalthaber das Recht und die Pflicht, das Geschäft zu vollenden.
§ 1023
Die von einem Körper (Gemeinschaft) ausgestellten und übernommenen Vollmachten werden durch die Erlöschung der Gemeinschaft aufgehoben.
§ 1024
oder Konkurs
Verfällt der Machtgeber in Konkurs, so sind alle Handlungen, die der Gewalthaber nach Kundmachung des Konkurses im Namen des Konkursschuldners unternommen hat, ohne Rechtskraft. Ebenso erklärt die Verhängung des Konkurses über das Vermögen des Machthabers schon an und für sich die erteilte Vollmacht für aufgehoben.
Inwiefern die Verbindlichkeit fortdauere
§ 1025
Wird die Vollmacht durch Widerruf, Aufkündigung oder durch den Tod des Gewaltgebers oder Gewalthabers aufgehoben, so müssen doch die Geschäfte, welche keinen Aufschub leiden, so lange fortgesetzt werden, bis von dem Machtgeber oder dessen Erben eine andere Verfügung getroffen worden ist oder füglich getroffen werden konnte.
§ 1026
Auch bleiben die mit einem Dritten, dem die Aufhebung der Vollmacht ohne sein Verschulden unbekannt war, geschlossenen Verträge verbindlich, und der Gewaltgeber kann sich nur bei dem Gewalthaber, der die Aufhebung verschwiegen hat, wegen seines Schadens erholen.
Stillschweigende Bevollmächtigung der Dienstpersonen
§ 1027
Die in diesem Hauptstücke enthaltenen Vorschriften haben auch ihre Anwendung auf die Eigentümer einer Handlung, eines Schiffes, Kaufladens oder andern Gewerbes, welche die Verwaltung einem Faktor, Schiffer, Ladendiener oder andern Geschäftsträgern anvertrauen.
§ 1028
Die Rechte solcher Geschäftsführer sind vorzüglich aus der Urkunde ihrer Bestellung, dergleichen unter Handelsleuten das ordentlich kundgemachte Befugnis der Unterzeichnung (Firma) ist, zu beurteilen.
§ 1029
Ist die Vollmacht nicht schriftlich gegeben worden, so wird ihr Umfang aus dem Gegenstande, und aus der Natur des Geschäftes beurteilt. Wer einem andern eine Verwaltung anvertraut hat, von dem wird vermutet, dass er ihm auch die Macht eingeräumt habe, alles dasjenige zu tun, was die Verwaltung selbst erfordert und was gewöhnlich damit verbunden ist (§ 1009).
§ 1030
Gestattet der Eigentümer einer Handlung oder eines Gewerbes seinem Diener oder Lehrlinge, Waren im Laden oder ausser demselben zu verkaufen, so wird vermutet, dass sie bevollmächtigt seien, die Bezahlung zu empfangen, und Quittungen dagegen auszustellen.
§ 1031
Die Vollmacht, Waren im Namen des Eigentümers zu verkaufen, erstreckt sich aber nicht auf das Recht, in seinem Namen Waren einzukaufen; auch dürfen Fuhrleute weder den Wert der ihnen anvertrauten Güter beziehen, noch Geld darauf anleihen, wenn es nicht ausdrücklich in Frachtbriefen bestimmt worden ist.
§ 1032
Dienstgeber und Familienhäupter sind nicht verbunden, das, was von ihren Dienstpersonen oder andern Hausgenossen in ihrem Namen auf Borg genommen wird, zu bezahlen. Der Borger muss in solchen Fällen den gemachten Auftrag erweisen.
§ 1033
Besteht aber zwischen dem Borgnehmer und dem Borggeber ein ordentliches Einschreibebuch, worin die ausgeborgten Sachen aufgezeichnet werden, so gilt die Vermutung, dass der Überbringer dieses Buches bevollmächtigt sei, die Ware auf Borg zu nehmen.
§ 1034
Gerichtliche und gesetzliche Bevollmächtigung
Das Recht der Vormünder und Kuratoren, die Geschäfte ihrer Pflegebefohlenen zu verwalten, gründet sich auf die Anordnung des Gerichtes, von welchem sie bestellt sind. Dem Vater und dem Ehemanne wird das Befugnis zur Vertretung des Kindes und der Gattin von dem Gesetze eingeräumt. Hierüber sind die Vorschriften an den gehörigen Orten enthalten.
§ 1035
Geschäftsführung ohne Auftrag
Wer weder durch ausdrücklichen oder stillschweigenden Vertrag, noch vom Gerichte, noch aus dem Gesetze das Befugnis erhalten hat, darf der Regel nach sich in das Geschäft eines andern nicht mengen. Hätte er sich dessen angemasst, so ist er für alle Folgen verantwortlich.
§ 1036
im Notfalle
Wer, obgleich unberufen, ein fremdes Geschäft zur Abwendung eines bevorstehenden Schadens besorgt, dem ist derjenige, dessen Geschäft er besorgt hat, den notwendigen und zweckmässig gemachten Aufwand zu ersetzen schuldig, wenngleich die Bemühung ohne Verschulden fruchtlos geblieben ist (§ 403).
oder zum Nutzen des andern
§ 1037
Wer fremde Geschäfte bloss, um den Nutzen des andern zu befördern, übernehmen will, soll sich um dessen Einwilligung bewerben. Hat der Geschäftsführer zwar diese Vorschrift unterlassen, aber das Geschäft auf seine Kosten zu des andern klarem, überwiegenden Vorteile geführt, so müssen ihm von diesem die darauf verwendeten Kosten ersetzt werden.
§ 1038
Ist aber der überwiegende Vorteil nicht klar oder hat der Geschäftsführer eigenmächtig so wichtige Veränderungen in einer fremden Sache vorgenommen, dass die Sache dem andern zu dem Zwecke, wozu er sie bisher benützte, unbrauchbar wird, so ist dieser zu keinem Ersatze verbunden; er kann vielmehr verlangen, dass der Geschäftsführer auf eigene Kosten die Sache in den vorigen Stand zurücksetze oder, wenn das nicht möglich ist, ihm volle Genugtuung leiste.
§ 1039
Wer ein fremdes Geschäft ohne Auftrag auf sich genommen hat, muss es bis zur Vollendung fortsetzen, und gleich einem Bevollmächtigten genaue Rechnung darüber ablegen.
§ 1040
gegen den Willen des andern
Wenn jemand gegen den gültig erklärten Willen des Eigentümers sich eines fremden Geschäftes anmasst oder den rechtmässigen Bevollmächtigten durch eine solche Einmengung an der Besorgung des Geschäftes verhindert, so verantwortet er nicht nur den hieraus erwachsenen Schaden und entgangenen Gewinn, sondern er verliert auch den gemachten Aufwand, insofern er nicht in Natur zurückgenommen werden kann.
Verwendung einer Sache zum Nutzen des andern
§ 1041
Wenn ohne Geschäftsführung eine Sache zum Nutzen eines andern verwendet worden ist, so kann der Eigentümer sie in Natur oder, wenn dies nicht mehr geschehen kann, den Wert verlangen, den sie zur Zeit der Verwendung gehabt hat, obgleich der Nutzen in der Folge vereitelt worden ist.
§ 1042
Wer für einen andern einen Aufwand macht, den dieser nach dem Gesetze selbst hätte machen müssen, hat das Recht, den Ersatz zu fordern.
§ 1043
Hat jemand in einem Notfalle, um einen grösseren Schaden von sich und andern abzuwenden, sein Eigentum aufgeopfert, so müssen ihn alle, welche daraus Vorteil zogen, verhältnismässig entschädigen. Die ausführlichere Anwendung dieser Vorschrift auf Seegefahren ist ein Gegenstand der Seegesetze.
§ 1044
Die Verteilung der Kriegsschäden wird nach besondern Vorschriften von den politischen Behörden bestimmt.
23. Hauptstück
Von dem Tauschvertrage
Tausch
§ 1045
Der Tausch ist ein Vertrag, wodurch eine Sache gegen eine andere Sache überlassen wird. Die wirkliche Übergabe ist nicht zur Errichtung, sondern nur zur Erfüllung des Tauschvertrages und zur Erwerbung des Eigentumes notwendig.
§ 1046
Das Geld ist kein Gegenstand des Tauschvertrages; doch lassen sich Gold und Silber als eine Ware, und selbst als Münzsorten insoweit vertauschen, als sie nur gegen andere Münzsorten, goldene nämlich gegen silberne, kleinere gegen grössere Stücke verwechselt werden sollen.
§ 1047 47
Rechte und Pflichten der Tauschenden
Tauschende sind vermöge des Vertrages verpflichtet, die vertauschten Sachen der Verabredung gemäss mit ihren Bestandteilen und mit allem Zugehör zu rechter Zeit, am gehörigen Ort und in eben dem Zustand, in welchem sie sich bei Schliessung des Vertrages befunden haben, zum freien Besitze zu übergeben und zu übernehmen.
§ 1048
insbesondere in Rücksicht der Gefahr
Ist eine Zeit bedungen, zu welcher die Übergabe geschehen soll, und wird in der Zwischenzeit entweder die vertauschte bestimmte Sache durch Verbot ausser Verkehr gesetzt oder zufälliger Weise ganz oder doch über die Hälfte am Werte zu Grunde gerichtet, so ist der Tausch für nicht geschlossen anzusehen.
§ 1049
Andere in dieser Zwischenzeit durch Zufall erfolgte Verschlimmerungen der Sache und Lasten gehen auf die Rechnung des Besitzers. Sind jedoch Sachen in Pausch und Bogen behandelt worden, so trägt der Übernehmer den zufälligen Untergang einzelner Stücke, wenn anders hiedurch das Ganze nicht über die Hälfte am Werte verändert worden ist.
und der Nutzungen vor der Übergabe
§ 1050
Dem Besitzer gebühren die Nutzungen der vertauschten Sache bis zur bedungenen Zeit der Übergabe. Von dieser Zeit an gebühren sie, samt dem Zuwachse, dem Übernehmer, obgleich die Sache noch nicht übergeben worden ist.
§ 1051
Ist keine Zeit zur Übergabe der bestimmten Sache bedungen, und fällt keinem Teile ein Versehen zur Last, so sind die obigen Vorschriften wegen Gefahr und Nutzungen (§§ 1048 bis 1050) auf den Zeitpunkt der Übergabe selbst anzuwenden, insofern die Parteien nicht etwas anderes festgesetzt haben.
§ 1052 48
Wer auf die Übergabe dringen will, muss seine Verbindlichkeit erfüllt haben oder sie zu erfüllen bereit sein. Auch der zur Vorausleistung Verpflichtete kann seine Leistung bis zur Bewirkung oder Sicherstellung der Gegenleistung verweigern, wenn diese durch schlechte Vermögensverhältnisse des anderen Teiles gefährdet ist, die ihm zur Zeit des Vertragsabschlusses nicht bekannt sein mussten.
24. Hauptstück
Von dem Kaufvertrage
§ 1053
Kaufvertrag
Durch den Kaufvertrag wird eine Sache um eine bestimmte Summe Geldes einem andern überlassen. Er gehört, wie der Tausch, zu den Titeln ein Eigentum zu erwerben. Die Erwerbung erfolgt erst durch die Übergabe des Kaufgegenstandes. Bis zur Übergabe behält der Verkäufer das Eigentumsrecht.
§ 1054
Erfordernisse des Kaufvertrages
Wie die Einwilligung des Käufers und Verkäufers beschaffen sein müsse, und welche Sachen gekauft und verkauft werden dürfen, dieses wird nach den Regeln der Verträge überhaupt bestimmt. Der Kaufpreis muss in barem Gelde bestehen, und darf weder unbestimmt, noch gesetzwidrig sein.
Der Kaufpreis muss
§ 1055
a) in barem Gelde bestehen
Wird eine Sache teils gegen Geld, teils gegen eine andere Sache veräussert, so wird der Vertrag, je nachdem der Wert am Gelde mehr oder weniger, als der gemeine Wert der gegebenen Sache beträgt, zum Kaufe oder Tausche, und bei gleichem Werte der Sache, zum Kaufe gerechnet.
b) bestimmt
§ 1056
Käufer und Verkäufer können die Festsetzung des Preises auch einer dritten bestimmten Person überlassen. Wird von dieser in dem bedungenen Zeitraume nichts festgesetzt oder will im Falle, dass kein Zeitraum bedungen worden ist, ein Teil vor der Bestimmung des Preises zurücktreten, so wird der Kaufvertrag als nicht geschlossen angesehen.
§ 1057
Wird die Bestimmung des Preises mehreren Personen überlassen, so entscheidet die Mehrheit der Stimmen. Fallen die Stimmen so verschieden aus, dass der Preis nicht einmal durch wirkliche Mehrheit der Stimmen festgesetzt wird, so ist der Kauf für nicht eingegangen zu achten.
§ 1058
Auch der Wert, welcher bei einer frühern Veräusserung bedungen worden ist, kann zur Bestimmung des Preises dienen. Hat man den ordentlichen Marktpreis zum Grunde gelegt, so wird der mittlere Marktpreis des Ortes und der Zeit, wo und in welcher der Vertrag erfüllt werden muss, angenommen.
c) nicht gesetzwidrig sein
§ 1059
Wenn für Waren eine Taxe besteht, so ist der höhere Preis gesetzwidrig, und der Käufer kann für jede noch so geringe Verletzung die Schadloshaltung bei der politischen Behörde fordern.
§ 1060
Ausser diesem Falle kann der Kauf sowohl von dem Käufer als Verkäufer nur wegen Verletzung über die Hälfte bestritten werden (§§ 934, 935). Diese Beschwerde findet auch dann statt, wenn der Ausspruch des Kaufpreises einem Dritten überlassen worden ist.
§ 1061
Pflichten des Verkäufers
Der Verkäufer ist schuldig, die Sache bis zur Zeit der Übergabe sorgfältig zu verwahren und sie dem Käufer nach eben den Vorschriften zu übergeben, welche oben bei dem Tausche (§ 1047) aufgestellt worden sind.
und des Käufers
§ 1062
Der Käufer hingegen ist verbunden, die Sache sogleich oder zur bedungenen Zeit zu übernehmen, zugleich aber auch das Kaufgeld bar abzuführen; widrigenfalls ist der Verkäufer ihm die Übergabe der Sache zu verweigern berechtigt.
§ 1063
Wird die Sache dem Käufer von dem Verkäufer, ohne das Kaufgeld zu erhalten, übergeben, so ist die Sache auf Borg verkauft, und das Eigentum derselben geht gleich auf den Käufer über.
§ 1064
Gefahr und Nutzen des Kaufgegenstandes
In Rücksicht der Gefahr und Nutzungen einer zwar gekauften, aber noch nicht übergebenen Sache gelten die nämlichen Vorschriften, die bei dem Tauschvertrage gegeben worden sind (§§ 1048 bis 1051).
§ 1065
Kauf einer gehofften Sache
Wenn Sachen, die noch zu erwarten stehen, gekauft werden, so sind die in dem Hauptstücke von gewagten Geschäften gegebenen Anordnungen anzuwenden.
§ 1066
Allgemeine Vorschrift
In allen bei einem Kaufvertrage vorkommenden Fällen, welche in dem Gesetze nicht ausdrücklich entschieden werden, sind die in den Hauptstücken von Verträgen überhaupt, und von dem Tauschvertrage insbesondere aufgestellten Vorschriften anzuwenden.
§ 1067
Besondere Arten oder Nebenverträge eines Kaufvertrages
Besondere Arten oder Nebenverträge eines Kaufvertrages sind: der Vorbehalt des Wiederkaufes, des Rückverkaufes, des Vorkaufes; der Verkauf auf die Probe; der Verkauf mit Vorbehalt eines bessern Käufers und der Verkaufsauftrag.
Verkauf mit Vorbehalt des Wiederkaufes
§ 1068
Das Recht eine verkaufte Sache wieder einzulösen, heisst das Recht des Wiederkaufes. Ist dieses Recht dem Verkäufer überhaupt und ohne nähere Bestimmung eingeräumt, so wird von einer Seite das Kaufstück in einem nicht verschlimmerten Zustande, von der andern Seite aber das erlegte Kaufgeld zurückgegeben, und die inzwischen beiderseits aus dem Gelde und der Sache gezogenen Nutzungen bleiben gegen einander aufgehoben.
§ 1069
Hat der Käufer das Kaufstück aus dem Seinigen verbessert oder zu dessen Erhaltung ausserordentliche Kosten verwendet, so gebührt ihm gleich einem redlichen Besitzer der Ersatz; er haftet aber auch dafür, wenn durch sein Verschulden der Wert verändert oder die Zurückgabe vereitelt worden ist.
§ 1070
Der Vorbehalt des Wiederkaufes findet nur bei unbeweglichen Sachen statt, und gebührt dem Verkäufer nur für seine Lebenszeit. Er kann sein Recht weder auf die Erben noch auf einen Andern übertragen, und zum Nachteile eines Dritten nur insofern ausüben, als es den öffentlichen Büchern einverleibt ist.
§ 1071
Kauf mit Vorbehalt des Rückverkaufes
Den nämlichen Beschränkungen unterliegt das von dem Käufer ausbedungene Recht, die Sache dem Verkäufer wieder zurück zu verkaufen und es sind auf dasselbe die für den Wiederkauf erteilten Vorschriften anzuwenden. Ist aber die Bedingung des Wiederverkaufs oder Wiederkaufs verstellt, und eigentlich, um ein Pfandrecht oder ein Borggeschäft zu verbergen, gebraucht worden, so tritt die Vorschrift des § 916 ein.
Vorbehalt des Vorkaufsrechtes
§ 1072
Wer eine Sache mit der Bedingung verkauft, dass der Käufer, wenn er solche wieder verkaufen will, ihm die Einlösung anbieten soll, der hat das Vorkaufsrecht.
§ 1073
Das Vorkaufsrecht ist in der Regel ein persönliches Recht. In Rücksicht auf unbewegliche Güter kann es durch Eintragung in die öffentlichen Bücher in ein dingliches verwandelt werden.
§ 1074
Auch kann das Vorkaufsrecht weder einem Dritten abgetreten, noch auf die Erben des Berechtigten übertragen werden.
§ 1075
Der Berechtigte muss bewegliche Sachen binnen 24 Stunden, unbewegliche aber binnen 30 Tagen, nach der geschehenen Anbietung, wirklich einlösen. Nach Verlauf dieser Frist ist das Vorkaufsrecht erloschen.
§ 1076
Das Vorkaufsrecht hat im Falle einer gerichtlichen Feilbietung der mit diesem Rechte belasteten Sachen keine andere Wirkung, als dass der den öffentlichen Büchern einverleibte Berechtigte zur Feilbietung insbesondere vorgeladen werden muss.
§ 1077
Der zur Einlösung Berechtigte muss, ausser dem Falle einer andern Verabredung, den vollständigen Preis, welcher von einem Dritten angeboten worden ist, entrichten. Kann er die ausser dem gewöhnlichen Kaufpreise angebotenen Nebenbedingungen nicht erfüllen, und lassen sie sich auch durch einen Schätzungswert nicht ausgleichen, so kann das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werden.
§ 1078
Das Vorkaufsrecht lässt sich auf andere Veräusserungsarten ohne eine besondere Verabredung nicht ausdehnen.
§ 1079
Hat der Besitzer dem Berechtigten die Einlösung nicht angeboten, so muss er ihm für allen Schaden haften. Im Falle eines dinglichen Vorkaufsrechtes kann die veräusserte Sache dem Dritten abgefordert werden, und dieser wird nach Beschaffenheit seines redlichen oder unredlichen Besitzes behandelt.
Kauf auf die Probe
§ 1080
Bei dem Kaufe auf die Probe geht das Kaufstück vor Bezahlung des Preises nicht in das Eigentum des Käufers. Der Käufer wird während der Probezeit als ein Entlehner; nach Verlauf dieser Zeit aber das Kaufgeschäft für unbedingt abgeschlossen, und der Käufer als Eigentümer des Kaufstückes angesehen.
§ 1081
Hat der Käufer für das übernommene Kaufstück den Preis bezahlt, so gebührt ihm sogleich das Eigentum; er kann aber vor Verlauf der Probezeit von dem Kaufe zurücktreten.
§ 1082
Ist die Probezeit durch Verabredung nicht bestimmt worden, so wird sie bei beweglichen Sachen auf drei Tage, bei unbeweglichen aber auf ein Jahr angenommen.
Verkauf mit Vorbehalt eines bessern Käufers
§ 1083
Wird das Kaufgeschäft mit dem Vorbehalte verabredet, dass der Verkäufer, wenn sich binnen einer bestimmten Zeit ein besserer Käufer meldet, denselben vorzuziehen befugt sei, so bleibt in dem Falle, dass das Kaufstück nicht übergeben worden, die Wirklichkeit des Vertrages bis zum Eintritte der Bedingung aufgeschoben.
§ 1084
Ist das Kaufstück übergeben worden, so ist der Kaufvertrag abgeschlossen; er wird aber durch den Eintritt der Bedingung wieder aufgelöst. Bei dem Mangel einer ausdrücklichen Zeitbestimmung wird der bei dem Kaufe auf die Probe angenommene Zeitraum vermutet.
§ 1085
Ob der neue Käufer besser sei, beurteilt der Verkäufer. Er kann den zweiten Käufer, wenn der erste auch noch mehr zahlen wollte, vorziehen. Bei der Auflösung des Vertrages heben sich die Nutzungen der Sache und des Geldes gegeneinander auf. In Rücksicht der Verbesserungen oder Verschlimmerungen wird der Käufer gleich einem redlichen Besitzer behandelt.
Verkaufsauftrag
§ 1086
Wenn jemand seine bewegliche Sache einem andern für einen gewissen Preis zum Verkaufe übergibt, mit der Bedingung, dass ihm der Übernehmer binnen einer festgesetzten Zeit entweder das bestimmte Kaufgeld liefern oder die Sache zurückstellen soll, so ist der Übergeber vor Verlauf der Zeit die Sache zurückzufordern nicht berechtigt; der Übernehmer aber muss nach deren Ablauf das bestimmte Kaufgeld entrichten.
§ 1087
Während der festgesetzten Zeit bleibt der Übergeber Eigentümer. Der Übernehmer haftet ihm für den durch sein Verschulden verursachten Schaden, und es werden ihm bei Zurückstellung der Sache nur solche Kosten vergütet, die dem Übergeber zum Nutzen gereichen.
§ 1088
Ist die Sache unbeweglich oder ist der Preis oder die Zahlungsfrist nicht bestimmt, so wird der Übernehmer wie ein Gewalthaber angesehen. In keinem Falle kann die zum Verkaufe anvertraute Sache dem Dritten, welcher sie von dem Übernehmer redlicher Weise an sich gebracht hat, abgefordert werden (§ 367).
§ 1089
Auch bei gerichtlichen Verkäufen finden die über Verträge, und den Tausch- und Kaufvertrag insbesondere aufgestellten Vorschriften in der Regel statt, insofern nicht in diesem Gesetze oder in der Gerichtsordnung eigene Anordnungen enthalten sind.
25. Hauptstück
Von Bestand-, Erbpacht- und Erbzinsverträgen
§ 1090
Bestandvertrag
Der Vertrag, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, heisst überhaupt Bestandvertrag.
I. Miet- und Pachtvertrag
§ 1091
Der Bestandvertrag wird, wenn sich die in Bestand gegebene Sache ohne weitere Bearbeitung gebrauchen lässt, ein Mietvertrag, wenn sie aber nur durch Fleiss und Mühe benützt werden kann, ein Pachtvertrag genannt. Werden durch einen Vertrag Sachen von der ersten und zweiten Art zugleich in Bestand gegeben, so ist der Vertrag nach der Beschaffenheit der Hauptsache zu beurteilen.
Erfordernisse
§ 1092
Miet- und Pachtverträge können über die nämlichen Gegenstände und auf die nämliche Art, als der Kaufvertrag geschlossen werden. Der Miet- und Pachtzins wird, wenn keine andere Übereinkunft getroffen worden ist, wie das Kaufgeld entrichtet.
§ 1093
Der Eigentümer kann sowohl seine beweglichen und unbeweglichen Sachen, als seine Rechte in Bestand geben; er kann aber auch in den Fall kommen, den Gebrauch seiner eigenen Sache, wenn er einem Dritten gebührt, in Bestand zu nehmen.
Wirkung
§ 1094
Sind die vertragschliessenden Teile über das Wesentliche des Bestandes, nämlich über die Sache und den Preis, übereingekommen, so ist der Vertrag vollkommen abgeschlossen, und der Gebrauch der Sache für gekauft anzusehen.
§ 1095
Wenn ein Bestandvertrag in die öffentlichen Bücher eingetragen ist, so ist das Recht des Bestandnehmers als ein dingliches Recht zu betrachten, welches sich auch der nachfolgende Besitzer auf die noch übrige Zeit gefallen lassen muss.
Wechselseitige Rechte
1. in Hinsicht auf Überlassung, Erhaltung, Benützung
Wechselseitige Rechte
1. in Hinsicht auf Überlassung, Erhaltung, Benützung
§ 1096
Die Vermieter und Verpächter sind verpflichtet, das Bestandstück auf eigene Kosten in brauchbarem Stande zu übergeben und zu erhalten, und die Bestandinhaber in dem bedungenen Gebrauche oder Genusse nicht zu stören. Die gewöhnlichen Ausbesserungen der Wirtschaftsgebäude hat der Pächter nur in so weit, als sie mit den Materialien des Gutes, und den Diensten, die er nach der Beschaffenheit des Gutes zu fordern berechtiget ist, bestritten werden können, selbst zu tragen, die übrigen aber dem Verpächter zur Besorgung anzuzeigen.
§ 1097
Hat der Bestandnehmer einen dem Bestandgeber obliegenden notwendigen, oder einen nützlichen Aufwand auf das Bestandstück gemacht; so wird er als ein Geschäftsführer ohne Auftrag betrachtet (§ 1036); er muss aber den Ersatz längstens binnen sechs Monaten, nach Zurückstellung des Bestandstückes gerichtlich fordern, sonst ist die Klage erloschen.
§ 1098
Mieter und Pächter sind berechtiget, die Miet- und Pachtstücke dem Vertrage gemäss durch die bestimmte Zeit zu gebrauchen und zu benützen, oder auch in Afterbestand zu geben, wenn es ohne Nachteil des Eigentümers geschehen kann, oder im Vertrage nicht ausdrücklich untersagt worden ist.
§ 1099
2. Lasten
Bei Vermietungen trägt alle Lasten und Abgaben der Vermieter. Bei eigentlichen Pachtungen, wenn sie in Pausch und Bogen geschehen, übernimmt der Pächter, mit Ausschluss der eingetragenen Hypothekarlasten, alle übrige; wird aber die Pachtung nach einem Anschlage geschlossen, so trägt er jene Lasten, welche von dem Ertrage abgezogen worden sind, oder bloss von den Früchten, und nicht von dem Grunde selbst entrichtet werden müssen.
3. Zins
§ 1100
Ausser dem Fall einer besonderen Verabredung ist der Zins, wenn eine Sache auf Ein oder mehrere Jahre in Bestand genommen wird, halbjährig; bei einer kürzeren Bestandzeit hingegen nach Verlauf derselben zu entrichten.
§ 1101 49
Zur Sicherstellung des Miet- oder Pachtzinses hat der Vermieter einer Wohnung das Pfandrecht auf die eingebrachten, dem Mieter oder Aftermieter eigentümlichen, oder von einem Dritten ihnen anvertrauten (§ 367) Einrichtungsstücke und Fahrnisse, welche zur Zeit der Klage noch darin befindlich sind. Der Aftermieter haftet aber nach Mass seines Mietzinses; doch ohne die Einwendung einer dem Hauptmieter geschehenen Vorauszahlung entgegensetzen zu können. Dem Verpächter eines Grundstückes hingegen steht das Pfandrecht auf das auf dem Pachtgute vorhandene Vieh und die Wirtschaftsgerätschaften, und die darauf noch befindlichen Früchte zu.
§ 1102
Der Bestandgeber kann sich zwar die Vorausbezahlung des Bestandzinses bedingen. Hat aber der Bestandnehmer mehr als Eine Fristzahlung voraus geleistet; so kann er dieselbe nur in dem Falle, dass sie in die öffentlichen Bücher eingetragen ist, den später eingetragenen Gläubigern entgegensetzen.
§ 1103
Zins in Früchten
Wenn der Eigentümer sein Gut mit der Bedingung überlässt, dass der Übernehmer die Wirtschaft betreiben, und dem Übergeber einen auf die ganze Nutzung sich beziehenden Teil, z. B. ein Drittteil oder die Hälfte der Früchte geben solle; so entsteht kein Pacht, sondern ein Gesellschaftsvertrag, welcher nach den darüber aufgestellten Regeln beurteilet wird.
Fälle und Bedingungen einer Erlassung des Zinses
§ 1104
Wenn eine in Bestand genommene Sache wegen ausserordentlicher Zufälle, als Feuer, Krieg, oder Seuche, wegen grosser Überschwemmungen, Wetterschläge, oder wegen gänzlichen Misswachses, gar nicht gebraucht oder benützt werden kann; so ist auch kein Miet- oder Pachtzins zu entrichten.
§ 1105
Wird dem Mieter der Gebrauch des Mietstückes nur zum Teile entzogen; so wird ihm auch ein verhältnismässiger Teil des Mietzinses erlassen. Dem Pächter gebührt ein Erlass an dem Pachtzinse, wenn durch ausserordentliche Zufälle die Nutzungen des nur auf Ein Jahr gepachteten Gutes um mehr als die Hälfte des gewöhnlichen Ertrages gefallen sind. Der Verpächter ist so viel zu erlassen schuldig, als durch diesen Abfall an dem Pachtzinse mangelt.
§ 1106
Hat der Bestandnehmer unbestimmt alle Gefahren auf sich genommen; so werden darunter nur die Feuer-, Wasserschäden und Wetterschläge verstanden. Andere ausserordentliche Unglücksfälle kommen nicht auf seine Gefahr. Verbindet er sich aber ausdrücklich, auch alle andere ausserordentliche Unglücksfälle zu tragen; so wird deswegen noch nicht vermutet, dass er auch für den zufälligen Untergang des ganzen Pachtstückes haften wolle.
§ 1107
Wird der Gebrauch oder Genuss des Bestandstückes nicht wegen dessen Beschädigung oder sonst entstandener Unbrauchbarkeit; sondern aus einem dem Bestandnehmer zugestossenen Hindernisse oder Unglücksfalle vereitelt; oder waren zur Zeit der Beschädigung die Früchte von dem Grunde schon abgesondert; so fällt die widrige Ereignung dem Bestandnehmer allein zur Last. Er muss den Zins doch entrichten.
§ 1108
Behauptet der Pächter den Erlass des ganzen Pachtzinses oder eines Teiles davon entweder aus dem Vertrage oder aus dem Gesetze; so muss er dem Verpächter ohne Zeitverlust den geschehenen Unglücksfall anzeigen, und die Begebenheit, wenn sie nicht landkündig ist, gerichtlich, oder wenigstens durch zwei sachkündige Männer erheben lassen; ohne diese Vorsicht wird er nicht angehört.
4. Zurückstellung
§ 1109
Nach geendigtem Bestandvertrage muss der Bestandnehmer die Sache dem etwa errichteten Inventarium gemäss, oder doch in dem Zustande, in welchem er sie übernommen hat; gepachtete Grundstücke aber mit Rücksicht auf die Jahreszeit, in welcher der Pacht geendiget worden ist, in gewöhnlicher wirtschaftlicher Kultur zurückstellen. Weder die Einwendung des Kompensationsrechtes, noch selbst des frühern Eigentumsrechtes kann ihn vor der Zurückstellung schützen.
§ 1110
Wenn bei dem Bestandvertrage kein Inventarium errichtet worden ist, so tritt die nämliche Vermutung, wie bei der Fruchtniessung (§ 518) ein.
§ 1111
Wird das Miet- oder Pachtstück beschädigt oder durch Missbrauch abgenützt, so haften Mieter und Pächter sowohl für ihr eigenes, als des Afterbestandnehmers Verschulden, nicht aber für den Zufall. Doch muss der Bestandgeber den Ersatz aus dieser Haftung längstens binnen einem Jahre nach Zurückstellung des Bestandstückes gerichtlich fordern; sonst ist das Recht erloschen.
5. Auflösung des Bestandvertrages
§ 1112
a) durch Untergang der Sache
Der Bestandvertrag löst sich von selbst auf, wenn die bestandene Sache zu Grunde geht. Geschieht dies aus Verschulden des einen Teiles, so gebührt dem andern Ersatz; geschieht es durch einen Unglücksfall, so ist kein Teil dem andern dafür verantwortlich.
b) Verlauf der Zeit
§ 1113
Der Bestandvertrag erlischt auch durch den Verlauf der Zeit, welcher ausdrücklich oder stillschweigend, entweder durch den nach einem gewissen Zeitraume ausgemessenen Zins, wie bei sogenannten Tag-, Wochen- und Monatzimmern, oder durch die erklärte oder aus den Umständen hervorleuchtende Absicht des Bestandnehmers bedungen worden ist.
Wenn keine Erneuerung geschieht
§ 1114
Der Bestandvertrag kann aber nicht nur ausdrücklich, sondern auch stillschweigend erneuert werden. Ist in dem Vertrage eine vorläufige Aufkündigung bedungen worden, so wird der Vertrag durch die Unterlassung der gehörigen Aufkündigung stillschweigend erneuert. Ist keine Aufkündigung bedungen worden, so geschieht eine stillschweigende Erneuerung, wenn der Bestandnehmer nach Verlauf der Bestandzeit fortfährt, die Sache zu gebrauchen oder zu benützen, und der Bestandgeber es dabei bewenden lässt.
§ 1115
Die stillschweigende Erneuerung des Bestandvertrages geschieht unter den nämlichen Bedingungen, unter welchen er vorher geschlossen war. Doch erstreckt sie sich bei Pachtungen nur auf ein Jahr; wenn aber der ordentliche Genuss erst in einem späteren Zeitraume erfolgen kann, auf eine so lange Zeit, als notwendig ist, um die Nutzungen einmal beziehen zu können. Mietungen, wofür man den Zins erst nach einem ganzen oder halben Jahre zu bezahlen pflegt, werden auf ein halbes Jahr; alle kürzere Mietungen aber auf diejenige Zeit stillschweigend erneuert, welche vorher durch den Bestandvertrag bestimmt war. Von wiederholten Erneuerungen gilt das nämliche, was hier in Rücksicht der ersten Erneuerung vorgeschrieben ist.
c) Aufkündigung
§ 1116
Insofern die Dauer eines Bestandvertrages weder ausdrücklich, noch stillschweigend, noch durch besondere Vorschriften bestimmt ist, muss derjenige, welcher den Vertrag aufheben will, dem andern die Pachtung sechs Monate, die Mietung einer unbeweglichen Sache 14 Tage und einer beweglichen 24 Stunden vorher aufkündigen, als die Abtretung erfolgen soll.
§ 1117
Der Bestandnehmer ist berechtiget, auch vor Verlauf der ausdrücklich oder stillschweigend bedungenen Zeit von dem Vertrage abzustehen, wenn die bestandene Sache ihrer mangelhaften Beschaffenheit wegen zu dem ordentlichen Gebrauche untauglich ist; wenn ein beträchtlicher Teil des Bestandstückes durch Zufall auf eine längere Zeit entzogen, oder unbrauchbar wird; oder, wenn der Bestandgeber dasselbe nicht mehr im brauchbaren Stande erhält.
§ 1118
Der Bestandgeber kann seinerseits die frühere Aufhebung des Vertrages fordern, wenn der Bestandnehmer der Sache einen erheblich nachteiligen Gebrauch davon macht, wenn er nach geschehener Einmahnung mit der Bezahlung des Zinses dergestalt säumig ist, dass er mit Ablauf des Termins den rückständigen Bestandzins nicht vollständig entrichtet hat oder wenn ein vermietetes Gebäude neu aufgeführt werden muss. Eine nützlichere Bauführung ist der Mieter zu seinem Nachteile zuzulassen nicht schuldig, wohl aber notwendige Ausbesserungen.
§ 1119
Wenn dem Vermieter die Notwendigkeit der neuen Bauführung schon zur Zeit des geschlossenen Vertrages bekannt sein musste oder, wenn die Notwendigkeit der durch längere Zeit fortzusetzenden Ausbesserungen aus Vernachlässigung der kleineren Ausbesserungen entstanden ist, so muss dem Mieter für den vermissten Gebrauch eine angemessene Entschädigung geleistet werden.
d) Veräusserung der Sache
§ 1120
Hat der Eigentümer das Bestandstück an einen andern veräussert, und ihm bereits übergeben, so muss der Bestandinhaber, wenn sein Recht nicht in die öffentlichen Bücher eingetragen ist (§ 1095), nach der gehörigen Aufkündigung dem neuen Besitzer weichen. Er ist aber berechtigt, von dem Bestandgeber in Rücksicht auf den erlittenen Schaden und entgangenen Nutzen eine vollkommene Genugtuung zu fordern.
§ 1121
Bei einer notwendigen, gerichtlichen Veräusserung muss der Bestandnehmer selbst in dem Falle, dass sein Recht als ein dingliches Recht eingetragen ist, dem neuen Käufer weichen. Nur in Rücksicht auf eine Entschädigung bleibt ihm sein Vorzugsrecht vorbehalten.
§§ 1122 bis 1150 50
Aufgehoben
26. Hauptstück
Von entgeltlichen Verträgen über Dienstleistungen
1. Lohnvertrag
§ 1151
Wenn jemand sich zur Dienstleistung, oder Verfertigung eines Werkes, gegen einen gewissen Lohn im Gelde, verpflichtet, so entsteht ein Lohnvertrag.
§ 1152
Stillschweigender Lohnvertrag
So bald jemand eine Arbeit oder ein Werk bestellet; so wird auch angenommen, dass er in einen angemessenen Lohn eingewilligt habe. Ist der Lohn weder durch die Verabredung, noch durch ein Gesetz festgesetzt; so bestimmet ihn der Richter.
Rechte aus dem Lohnvertrage
§ 1153
Bei wesentlichen Mängeln, die das Werk zum Gebrauche untüchtig machen, oder der ausdrücklichen Bedingung zuwider laufen, ist der Besteller berechtiget, von dem Vertrage abzugehen. Will er dies nicht; oder sind die Mängel weder wesentlich, noch gegen die ausdrückliche Bedingung; so kann er entweder die Verbesserung, oder eine angemessene Schadloshaltung fordern, und zu dem Ende einen verhältnismässigen Teil des Lohnes zurückhalten.
§ 1154
Wenn der Bestellte aus seiner Schuld das Versprechen in der zur Bedingung gesetzten Zeit nicht erfüllt; so ist der Besteller nicht mehr schuldig, die bestellte Sache anzunehmen; er kann auch für den daraus entstandenen Schaden Ersatz fordern. Zögert aber der Besteller mit der Entrichtung des Lohnes; so ist auch er verbunden, den Bestellten vollkommen zu entschädigen.
§ 1155
Auch für Dienste und Arbeiten, die nicht zu Stande gekommen sind, gebührt der bestellten Person eine angemessene Entschädigung, wenn sie das Geschäft zu verrichten bereit war, und von dem Besteller durch Schuld, oder einen Zufall, der sich in seiner Person ereignet hat, daran verhindert, oder überhaupt durch Zeitverlust verkürzt worden ist.
§ 1156
In der Regel gebührt der Lohn nach vollbrachter Arbeit. Wird aber die Arbeit in gewissen Abteilungen der Zeit oder des Werkes verrichtet; oder sind Auslagen damit verbunden, die der Bestellte nicht auf sich genommen hat; so ist dieser befugt, einen mit der Dienstleistung oder dem Werke verhältnismässigen Teil des Lohnes, und den Ersatz der gemachten Auslagen vor vollendetem Werke oder gänzlich verrichteter Arbeit zu fordern.
§ 1157
Wenn durch einen blossen Zufall der zur Verfertigung eines Werkes vorbereitete Stoff oder das Werk selbst ganz, oder zum Teile zu Grunde geht; so trägt der Eigentümer des Stoffes oder des Werkes den Schaden. Hat aber der Besteller einen zur zweckmässigen Bearbeitung offenbar untauglichen Stoff geliefert; so ist der Arbeiter, wenn die Arbeit aus diesem Grunde mangelhaft ausfällt, und er den Besteller nicht gewarnet hat, für den Schaden verantwortlich.
Wann die Bestellung in einen Kaufvertrag übergehe
§ 1158
Im Zweifel, ob die Bestellung einer Arbeit für einen Kauf- oder für einen Lohnvertrag zu halten sei, wird vermutet, dass derjenige, der den Stoff dazu liefert, den Arbeiter bestellt habe. Hat aber der Arbeiter den Stoff geliefert; so wird ein Kauf vermutet.
§ 1159
Wenn mit dem Lohnvertrage noch andere Nebenverträge verbunden werden; so müssen die jedem derselben angemessenen gesetzlichen Vorschriften beobachtet werden.
Erlöschung des Lohnvertrages
§ 1160
Arbeiter, welche auf eine bestimmte Zeit, oder bis zur Vollendung eines gewissen Werkes bestellet worden sind, können ohne rechtmässigen Grund vor verlaufener Zeit, und vor vollendetem Werke weder die Arbeit aufgeben, noch verabschiedet werden. Wird die Arbeit unterbrochen; so verantwortet jeder Teil sein Verschulden, aber keiner den Zufall.
§ 1161
Nur in dringenden Umständen kann der bestellte Arbeiter oder Werkmeister das ihm aufgetragene Geschäft einem Andern anvertrauen, und selbst in diesem Falle haftet er für ein Verschulden in der Auswahl der Person.
§ 1162
Ein Lohnvertrag über Arbeiten, bei denen auf die besondere Geschicklichkeit der Person Rücksicht genommen zu werden pflegt, wird durch den Tod des Arbeiters aufgehoben, und die Erben können nur den Preis des zubereiteten brauchbaren Stoffes, und einen dem Werte der geleisteten Arbeiten angemessenen Teil des Lohnes fordern. Stirbt der Besteller einer Arbeit; so müssen seine Erben den Vertrag fortsetzen, oder den Bestellten schadlos halten.
§ 1163
Ausdehnung dieser Vorschriften auf Rechtsfreunde, Ärzte u. dgl
Die hier aufgestellten Vorschriften gelten auch von Rechtsfreunden, Ärzten und Wundärzten, Faktoren, Provisoren, Künstlern, Lieferanten und andern Personen, welche sich für ihre Bemühungen einen Gehalt, eine Bestallung, oder sonst eine Belohnung ausdrücklich, oder stillschweigend ausbedungen haben, insofern hierüber keine besonderen Vorschriften bestehen.
2. Verlagsvertrag
§ 1164
Durch den Vertrag über den Verlag einer Schrift wird jemandem von dem Verfasser das Recht erteilet, dieselbe durch den Druck zu vervielfältigen und abzusetzen. Der Verfasser begibt sich dadurch des Rechtes, das nämliche Werk einem Andern in Verlag zu überlassen.
§ 1165
Rechte und Pflichten zwischen dem Verfasser und Verleger
Der Verfasser ist verbunden, das Werk der Verabredung gemäss zu liefern, und der Verleger, gleich nach geliefertem Werke die bedungene Belohnung zu entrichten.
§ 1166
Wird das Werk von dem Schriftsteller zur bestimmten Zeit, oder auf die festgesetzte Art nicht geliefert; so kann der Verleger zurücktreten, und wenn die Ablieferung aus Verschulden des Verfassers unterbleibt, die Schadloshaltung fordern.
§ 1167
Wenn die Zahl der Exemplare bestimmet worden ist; so muss der Verleger zu jeder neuen Auflage die Einwilligung des Verfassers einholen, und über die Bedingungen ein neues Übereinkommen treffen.
§ 1168
Will der Verfasser eine neue Ausgabe, mit Veränderungen in dem Inhalte des Werkes, veranstalten; so ist darüber ebenfalls ein neuer Vertrag zu schliessen. Vor dem Absatze der Auflage aber ist der Verfasser nur dann zu einer neuen Ausgabe berechtiget, wenn er dem Verleger in Rücksicht der vorrätigen Exemplare eine angemessene Schadloshaltung zu leisten bereit ist.
§ 1169
Die Rechte des Schriftstellers in Rücksicht einer neuen Auflage oder Ausgabe gehen auf seine Erben nicht über.
§ 1170
Wenn ein Schriftsteller nach einem ihm von dem Verleger vorgelegten Plane die Bearbeitung eines Werkes übernimmt; so hat er nur auf die bedungene Belohnung Anspruch. Dem Verleger steht in der Folge das ganze freie Verlagsrecht zu.
§ 1171
Diese Vorschriften sind auch auf Landkarten, topographische Zeichnungen und musikalische Kompositionen anzuwenden. Die Beschränkungen des Nachdruckes sind in den politischen Gesetzen enthalten.
§ 1172
3. Vertrag zwischen Dienstherren und dem Gesinde
Die Rechte und Pflichten zwischen den Dienstherren und dem Dienstgesinde sind in den besondern darüber bestehenden Vorschriften enthalten.
§ 1173
Andere entgeltliche Verträge über Dienste
Die Verträge, wodurch eine Sache oder eine Handlung für eine übernommene Handlung versprochen wird, sind nach den über die entgeltlichen Verträge überhaupt, und insbesondere nach den in diesem Hauptstücke aufgestellten Regeln zu beurteilen.
§ 1174
Was jemand wissentlich zur Bewirkung einer unmöglichen oder unerlaubten Handlung gegeben hat, kann er nicht wieder zurückfordern. Inwiefern es der Fiskus einzuziehen berechtiget sei, bestimmen die politischen Verordnungen. Ist aber etwas zur Verhinderung einer unerlaubten Handlung demjenigen, der diese Handlung begehen wollte, gegeben worden; so findet die Zurückforderung statt.
27. Hauptstück
Von dem Vertrage über eine Gemeinschaft der Güter
§§ 1175 bis 1216 51
Aufgehoben
28. Hauptstück
Von den Ehepakten
§ 1217
Ehepakte
Ehepakte heissen diejenigen Verträge, welche in Absicht auf die eheliche Verbindung über das Vermögen geschlossen werden, und haben vorzüglich das Heiratsgut; die Widerlage; Morgengabe; die Gütergemeinschaft; Verwaltung und Fruchtniessung des eigenen Vermögens; die Erbfolge, oder die auf den Todesfall bestimmte lebenslange Fruchtniessung des Vermögens, und den Witwengehalt zum Gegenstande.
§ 1218
1. Heiratsgut
Unter Heiratsgut versteht man dasjenige Vermögen, welches von der Ehegattin, oder für sie von einem Dritten dem Manne zur Erleichterung des mit der ehelichen Gemeinschaft verbundenen Aufwandes übergeben oder zugesichert wird.
§ 1219
Dessen Bestellung
Wenn die Braut eigenes Vermögen besitzt, und volljährig ist; so hängt es von ihr und dem Bräutigam ab, wie sie sich wegen des Heiratsgutes, und wegen anderer wechselseitigen Gaben miteinander verstehen wollen. Ist aber die Braut noch minderjährig; so muss der Vertrag von dem Vater oder Vormunde, mit Genehmigung des vormundschaftlichen Gerichtes, geschlossen werden.
§ 1220
Besitzt die Braut kein eigenes, zu einem angemessenen Heiratsgute hinlängliches Vermögen; so sind Eltern oder Grosseltern nach der Ordnung, als sie die Kinder zu ernähren und zu versorgen verpflichtet sind, verbunden, den Töchtern oder Enkelinnen bei deren Verehelichung ein ihrem Stande und Vermögen angemessenes Heiratsgut zu geben, oder dazu verhältnismässig beizutragen (§ 141 und 143). Eine uneheliche Tochter kann nur von ihrer Mutter ein Heiratsgut verlangen.
§ 1221
Berufen sich Eltern oder Grosseltern auf ihr Unvermögen zur Bestellung eines anständigen Heiratsgutes; so soll auf Ansuchen der Brautpersonen das Gericht die Umstände, jedoch ohne strenge Erforschung des Vermögensstandes, untersuchen, und hiernach ein angemessenes Heiratsgut bestimmen, oder die Eltern und Grosseltern davon freisprechen.
§ 1222
Wenn eine Tochter ohne Wissen, oder gegen den Willen ihrer Eltern sich verehelichet hat, und das Gericht die Ursache der Missbilligung gegründet findet; so sind die Eltern selbst in dem Falle, dass sie in der Folge die Ehe genehmigen, nicht schuldig, ihr ein Heiratsgut zu geben.
§ 1223
Hat eine Tochter ihr Heiratsgut schon erhalten, und es, obschon ohne ihr Verschulden, verloren; so ist sie nicht mehr, selbst nicht in dem Falle einer zweiten Ehe, berechtiget, ein neues zu fordern.
§ 1224
Im Zweifel, ob das Heiratsgut von dem Vermögen der Eltern oder der Braut ausgesetzt worden sei, wird das letztere angenommen. Haben aber Eltern das Heiratsgut ihrer minderjährigen Tochter ohne obervormundschaftliche Genehmigung bereits ausgezahlt; so wird vermutet, dass es die Eltern aus eigenem Vermögen getan haben.
§ 1225
Übergabe
Hat sich der Ehemann vor geschlossener Ehe kein Heiratsgut bedungen; so ist er auch keines zu fordern berechtiget. Die Übergabe des bedungenen Heiratsgutes kann, wenn keine andere Zeit festgesetzt worden ist, gleich nach geschlossener Ehe begehret werden.
§ 1226
und Beweis derselben
Wenn über das Vermögen des Ehemannes ein Konkurs verhängt wird; so macht seine vor Ausbruch des Konkurses geschehene schriftliche oder mündliche Bestätigung, dass er das Heiratsgut empfangen habe, gegen jedermann einen Beweis. Erfolgt aber die Bestätigung erst nach ausgebrochenem Konkurse; so hat sie gegen die Gläubiger keine Beweiskraft.
§ 1227
Gegenstand des Heiratsgutes und Rechte des Ehemannes und der Ehefrau in Rücksicht desselben
Alles, was sich veräussern und nutzen lässt, ist zum Heiratsgute geeignet. Solange die eheliche Gesellschaft fortgesetzt wird, gehört die Fruchtniessung des Heiratsgutes, und dessen, was demselben zuwächst, dem Manne. Besteht das Heiratsgut in barem Gelde, in abgetretenen Schuldforderungen oder verbrauchbaren Sachen; so gebührt ihm das vollständige Eigentum.
§ 1228
Besteht das Heiratsgut in unbeweglichen Gütern, in Rechten oder Fahrnissen, welche mit Schonung der Substanz benutzt werden können; so wird die Ehegattin so lange als Eigentümerin und der Mann als Fruchtniesser desselben angesehen, bis bewiesen wird, dass der Ehemann das Heiratsgut für einen bestimmten Preis übernommen, und sich nur zur Zurückgabe dieses Geldbetrages verbunden hat.
§ 1229
Nach dem Gesetze fällt das Heiratsgut nach dem Tode des Mannes seiner Ehegattin, und wenn sie vor ihm stirbt, ihren Erben heim. Soll sie oder ihre Erben davon ausgeschlossen sein; so muss dieses ausdrücklich bestimmt werden. Wer das Heiratsgut freiwillig bestellet, kann sich ausbedingen, dass es nach dem Tode des Mannes auf ihn zurückfalle.
2. Widerlage
§ 1230
Was der Bräutigam oder ein Dritter der Braut zur Vermehrung des Heiratsgutes aussetzt, heisst Widerlage. Hiervon gebührt zwar der Ehegattin während der Ehe kein Genuss; allein wenn sie den Mann überlebt, gebührt ihr ohne besondere Übereinkunft auch das freie Eigentum, obgleich dem Manne auf den Fall seines Überlebens das Heiratsgut nicht verschrieben worden ist.
§ 1231
Weder der Bräutigam, noch seine Eltern sind verbunden, eine Widerlage zu bestimmen. Doch in eben der Art, in welcher die Eltern der Braut schuldig sind, ihr ein Heiratsgut auszusetzen, liegt auch den Eltern des Bräutigams ob, ihm eine ihrem Vermögen angemessene Ausstattung zu geben (§§ 1220 bis 1223).
§ 1232
3. Morgengabe
Das Geschenk, welches der Mann seiner Gattin am ersten Morgen zu geben verspricht, heisst Morgengabe. Ist dieselbe versprochen worden; so wird im Zweifel vermutet, dass sie binnen den ersten drei Jahren der Ehe schon überreicht worden sei.
4. Gütergemeinschaft
§ 1233
Die eheliche Verbindung allein begründet noch keine Gemeinschaft der Güter zwischen den Eheleuten. Dazu wird ein besonderer Vertrag erfordert, dessen Umfang und rechtliche Form nach den §§ 1177 und 1178 des vorigen Hauptstückes beurteilet wird.
§ 1234
Die Gütergemeinschaft unter Ehegatten wird in der Regel nur auf den Todesfall verstanden. Sie gibt dem Ehegatten das Recht auf die Hälfte dessen, was von den der Gemeinschaft wechselseitig unterzogenen Gütern nach Ableben des andern Ehegatten noch vorhanden sein wird.
§ 1235
Bei einer Gemeinschaft, die sich auf das ganze Vermögen bezieht, sind vor der Teilung alle Schulden ohne Ausnahme; bei einer Gemeinschaft aber, die bloss das gegenwärtige, oder bloss das künftige Vermögen zum Gegenstande hat, nur diejenigen Schulden abzuziehen, die zum Nutzen des gemeinschaftlichen Gutes verwendet worden sind.
§ 1236
Besitzt ein Ehegatte ein unbewegliches Gut, und wird das Recht des andern Ehegatten zur Gemeinschaft in die öffentlichen Bücher eingetragen; so erhält dieser durch die Eintragung auf die Hälfte der Substanz des Gutes ein dingliches Recht, vermöge dessen der eine Ehegatte über diese Hälfte keine Anordnung machen kann; auf die Nutzungen aber während der Ehe erhält er durch die Einverleibung keinen Anspruch. Nach dem Tode des Ehegatten gebührt dem überlebenden Teile sogleich das freie Eigentum seines Anteiles. Doch kann eine solche Einverleibung den auf das Gut früher eingetragenen Gläubigern nicht zum Nachteile gereichen.
5. Verwaltung und Nutzniessung des ursprünglichen oder erworbenen Vermögens
§ 1237
Haben Eheleute über die Verwendung ihres Vermögens keine besondere Übereinkunft getroffen; so behält jeder Ehegatte sein voriges Eigentumsrecht, und auf das, was ein jeder Teil während der Ehe erwirbt, und auf was immer für eine Art überkommt, hat der andere keinen Anspruch. Im Zweifel wird vermutet, dass der Erwerb von dem Manne herrühre.
§ 1238
So lange die Ehegattin nicht widersprochen hat, gilt die rechtliche Vermutung, dass sie dem Manne als ihrem gesetzmässigen Vertreter die Verwaltung ihres freien Vermögens anvertrauet habe.
§ 1239
Der Ehegatte wird in Rücksicht einer solchen Verwaltung zwar überhaupt wie ein anderer bevollmächtigter Sachwalter angesehen; doch haftet er nur für das Stammgut oder Kapital. Über die während der Verwaltung bezogenen Nutzungen ist er, wenn es nicht ausdrücklich bedungen worden, keine Rechnung schuldig; diese wird vielmehr bis auf den Tag der aufgehobenen Verwaltung für berichtigt angesehen.
§ 1240
Auch die Ehegattin ist nicht schuldig, den Fruchtgenuss, den sie ihrem Manne abgetreten, aber während der Ehe selbst bezogen hat, zu verrechnen; es steht aber den Ehegatten frei, dergleichen stillschweigend eingestandene Verwaltungen einzustellen.
§ 1241
In dringenden Fällen, oder bei Gefahr eines Nachteiles, kann dem Ehemanne die Verwaltung des Vermögens, selbst wenn sie ihm ausdrücklich und auf immer verwilliget worden wäre, abgenommen werden. Hingegen ist auch er befugt, der unordentlichen Wirtschaft seiner Gattin Einhalt zu tun, und sie unter den gesetzlichen Vorschriften sogar als Verschwenderin erklären zu lassen.
6. Witwengehalt
§ 1242
Das, was einer Gattin auf den Fall des Witwenstandes zum Unterhalte bestimmt wird, heisst Witwengehalt. Dieser gebührt der Witwe gleich nach dem Tode des Mannes, und soll immer auf drei Monate vorhinein entrichtet werden.
§ 1243
Der Witwe gebührt noch durch sechs Wochen nach dem Tode des Mannes, und wenn sie schwanger ist, bis nach Verlauf von sechs Wochen nach ihrer Entbindung die gewöhnliche Verpflegung aus der Verlassenschaft. So lange sie aber diese Verpflegung geniesst, kann sie keinen Witwengehalt beziehen.
§ 1244
Wenn die Witwe sich verehelichet; so verliert sie das Recht auf den Witwengehalt.
§ 1245
Sicherstellung des Heiratsgutes, der Widerlage und des Witwengehaltes
Wer das Heiratsgut übergibt, ist berechtiget, bei der Übergabe; oder wenn in der Folge Gefahr eintritt, von demjenigen, der es empfängt, eine angemessene Sicherstellung zu fordern. Vormünder und Kuratoren einer pflegebefohlenen Braut können die Sicherstellung des Heiratsgutes, und ebenso der bedungenen Widerlage und des Witwengehaltes ohne Genehmigung des obervormundschaftlichen Gerichtes nicht erlassen.
Schenkungen unter Ehegatten und Verlobten
§ 1246
Die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Schenkungen zwischen Ehegatten wird nach den für die Schenkungen überhaupt bestehenden Gesetzen beurteilt.
§ 1247
Was ein Mann seiner Ehegattin an Schmuck, Edelsteinen und andern Kostbarkeiten zum Putze gegeben hat, wird im Zweifel nicht für gelehnt; sondern für geschenkt angesehen. Wenn aber ein verlobter Teil dem andern; oder auch ein Dritter dem einen oder andern Teile in Rücksicht auf die künftige Ehe etwas zusichert oder schenket; so kann, wenn die Ehe ohne Verschulden des Geschenkgebers nicht erfolgt, die Schenkung widerrufen werden.
§ 1248
Wechselseitige Testamente
Den Ehegatten ist gestattet, in einem und dem nämlichen Testamente sich gegenseitig, oder auch andere Personen als Erben einzusetzen. Auch ein solches Testament ist widerruflich; es kann aber aus der Widerrufung des einen Teiles auf die Widerrufung des andern Teiles nicht geschlossen werden (§ 583).
Erbverträge
Erfordernisse zur Gültigkeit des Erbvertrages
§ 1249 52
Zwischen Ehegatten kann auch ein Erbvertrag, wodurch der künftige Nachlass, oder ein Teil desselben versprochen, und das Versprechen angenommen wird, geschlossen werden (§ 602). Zur Gültigkeit eines solchen Vertrages ist jedoch notwendig, dass er schriftlich mit allen Erfordernissen eines schriftlichen Testamentes errichtet werde.
§ 1250
Ein pflegebefohlener Ehegatte kann zwar die ihm versprochene, unnachteilige Verlassenschaft annehmen, aber die Verfügung über seine eigene Verlassenschaft kann, ohne Genehmhaltung des Gerichtes nur insofern bestehen, als sie ein gültiges Testament ist.
§ 1251
Vorschrift über die eingerückten Bedingungen
Was von Bedingungen bei Verträgen überhaupt gesagt worden ist, muss auch auf Erbverträge zwischen Ehegatten angewendet werden.
Wirkung des Erbvertrages
§ 1252
Ein selbst den öffentlichen Büchern einverleibter Erbvertrag hindert den Ehegatten nicht, mit seinem Vermögen, solange er lebt, nach Belieben zu schalten. Das Recht, welches daraus entsteht, setzt den Tod des Erblassers voraus; es kann von dem Vertragserben, wenn er den Erblasser nicht überlebt, weder auf andere übertragen, noch der künftigen Erbschaft willen eine Sicherstellung gefordert werden.
§ 1253
Durch den Erbvertrag kann ein Ehegatte auf das Recht, zu testieren, nicht gänzlich Verzicht tun. Ein reiner Vierteil, worauf weder der jemandem gebührende Pflichtteil, noch eine andere Schuld haften darf, bleibt kraft des Gesetzes zur freien letzten Anordnung immer vorbehalten. Hat der Erblasser darüber nicht verfügt, so fällt er doch nicht dem Vertragserben, obschon die ganze Verlassenschaft versprochen worden wäre, sondern den gesetzlichen Erben zu.
§ 1254
Erlöschung desselben
Der Erbvertrag kann zum Nachteile des andern Gatten, mit dem er geschlossen worden ist, nicht widerrufen, sondern nur nach Vorschrift der Gesetze entkräftet werden. Den Noterben bleiben ihre Rechte, wie gegen eine andere letzte Anordnung vorbehalten.
Fruchtniessung auf den Todesfall (Advitalitätsrecht)
§ 1255
Wenn ein Ehegatte dem andern die Fruchtniessung seines Vermögens auf den Fall des Überlebens erteilet; so wird er dadurch in der freien Verfügung durch Handlungen unter Lebenden nicht beschränkt; das Recht der Fruchtniessung (§§ 509 bis 520) bezieht sich nur auf den Nachlass des frei vererblichen Vermögens.
§ 1256
Wird aber die Fruchtniessung eines unbeweglichen Gutes mit Einwilligung des Verleihers den öffentlichen Büchern einverleibt; so kann dieselbe in Hinsicht dieses Gutes nicht mehr verkürzt werden.
§ 1257
In dem Falle, dass der überlebende Teil sich wieder verehelichet, oder die Fruchtniessung einem andern abtreten will, haben die Kinder des verstorbenen Ehegatten das Recht zu verlangen, dass ihnen dieselbe gegen einen angemessenen jährlichen Betrag überlassen werde.
§ 1258
Ein Ehegatte, welcher auf die Fruchtniessung der ganzen Verlassenschaft des andern Ehegatten, oder eines Teiles derselben Anspruch macht, hat kein Recht, den ihm in dem Falle der gesetzlichen Erbfolge von dem Gesetze ausgemessenen Anteil zu fordern (§§ 757 bis 759).
§ 1259
Einkindschaft
Die Einkindschaft, das ist ein Vertrag, wodurch Kinder aus verschiedenen Ehen in der Erbfolge einander gleich gehalten werden sollen, hat keine rechtliche Wirkung.
Absonderung des Vermögens in dem Falle
1. eines Konkurses
§ 1260
Wenn über das Vermögen des Mannes bei seinen Lebzeiten ein Konkurs eröffnet wird, so kann die Ehegattin zwar noch nicht die Zurückstellung des Heiratsgutes und die Herausgabe der Widerlage, sondern nur die Sicherstellung für den Fall der Auflösung der Ehe gegen die Gläubiger verlangen. Sie ist überdies berechtigt, von Zeit der Konkurseröffnung den Genuss des witiblichen Unterhaltes, und wenn keiner bedungen ist, den Genuss des Heiratsgutes anzusprechen. Dieser Anspruch auf den einen oder den andern Genuss hat aber nicht statt, wenn bewiesen wird, dass die Ehegattin an dem Verfalle der Vermögensumstände des Mannes Ursache sei.
§ 1261
Verfällt die Gattin mit ihrem Vermögen in den Konkurs, so bleiben die Ehepakte unverändert.
§ 1262
Ist zwischen den Ehegatten eine Gemeinschaft der Güter bedungen, so hört dieselbe durch den Konkurs des einen oder des andern Ehegatten auf, und das zwischen ihnen gemeinschaftliche Vermögen wird, wie bei dem Tode, geteilt.
§ 1263
2. einer freiwilligen
Wenn Ehegatten übereinkommen, geschieden zu leben, so hängt es auch von ihrem Einverständnisse ab, welches immer zugleich zu treffen ist (§§ 103 bis 105), ob sie ihre Ehepakte fortdauern lassen, oder auf welche Art sie dieselben abändern wollen.
§ 1264
oder 3. einer gerichtlichen Scheidung
Ist aber auf die Scheidung durch richterliches Urteil erkannt worden, und trägt kein Teil, oder jeder Teil Schuld an der Scheidung, so kann ein oder der andere Ehegatte verlangen, dass die Ehe-Pakte für aufgehoben erklärt werden; worüber von dem Gerichte stets ein Vergleich zu versuchen ist (§ 108). Ist ein Teil schuldlos, so steht demselben frei, die Fortsetzung oder Aufhebung der Ehe-Pakte, oder nach Umständen, den angemessenen Unterhalt zu verlangen.
§ 1265
4. Nichtigerklärung
Wird eine Ehe für ungültig erklärt; so zerfallen auch die Ehe-Pakte, das Vermögen kommt, in so fern es vorhanden ist, in den vorigen Stand zurück. Der schuldtragende Teil hat aber dem schuldlosen Teile Entschädigung zu leisten (§ 102).
§ 1266
5. Trennung der Ehe
Wird die Trennung der Ehe (§§ 115 und 133) auf Verlangen beider Ehegatten, ihrer unüberwindlichen Abneigung wegen, verwilliget; so sind die Ehe-Pakte, so weit darüber kein Vergleich getroffen wird (§ 117), für beide Teile erloschen. Wird auf die Trennung der Ehe durch Urteil erkannt, so gebührt dem schuldlosen Ehegatten nicht nur volle Genugtuung, sondern von dem Zeitpunkte der erkannten Trennung alles dasjenige, was ihm in den Ehepakten auf den Fall des Überlebens bedungen worden ist. Das Vermögen, worüber eine Gütergemeinschaft bestanden hat, wird wie bei dem Tode geteilt, und das Recht aus einem Erbvertrage bleibt dem Schuldlosen auf den Todesfall vorbehalten. Die gesetzliche Erbfolge (§§ 757 bis 759) kann ein getrennter, obgleich schuldloser Ehegatte nicht ansprechen.
29. Hauptstück
Von den Glücksverträgen
Glücksverträge
§ 1267
Ein Vertrag, wodurch die Hoffnung eines noch ungewissen Vorteiles versprochen und angenommen wird, ist ein Glücksvertrag. Er gehört, je nachdem etwas dagegen versprochen wird oder nicht, zu den entgeltlichen oder unentgeltlichen Verträgen.
§ 1268
Bei Glücksverträgen findet das Rechtsmittel wegen Verkürzung über die Hälfte des Wertes nicht statt.
Arten der Glücksverträge
§ 1269
Glücksverträge sind: die Wette; das Spiel und das Los; alle über gehoffte Rechte oder über künftige noch unbestimmte Sachen errichtete Kauf- und andere Verträge; ferner, die Leibrenten; die gesellschaftlichen Versorgungsanstalten; endlich, die Versicherungs- und Bodmereiverträge.
1. die Wette
§ 1270
Wenn über ein beiden Teilen noch unbekanntes Ereignis ein bestimmter Preis zwischen ihnen für denjenigen, dessen Behauptung der Erfolg entspricht, verabredet wird, so entsteht eine Wette. Hatte der gewinnende Teil von dem Ausgange Gewissheit und verheimlichte er sie dem andern Teile, so macht er sich einer Arglist schuldig und die Wette ist ungültig. Der verlierende Teil aber, dem der Ausgang vorher bekannt war, ist als ein Geschenkgeber anzusehen.
§ 1271
Redliche und sonst erlaubte Wetten sind in so weit verbindlich, als der bedungene Preis nicht bloss versprochen, sondern wirklich entrichtet oder hinterlegt worden ist. Gerichtlich kann der Preis nicht gefordert werden.
§ 1272
2. das Spiel
Jedes Spiel ist eine Art von Wette. Die für Wetten festgesetzten Rechte gelten auch für Spiele. Welche Spiele überhaupt oder für besondere Klassen verboten, wie Personen, die verbotene Spiele treiben, und diejenigen, die ihnen dazu Unterschleif geben, zu bestrafen sind, bestimmen die politischen Gesetze.
3. Los
§ 1273
Ein zwischen Privat-Personen auf eine Wette oder auf ein Spiel abzielendes Los wird nach den für Wetten und Spiele festgesetzten Vorschriften beurteilt. Soll aber eine Teilung, eine Wahl oder eine Streitigkeit durch das Los entschieden werden, so treten dabei die Rechte der übrigen Verträge ein.
§ 1274
Staatslotterien sind nicht nach der Eigenschaft der Wette und des Spieles, sondern nach den jedes Mal darüber kundgemachten Planen, zu beurteilen.
4. Hoffnungskauf
§ 1275
Wer für ein bestimmtes Mass von einem künftigen Erträgnisse einen verhältnismässigen Preis verspricht, schliesst einen ordentlichen Kaufvertrag.
§ 1276
Wer die künftigen Nutzungen einer Sache in Pausch und Bogen oder wer die Hoffnung derselben in einem bestimmten Preise kauft, errichtet einen Glücksvertrag; er trägt die Gefahr der ganz vereitelten Erwartung; es gebühren ihm aber auch alle ordentlich erzielte Nutzungen.
§ 1277 53
insbesondere eines Kuxes
Aufgehoben
oder einer Erbschaft
§ 1278
Der Käufer einer von dem Verkäufer angetretenen, oder ihm wenigstens angefallenen Erbschaft tritt nicht allein in die Rechte; sondern auch in die Verbindlichkeiten des Verkäufers als Erben ein, in so weit diese nicht bloss persönlich sind. Wenn also bei dem Kaufe kein Inventarium zum Grunde gelegt wird, ist auch der Erbschaftskauf ein gewagtes Geschäft.
§ 1279
Auf Sachen, die dem Verkäufer nicht als Erben, sondern aus einem andern Grunde, z. B. als Vorausvermächtnis, als Fideikommiss, als Substitution, als Schuldforderung aus der Verlassenschaft gebühren, und ihm auch ohne Erbrecht gebührt hätten, hat der Erbschaftskäufer keinen Anspruch. Dagegen erhält er alles, was der Erbschaft selbst zuwächst, es sei durch den Abgang eines Legatars oder eines Miterben oder auf was immer für eine andere Art, insoweit der Verkäufer darauf Anspruch gehabt hätte.
§ 1280
Alles, was der Erbe aus dem Erbrechte erhält, wie z. B. die bezogenen Früchte und Forderungen, wird mit zur Masse gerechnet; alles hingegen, was er aus dem Seinigen auf die Antretung der Erbschaft oder auf die Verlassenschaft verwendet hat, wird von der Masse abgezogen. Dahin gehören die bezahlten Schulden, die schon abgeführten Vermächtnisse, Abgaben und Gerichtsgebühren und wenn es nicht ausdrücklich anders verabredet worden ist, auch die Begräbniskosten.
§ 1281
Insoweit der Verkäufer die Verlassenschaft vor der Übergabe verwaltet hat, haftet er dem Käufer dafür, wie ein anderer Geschäftsträger.
§ 1282
Die Erbschaftsgläubiger und Vermächtnisnehmer aber können sich ihrer Befriedigung wegen sowohl an den Käufer der Erbschaft, als an den Erben selbst halten. Ihre Rechte, sowie jene der Erbschaftsschuldner werden durch den Verkauf der Erbschaft nicht geändert, und die Erbschaftsantretung des einen gilt auch für den andern.
§ 1283
Hat man bei dem Verkaufe der Erbschaft ein Inventarium zum Grunde gelegt, so haftet der Verkäufer für dasselbe. Ist der Kauf ohne ein solches Verzeichnis geschehen, so haftet er für die Richtigkeit seines Erbrechtes, wie er es angegeben hat, und für allen dem Käufer durch sein Verschulden zugefügten Schaden.
5. Leibrente
§ 1284
Wird jemandem für Geld oder gegen eine für Geld geschätzte Sache auf die Lebensdauer einer gewissen Person eine bestimmte jährliche Entrichtung versprochen, so ist es ein Leibrentenvertrag.
§ 1285
Die Dauer der Leibrente kann von dem Leben des einen oder andern Teiles oder auch eines Dritten abhängen. Sie wird im Zweifel vierteljährig vorhinein entrichtet und nimmt in allen Fällen mit dem Leben desjenigen, auf dessen Kopf sie beruht, ihr Ende.
§ 1286
Weder die Gläubiger, noch die Kinder desjenigen, welcher sich eine Leibrente bedingt, sind berechtigt, den Vertrag umzustossen. Doch steht den erstern frei, ihre Befriedigung aus den Leibrenten zu suchen; den letztern aber, die Hinterlegung eines entbehrlichen Teiles der Rente zu fordern, um sich den ihnen nach dem Gesetze gebührenden Unterhalt darauf versichern zu lassen.
§ 1287
6. gesellschaftliche Versorgungsanstalten
Der Vertrag, wodurch vermittelst einer Einlage ein gemeinschaftlicher Versorgungsfonds für die Mitglieder, ihre Gattinnen oder Waisen errichtet wird, ist aus der Natur und dem Zwecke einer solchen Anstalt, und den darüber festgesetzten Bedingungen, zu beurteilen.
7. Versicherungsvertrag
§ 1288
Wenn jemand die Gefahr des Schadens, welcher einen andern ohne dessen Verschulden treffen könnte, auf sich nimmt, und ihm gegen einen gewissen Preis den bedungenen Ersatz zu leisten verspricht, so entsteht der Versicherungsvertrag. Der Versicherer haftet dabei für den zufälligen Schaden, und der Versicherte für den versprochenen Preis.
§ 1289
Der gewöhnliche Gegenstand dieses Vertrages sind Waren, die zu Wasser oder zu Lande verführt werden. Es können aber auch andere Sachen, z. B. Häuser und Grundstücke gegen Feuer-, Wasser- und andere Gefahren versichert werden.
§ 1290
Ereignet sich der zufällige Schade, wofür die Entschädigung versichert worden ist, so muss der Versicherte, wenn kein unüberwindliches Hindernis dazwischen kommt oder nichts anderes verabredet worden ist, dem Versicherer, wenn sie sich im nämlichen Orte befinden, binnen drei Tagen, sonst aber in derjenigen Zeitfrist davon Nachricht geben, welche zur Bekanntmachung der Annahme eines von einem Abwesenden gemachten Versprechens bestimmt worden ist (§ 862). Unterlässt er die Anzeige, kann er den Unfall nicht erweisen oder kann der Versicherer beweisen, dass der Schade aus Verschulden des Versicherten entstanden ist, so hat dieser auch keinen Anspruch auf die versicherte Summe.
§ 1291
Wenn der Untergang der Sache dem Versicherten oder der gefahrlose Zustand derselben dem Versicherer zur Zeit des geschlossenen Vertrages schon bekannt war, so ist der Vertrag ungültig.
§ 1292
Bodmerei- und Seeassekuranzen
Die Bestimmungen in Rücksicht der Versicherungen zur See sowie die Vorschriften über den Bodmereivertrag sind ein Gegenstand der Seegesetze.
30. Hauptstück
Von dem Rechte des Schadensersatzes und der Genugtuung
§ 1293
Schade
Schade heisst jeder Nachteil, welcher jemandem an Vermögen, Rechten oder seiner Person zugefügt worden ist. Davon unterscheidet sich der Entgang des Gewinnes, den jemand nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge zu erwarten hat.
§ 1294
Quellen der Beschädigung
Der Schade entspringt entweder aus einer widerrechtlichen Handlung oder Unterlassung eines andern oder aus einem Zufalle. Die widerrechtliche Beschädigung wird entweder willkürlich oder unwillkürlich zugefügt. Die willkürliche Beschädigung aber gründet sich teils in einer bösen Absicht, wenn der Schade mit Wissen und Willen, teils in einem Versehen, wenn er aus schuldbarer Unwissenheit oder aus Mangel der gehörigen Aufmerksamkeit oder des gehörigen Fleisses verursacht worden ist. Beides wird ein Verschulden genannt.
Von der Verbindlichkeit zum Schadenersatze
1. Von dem Schaden aus Verschulden
§ 1295
Jedermann ist berechtiget, von dem Beschädiger den Ersatz des Schadens, welchen dieser ihm aus Verschulden zugefügt hat, zu fordern; der Schade mag durch Übertretung einer Vertragspflicht, oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein.
§ 1296
Im Zweifel gilt die Vermutung, dass ein Schade ohne Verschulden eines andern entstanden sei.
§ 1297
Es wird aber auch vermutet, dass jeder, welcher den Verstandesgebrauch besitzt, eines solchen Grades des Fleisses und der Aufmerksamkeit fähig sei, welcher bei gewöhnlichen Fähigkeiten angewendet werden kann. Wer bei Handlungen, woraus eine Verkürzung der Rechte eines andern entsteht, diesen Grad des Fleisses oder der Aufmerksamkeit unterlässt, macht sich eines Versehens schuldig.
§ 1298
Wer vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner vertragsmässigen oder gesetzlichen Verbindlichkeit ohne sein Verschulden verhindert worden sei, dem liegt der Beweis ob.
insbesondere a) der Sachverständigen
§ 1299
Wer sich zu einem Amte, zu einer Kunst, zu einem Gewerbe oder Handwerke öffentlich bekennt; oder wer ohne Not freiwillig ein Geschäft übernimmt, dessen Ausführung eigene Kunstkenntnisse oder einen nicht gewöhnlichen Fleiss erfordert, gibt dadurch zu erkennen, dass er sich den notwendigen Fleiss und die erforderlichen, nicht gewöhnlichen Kenntnisse zutraue; er muss daher den Mangel derselben vertreten. Hat aber derjenige, welcher ihm das Geschäft überliess, die Unerfahrenheit desselben gewusst oder bei gewöhnlicher Aufmerksamkeit wissen können, so fällt zugleich dem letzteren ein Versehen zur Last.
§ 1300
Ein Sachverständiger ist auch dann verantwortlich, wenn er gegen Belohnung in Angelegenheiten seiner Kunst oder Wissenschaft aus Versehen einen nachteiligen Rat erteilt. Ausser diesem Falle haftet ein Ratgeber nur für den Schaden, welchen er wissentlich durch Erteilung des Rates dem andern verursacht hat.
oder b) mehrerer Teilnehmer
§ 1301
Für einen widerrechtlich zugefügten Schaden können mehrere Personen verantwortlich werden, indem sie gemeinschaftlich, unmittelbarer oder mittelbarer Weise, durch Verleiten, Drohen, Befehlen, Helfen, Verhehlen u. dgl. oder, auch nur durch Unterlassung der besonderen Verbindlichkeit, das Übel zu verhindern, dazu beigetragen haben.
§ 1302
In einem solchen Falle verantwortet, wenn die Beschädigung in einem Versehen gegründet ist, und die Anteile sich bestimmen lassen, jeder nur den durch sein Versehen verursachten Schaden. Wenn aber der Schaden vorsätzlich zugefügt worden ist oder, wenn die Anteile der Einzelnen an der Beschädigung sich nicht bestimmen lassen, so haften alle für einen und einer für alle; doch bleibt demjenigen, welcher den Schaden ersetzt hat, der Rückersatz gegen die übrigen vorbehalten.
§ 1303
Inwieweit mehrere Mitschuldner bloss aus der unterlassenen Erfüllung ihrer Verbindlichkeit zu haften haben, ist aus der Beschaffenheit des Vertrages zu beurteilen.
§ 1304
Wenn bei einer Beschädigung zugleich ein Verschulden von Seite des Beschädigten eintritt, so trägt er mit dem Beschädiger den Schaden verhältnismässig und, wenn sich das Verhältnis nicht bestimmen lässt, zu gleichen Teilen.
§ 1305
2. aus dem Gebrauche des Rechtes
Wer von seinem Rechte innerhalb der rechtlichen Schranken Gebrauch macht, hat den für einen Andern daraus entspringenden Nachteil nicht zu verantworten.
3. aus einer schuldlosen oder unwillkürlichen Handlung
§ 1306
Den Schaden, welchen jemand ohne Verschulden oder durch eine unwillkürliche Handlung verursacht hat, ist er in der Regel zu ersetzen nicht schuldig.
§ 1307
Wenn sich aber jemand aus eigenem Verschulden in einen vorübergehenden Zustand der Sinnenverwirrung versetzt hat; so ist auch der in demselben verursachte Schade seinem Verschulden zuzuschreiben. Eben dieses gilt von einem Dritten, welcher diesen Zustand durch sein Verschulden bei dem Beschädiger veranlasset hat.
§ 1308
Wenn Wahn- oder Blödsinnige, oder Kinder jemanden beschädigen, der durch irgend ein Verschulden hierzu selbst Veranlassung gegeben hat; so kann er keinen Ersatz ansprechen.
§ 1309
Ausser diesem Falle gebührt ihm der Ersatz von denjenigen Personen, denen der Schade wegen Vernachlässigung der ihnen über solche Personen anvertrauten Obsorge beigemessen werden kann.
§ 1310
Kann der Beschädigte auf solche Art den Ersatz nicht erhalten, so soll der Richter mit Erwägung des Umstandes, ob dem Beschädiger, ungeachtet er gewöhnlich seines Verstandes nicht mächtig ist, in dem bestimmten Falle nicht dennoch ein Verschulden zur Last liege; oder ob der Beschädigte aus Schonung des Beschädigers die Verteidigung unterlassen habe; oder endlich, mit Rücksicht auf das Vermögen des Beschädigers und des Beschädigten; auf den ganzen Ersatz oder doch einen billigen Teil desselben erkennen.
4. durch Zufall
§ 1311
Der blosse Zufall trifft denjenigen, in dessen Vermögen oder Person er sich ereignet. Hat aber jemand den Zufall durch ein Verschulden veranlasst, hat er ein Gesetz, das den zufälligen Beschädigungen vorzubeugen sucht, übertreten oder sich ohne Not in fremde Geschäfte gemengt, so haftet er für allen Nachteil, welcher ausser dem nicht erfolgt wäre.
§ 1312
Wer in einem Notfalle jemandem einen Dienst geleistet hat, dem wird der Schade, welchen er nicht verhütet hat, nicht zugerechnet, es wäre denn, dass er einen andern, der noch mehr geleistet haben würde, durch seine Schuld daran verhindert hätte. Aber auch in diesem Falle kann er den sicher verschafften Nutzen gegen den verursachten Schaden in Rechnung bringen.
5. durch fremde Handlungen
§ 1313
Für fremde, widerrechtliche Handlungen, woran jemand keinen Teil genommen hat, ist er in der Regel auch nicht verantwortlich. Selbst in den Fällen, wo die Gesetze das Gegenteil anordnen, bleibt ihm der Rückersatz gegen den Schuldtragenden vorbehalten.
Ausnahmen
§ 1314
Wenn jemand eine Dienstperson ohne Zeugnis aufnimmt; oder, eine durch ihre Leibes- oder Gemüts-Beschaffenheit gefährliche Person im Dienste wissentlich behält; oder, einem bekannten Verbrecher Aufenthalt gibt; so haftet er dem Hausherrn, und den Hausgenossen für den Ersatz des durch die gefährliche Beschaffenheit dieser Person verursachten Schadens.
§ 1315
Eben so haftet derjenige, welcher wissentlich eine solche gefährliche; oder, wer zu einem Geschäfte eine untüchtige Person bestellet hat, für den Schaden, welchen ein Dritter hierdurch erlitten hat.
§ 1316
Wirte, Schiffer und Fuhrleute verantworten den Schaden, welche ihre eigenen, oder die von ihnen zugewiesenen Dienstpersonen an den übernommenen Sachen einem Reisenden in ihrem Hause, oder in ihrem Schiffe, oder an der Befrachtung verursachen (§ 970).
§ 1317
Inwiefern bei öffentlichen Versendungsanstalten für den Schaden eine Haftung übernommen werde, bestimmen die besondern Vorschriften.
§ 1318
Wird jemand durch das Herabfallen einer gefährlich aufgehängten oder gestellten Sache oder durch Herauswerfen oder Herausgiessen aus einer Wohnung beschädigt, so haftet derjenige, aus dessen Wohnung geworfen oder gegossen worden oder die Sache herabgefallen ist, für den Schaden.
§ 1319
Wegen wahrscheinlicher Gefahr, dass ein Schild, ein Geschirr, oder eine andere über einem gangbaren Platze aufgehängte oder gestellte Sache fallen, und die Vorübergehenden beschädigen könnte, steht noch Niemandem eine gerichtliche Klage; wohl aber jedermann das Recht zu, der allgemeinen Sicherheit wegen, die Gefahr bei der politischen Behörde anzuzeigen.
§ 1320
6. durch ein Tier
Wird jemand durch ein Tier beschädiget; so ist derjenige dafür verantwortlich, der es dazu angetrieben, gereizt, oder zu verwahren vernachlässiget hat. Kann Niemand eines Verschuldens dieser Art überwiesen werden; so wird die Beschädigung für einen Zufall gehalten.
§ 1321 54
Aufgehoben
§ 1322 55
Aufgehoben
Arten des Schadensersatzes
§ 1323
Um den Ersatz eines verursachten Schadens zu leisten, muss alles in den vorigen Stand zurückversetzt, oder, wenn dieses nicht tunlich ist, der Schätzungswert vergütet werden. Betrifft der Ersatz nur den erlittenen Schaden, so wird er eigentlich eine Schadloshaltung; wofern er sich aber auch auf den entgangenen Gewinn, und die Tilgung der verursachten Beleidigung erstreckt, volle Genugtuung genannt.
§ 1324
In dem Falle eines aus böser Absicht, oder aus einer auffallenden Sorglosigkeit verursachten Schadens ist der Beschädigte volle Genugtuung; in den übrigen Fällen aber nur die eigentliche Schadloshaltung zu fordern berechtiget. Hiernach ist in den Fällen, wo im Gesetze der allgemeine Ausdruck: Ersatz, vorkommt, zu beurteilen, welche Art des Ersatzes zu leisten sei.
Insbesondere
1. bei Verletzungen an dem Körper
§ 1325
Wer jemanden an seinem Körper verletzt, bestreitet die Heilungskosten des Verletzten, ersetzt ihm den entgangenen oder, wenn der Beschädigte zum Erwerb unfähig wird, auch den künftig entgehenden Verdienst und bezahlt ihm auf Verlangen überdies ein den erhobenen Umständen angemessenes Schmerzengeld.
§ 1326
Ist die verletzte Person durch die Misshandlung verunstaltet worden, so muss zumal, wenn sie weiblichen Geschlechtes ist, insofern auf diesen Umstand Rücksicht genommen werden, als ihr besseres Fortkommen dadurch verhindert werden kann.
§ 1327
Erfolgt aus einer körperlichen Verletzung der Tod, so müssen nicht nur alle Kosten, sondern es muss auch jedem, der durch die Tötung seinen Versorger verloren hat, alles das, was ihm dadurch entgangen sein würde, ersetzt werden.
§ 1328
Wer eine Weibsperson verführt, und mit ihr ein Kind zeugt, bezahlt die Kosten der Entbindung und des Wochenbettes, und erfüllt die übrigen, in dem 3. Hauptstücke des 1. Teiles festgesetzten Vaterspflichten. In welchen Fällen die Verführung zugleich als ein Verbrechen, oder als eine schwere Polizei-Übertretung bestraft werde, enthält das Strafgesetz.
§ 1329
2. an der persönlichen Freiheit
Wer jemanden durch gewaltsame Entführung, durch Privatgefangennehmung oder vorsätzlich durch einen widerrechtlichen Arrest seiner Freiheit beraubt, ist verpflichtet, dem Verletzten die vorige Freiheit zu verschaffen und volle Genugtuung zu leisten. Kann er ihm die Freiheit nicht mehr verschaffen, so muss er den Hinterbliebenen, wie bei der Tötung, Ersatz leisten.
§ 1330 56
3. an der Ehre
Aufgehoben
4. an dem Vermögen
§ 1331
Wird jemand an seinem Vermögen vorsätzlich oder durch auffallende Sorglosigkeit eines andern beschädigt, so ist er auch den entgangenen Gewinn, und wenn der Schade vermittelst einer durch ein Strafgesetz verbotenen Handlung oder aus Mutwillen und Schadenfreude verursacht worden ist, den Wert der besondern Vorliebe zu fordern berechtigt.
§ 1332
Der Schade, welcher aus einem mindern Grade des Versehens oder der Nachlässigkeit verursacht worden ist, wird nach dem gemeinen Werte, den die Sache zur Zeit der Beschädigung hatte, ersetzt.
Insonderheit durch Verzögerung der Zahlung
Verzögerungszinse
§ 1333 57
Der Schade, welchen der Schuldner seinem Gläubiger durch Verzögerung der bedungenen Zahlung des schuldigen Kapitals zugefügt hat, wird durch die von dem Gesetze bestimmten Zinsen vergütet (§ 995).
§ 1334
Eine Verzögerung fällt einem Schuldner überhaupt zur Last, wenn er den durch Gesetz oder Vertrag bestimmten Zahlungstag nicht zuhält oder wenn er in dem Falle, dass die Zahlungszeit nicht bestimmt ist, nach dem Tage der geschehenen gerichtlichen oder aussergerichtlichen Einmahnung sich nicht mit dem Gläubiger abgefunden hat.
§ 1335
Hat der Gläubiger ohne gerichtliche Einmahnung die Zinsen bis auf den Betrag der Hauptschuld steigen lassen, so erlischt das Recht, von dem Kapitale weitere Zinsen zu fordern. Von dem Tage der erhobenen Klage können jedoch neuerdings Zinsen verlangt werden.
§ 1336 58
Bedingung des Vergütungsbetrages (Konventionalstrafe)
Die vertragschliessenden Teile können eine besondere Übereinkunft treffen, dass, auf den Fall des entweder gar nicht, oder nicht auf gehörige Art, oder des zu spät erfüllten Versprechens, anstatt des zu vergütenden Nachteiles ein bestimmter Geld- oder anderer Betrag entrichtet werden solle (§ 912). Doch darf bei Darleihen der Betrag, worauf der Richter erkennet, wegen verzögerter Zahlung die höchsten rechtlichen Zinsen nicht übersteigen. In andern Fällen ist der Vergütungsbetrag, wenn er von dem Schuldner als übermässig erwiesen wird, von dem Richter, allenfalls nach Einvernehmung der Sachverständigen, zu mässigen. Die Bezahlung des Vergütungsbetrages befreiet, ausser dem Falle einer besonderen Verabredung, nicht von der Erfüllung des Vertrages.
§ 1337
Verbindlichkeit der Erben des Beschädigers
Die Verbindlichkeit zum Ersatze des Schadens und des entgangenen Gewinnes oder zur Entrichtung des bedungenen Vergütungsbetrages haftet auf dem Vermögen und geht auf die Erben über.
Rechtsmittel der Entschädigung
§ 1338
Das Recht zum Schadenersatze muss in der Regel, wie jedes andere Privatrecht, bei dem ordentlichen Richter angebracht werden. Hat der Beschädiger zugleich ein Strafgesetz übertreten, so trifft ihn auch die verhängte Strafe. Die Verhandlung über den Schadenersatz aber gehört auch in diesem Falle, insofern sie nicht durch die Strafgesetze dem Strafgerichte oder der politischen Behörde aufgetragen ist, zu dem Zivilgerichte.
§ 1339
Die körperlichen Verletzungen, die widerrechtlichen Kränkungen der Freiheit, und die Ehrenbeleidigungen, werden nach Beschaffenheit der Umstände, entweder als Verbrechen von dem Kriminalgerichte, oder als schwere Polizeiübertretungen, und wenn sie zu keiner dieser Klassen gehören, als Vergehungen von der politischen Obrigkeit untersucht und bestraft.
§ 1340
Diese Behörden haben in dem Falle, dass sich die Entschädigung unmittelbar bestimmen lässt, sogleich darüber nach den in diesem Hauptstücke erteilten Vorschriften zu erkennen. Wenn aber der Ersatz des Schadens nicht unmittelbar bestimmt werden kann, ist in dem Erkenntnisse überhaupt auszudrücken, dass dem Beschädigten die Entschädigung im Wege Rechtens zu suchen vorbehalten bleibe. Dieser Weg ist auch in Kriminalfällen dem Beschädigten, und in andern Fällen beiden Teilen dann vorbehalten, wenn sie mit der von der Strafbehörde erfolgten Bestimmung des Ersatzes sich nicht befriedigen wollten.
§ 1341
Gegen das Verschulden eines Richters beschwert man sich bei der höhern Behörde. Diese untersucht und beurteilt die Beschwerde von Amts wegen.
3. Teil
Von den gemeinschaftlichen Bestimmungen der Personen- und Sachenrechte
1. Hauptstück
Von Befestigung der Rechte und Verbindlichkeiten
§ 1342
Gemeinschaftliche Bestimmungen der Rechte
Sowohl Personenrechte als Sachenrechte, und daraus entspringende Verbindlichkeiten können gleichförmig befestigt, umgeändert und aufgehoben werden.
Arten der Befestigung eines Rechtes
§ 1343
Die rechtlichen Arten der Sicherstellung einer Verbindlichkeit und der Befestigung eines Rechtes, durch welche dem Berechtigten ein neues Recht eingeräumt wird, sind: die Verpflichtung eines Dritten für den Schuldner und die Verpfändung.
I. durch Verpflichtung eines Dritten
§ 1344
Ein Dritter kann sich dem Gläubiger für den Schuldner auf dreierlei Art verpflichten: einmal, wenn er mit Einwilligung des Gläubigers die Schuld als Alleinzahler übernimmt; dann, wenn er der Verbindlichkeit als Mitschuldner beitritt; endlich, wenn er sich für die Befriedigung des Gläubigers auf den Fall verbindet, dass der erste Schuldner die Verbindlichkeit nicht erfülle.
§ 1345
Wenn jemand mit Einwilligung des Gläubigers die ganze Schuld eines andern übernimmt, so geschieht keine Befestigung, sondern eine Umänderung der Verbindlichkeit, wovon in dem folgenden Hauptstücke gehandelt wird.
§ 1346
a) Als Bürge
Wer sich zur Befriedigung des Gläubigers auf den Fall verpflichtet, dass der erste Schuldner die Verbindlichkeit nicht erfülle, wird ein Bürge, und das zwischen ihm und dem Gläubiger getroffene Übereinkommen ein Bürgschaftsvertrag genannt. Hier bleibt der erste Schuldner noch immer der Hauptschuldner, und der Bürge kommt nur als Nachschuldner hinzu.
§ 1347
b) Als Mitschuldner
Wenn jemand, ohne die den Bürgen zustatten kommende Bedingung, einer Verbindlichkeit als Mitschuldner beitritt, so entsteht eine Gemeinschaft mehrerer Mitschuldner, deren rechtliche Folgen nach den in dem Hauptstücke von Verträgen überhaupt gegebenen Vorschriften zu beurteilen sind (§§ 888 bis 896).
§ 1348
Entschädigungsbürge
Wer dem Bürgen auf den Fall, dass derselbe durch seine Bürgschaft zu Schaden kommen sollte, Entschädigung zusagt, heisst Entschädigungsbürge.
§ 1349
Wer sich verbürgen könne
Fremde Verbindlichkeiten kann ohne Unterschied des Geschlechtes jedermann auf sich nehmen, dem die freie Verwaltung seines Vermögens zusteht.
Für welche Verbindlichkeiten
§ 1350
Eine Bürgschaft kann nicht nur über Summen und Sachen, sondern auch über erlaubte Handlungen und Unterlassungen in Beziehung auf den Vorteil oder Nachteil, welcher aus denselben für den Sichergestellten entstehen kann, geleistet werden.
§ 1351
Verbindlichkeiten, welche nie zu Recht bestanden haben oder schon aufgehoben sind, können weder übernommen, noch bekräftigt werden.
§ 1352
Wer sich für eine Person verbürgt, die sich vermöge ihrer persönlichen Eigenschaft nicht verbinden kann, ist, obschon ihm diese Eigenschaft unbekannt war, gleich einem ungeteilten Mitschuldner verpflichtet (§ 896).
Umfang der Bürgschaft
§ 1353
Die Bürgschaft kann nicht weiter ausgedehnt werden, als sich der Bürge ausdrücklich erklärt hat. Wer sich für ein zinsbares Kapital verbürgt, haftet nur für jene rückständigen Zinsen, welche der Gläubiger noch nicht einzutreiben berechtigt war.
§ 1354
Von der Einwendung, wodurch ein Schuldner nach Vorschrift der Gesetze die Beibehaltung eines Teiles seines Vermögens zu seinem Unterhalte zu fordern berechtigt ist, kann der Bürge nicht Gebrauch machen.
Wirkung
§ 1355
Der Bürge kann in der Regel erst dann belangt werden, wenn der Hauptschuldner auf des Gläubigers gerichtliche oder aussergerichtliche Einmahnung seine Verbindlichkeit nicht erfüllt hat.
§ 1356
Der Bürge kann aber, selbst wenn er sich ausdrücklich nur für den Fall verbürgt hat, dass der Hauptschuldner zu zahlen unvermögend sei, zuerst belangt werden, wenn der Hauptschuldner in Konkurs verfallen, oder wenn er zur Zeit, als die Zahlung geleistet werden sollte, unbekannten Aufenthaltes, und der Gläubiger keiner Nachlässigkeit zu beschuldigen ist.
§ 1357
Wer sich als Bürge und Zahler verpflichtet hat, haftet als ungeteilter Mitschuldner für die ganze Schuld; es hängt von der Willkür des Gläubigers ab, ob er zuerst den Hauptschuldner oder den Bürgen oder beide zugleich belangen wolle (§ 891).
§ 1358
Wer die Schuld eines Andern bezahlt, tritt in die Rechte des Gläubigers, und ist befugt, von dem Schuldner den Ersatz der bezahlten Schuld zu fordern. Zu diesem Ende ist der befriedigte Gläubiger verbunden, dem Zahler alle vorhandene Rechtsbehelfe und Sicherstellungsmittel auszuliefern.
§ 1359
Haben für den nämlichen ganzen Betrag mehrere Personen Bürgschaft geleistet, so haftet jede für den ganzen Betrag. Hat aber eine von ihnen die ganze Schuld abgetragen, so gebührt ihr gleich dem Mitschuldner (§ 896) das Recht des Rückersatzes gegen die übrigen.
§ 1360
Wenn dem Gläubiger vor oder bei Leistung der Bürgschaft noch ausser derselben von dem Hauptschuldner oder einem Dritten ein Pfand gegeben wird, so steht ihm zwar noch immer frei, den Bürgen der Ordnung nach (§ 1355) zu belangen, aber er ist nicht befugt, zu dessen Nachteil sich des Pfandes zu begeben.
§ 1361
Hat der Bürge oder Zahler den Gläubiger befriedigt, ohne sich mit dem Hauptschuldner einzuverstehen, so kann dieser alles gegen jene einwenden, was er gegen den Gläubiger hätte einwenden können.
§ 1362
Der Bürge kann von dem Entschädigungsbürgen nur dann Entschädigung verlangen, wenn er sich den Schaden nicht durch sein eigenes Verschulden zugezogen hat.
Arten der Erlöschung der Bürgschaft
§ 1363
Die Verbindlichkeiten des Bürgen hört verhältnismässig mit der Verbindlichkeit des Schuldners auf. Hat sich der Bürge nur auf eine gewisse Zeit verpflichtet, so haftet er nur für diesen Zeitraum. Die Entlassung eines Mitbürgen kommt diesem zwar gegen den Gläubiger, aber nicht gegen die übrigen Mitbürgen zustatten (§ 896).
§ 1364
Durch den Verlauf der Zeit, binnen welcher der Schuldner hätte zahlen sollen, wird der Bürge, wenn auch der Gläubiger auf die Befriedigung nicht gedrungen hat, noch nicht von seiner Bürgschaft befreit; allein er ist befugt, von dem Schuldner, wenn er mit dessen Einwilligung Bürgschaft geleistet hat, zu verlangen, dass er ihm Sicherheit verschaffe. Auch der Gläubiger ist dem Bürgen insoweit verantwortlich, als dieser wegen dessen Saumseligkeit in Eintreibung der Schuld an Erholung des Ersatzes zu Schaden kommt.
§ 1365
Wenn gegen den Schuldner ein gegründetes Besorgnis der Zahlungsunfähigkeit oder der Entfernung aus den Erbländern, für welche dieses Gesetzbuch vorgeschrieben ist, eintritt, so steht dem Bürgen das Recht zu, von dem Schuldner die Sicherstellung der verbürgten Schuld zu verlangen.
§ 1366
Wenn das verbürgte Geschäft beendigt ist, so kann die Abrechnung, und die Aufhebung der Bürgschaft gefordert werden.
§ 1367 59
Ist der Bürgschaftsvertrag weder durch eine Hypothek, noch durch ein Faustpfand befestigt, so erlischt er binnen drei Jahren nach dem Tode des Bürgen, wenn der Gläubiger in der Zwischenzeit unterlassen hat, von dem Erben die verfallene Schuld gerichtlich oder aussergerichtlich einzumahnen.
II. Durch Pfandvertrag
§§ 1368 bis 1372 60
Aufgehoben
Auf welche Art in der Regel Sicherstellung zu leisten ist
§ 1373
Wer verbunden ist, eine Sicherstellung zu leisten, muss diese Verbindlichkeit durch ein Handpfand oder durch eine Hypothek erfüllen. Nur in dem Falle, dass er ein Pfand zu geben ausserstande ist, werden taugliche Bürgen angenommen.
§ 1374
Niemand ist schuldig, eine Sache, die zur Sicherstellung dienen soll, in einem höheren, als dem, bei Häusern auf die Hälfte, bei Grundstücken aber, und bei beweglichen Gütern auf zwei Drittteile der Schätzung bestimmten Werte zum Pfande anzunehmen. Wer ein angemessenes Vermögen besitzt und in der Provinz belangt werden kann, ist ein tauglicher Bürge.
2. Hauptstück
Von Umänderung der Rechte und Verbindlichkeiten
§ 1375
Umänderung der Rechte und Verbindlichkeiten
Es hängt von dem Willen des Gläubigers und des Schuldners ab, ihre gegenseitigen willkürlichen Rechte und Verbindlichkeiten umzuändern. Die Umänderung kann ohne oder mit Hinzukunft einer dritten Person, und zwar entweder eines neuen Gläubigers oder eines neuen Schuldners, geschehen.
1. durch Novation
§ 1376
Die Umänderung ohne Hinzukunft einer dritten Person findet statt, wenn der Rechtsgrund oder wenn der Hauptgegenstand einer Forderung verwechselt wird, folglich die alte Verbindlichkeit in eine neue übergeht.
§ 1377
Eine solche Umänderung heisst Neuerungsvertrag (Novation). Vermöge dieses Vertrages hört die vorige Hauptverbindlichkeit auf, und die neue nimmt zugleich ihren Anfang.
§ 1378
Die mit der vorigen Hauptverbindlichkeit verknüpften Bürgschafts-, Pfand- und anderen Rechte erlöschen durch den Neuerungsvertrag, wenn die Teilnehmer nicht durch ein besonderes Einverständnis hierüber etwas anderes festgesetzt haben.
§ 1379
Die näheren Bestimmungen, wo, wann und wie eine schon vorhandene Verbindlichkeit erfüllt werden soll, und andere Nebenbestimmungen, wodurch in Rücksicht auf den Hauptgegenstand oder Rechtsgrund keine Umänderung geschieht, sind ebensowenig als ein Neuerungsvertrag anzusehen, als die blosse Ausstellung eines neuen Schuldscheines oder einer andern dahin gehörigen Urkunde. Auch kann eine solche Abänderung in den Nebenbestimmungen einem Dritten, welcher derselben nicht beigezogen worden ist, keine neue Last auflegen. Im Zweifel wird die alte Verbindlichkeit nicht für aufgelöst gehalten, solange sie mit der neuen noch wohl bestehen kann.
2. Vergleich
§ 1380
Ein Neuerungsvertrag, durch welchen streitige oder zweifelhafte Rechte dergestalt bestimmt werden, dass jede Partei sich wechselseitig etwas zu geben, zu tun oder zu unterlassen verbindet, heisst Vergleich. Der Vergleich gehört zu den zweiseitig verbindlichen Verträgen und wird nach eben denselben Grundsätzen beurteilt.
§ 1381
Wer dem Verpflichteten mit dessen Einwilligung ein unstreitiges oder zweifelhaftes Recht unentgeltlich erlässt, macht eine Schenkung (§ 939).
Ungültigkeit eines Vergleiches in Rücksicht des Gegenstandes
§ 1382
Es gibt zweifelhafte Fälle, welche durch einen Vergleich nicht beigelegt werden dürfen. Dahin gehört der zwischen Eheleuten über die Gültigkeit ihrer Ehe entstandene Streit. Diesen kann nur der durch das Gesetz bestimmte Gerichtsstand entscheiden.
§ 1383
Über den Inhalt einer letzten Anordnung kann vor deren Bekanntmachung kein Vergleich errichtet werden. Die hierüber entstandene Wette wird nach den Grundsätzen von Glücksverträgen beurteilt.
§ 1384
Vergleiche über Gesetzesübertretungen sind nur in Hinsicht auf die Privatgenugtuung gültig; die gesetzmässige Untersuchung und Bestrafung kann dadurch bloss dann abgewendet werden, wenn die Übertretungen von der Art sind, dass die Behörde nur auf Verlangen der Parteien ihr Amt zu handeln angewiesen ist.
oder anderer Mängel
§ 1385
Ein Irrtum kann den Vergleich nur insoweit ungültig machen, als er die Wesenheit der Person oder des Gegenstandes betrifft.
§ 1386
Aus dem Grunde einer Verletzung über die Hälfte kann ein redlich errichteter Vergleich nicht angefochten werden.
§ 1387
Ebensowenig können neu gefundene Urkunden, wenn sie auch den gänzlichen Mangel eines Rechtes auf Seite einer Partei entdeckten, einen redlich eingegangenen Vergleich entkräften.
§ 1388
Ein offenbarer Rechnungsverstoss oder ein Fehler, welcher bei dem Abschlusse eines Vergleiches in dem Summieren oder Abziehen begangen wird, schadet keinem der vertragmachenden Teile.
§ 1389
Umfang des Vergleiches
Ein Vergleich, welcher über eine besondere Streitigkeit geschlossen worden ist, erstreckt sich nicht auf andere Fälle. Selbst allgemeine, auf alle Streitigkeiten überhaupt lautende Vergleiche sind auf solche Rechte nicht anwendbar, die geflissentlich verheimlicht worden sind oder auf welche die sich vergleichenden Parteien nicht denken konnten.
Wirkung in Rücksicht der Nebenverbindlichkeiten
§ 1390
Bürgen und Pfänder, welche zur Sicherheit des ganzen noch streitigen Rechtes gegeben worden sind, haften auch für den Teil, der durch den Vergleich bestimmt worden ist. Doch bleiben dem Bürgen und einem dritten Verpfänder, welche dem Vergleiche nicht beigestimmt haben, alle Einwendungen gegen den Gläubiger vorbehalten, welche ohne geschlossenen Vergleich der Forderung hätten entgegengesetzt werden können.
§ 1391
Der Vertrag, wodurch Parteien zur Entscheidung streitiger Rechte einen Schiedsrichter bestellen, erhält seine Bestimmung in der Gerichtsordnung.
3. Zession
§ 1392
Wenn eine Forderung von einer Person an die andere übertragen und von dieser angenommen wird, so entsteht die Umänderung des Rechtes mit Hinzukunft eines neuen Gläubigers. Eine solche Handlung heisst Abtretung (Zession), und kann mit oder ohne Entgelt geschlossen werden.
§ 1393 61
Gegenstände der Zession
Alle veräusserlichen Rechte sind ein Gegenstand der Abtretung. Rechte, die der Person ankleben, folglich mit ihr erlöschen, können nicht abgetreten werden. Schuldscheine, die auf den Überbringer lauten, werden schon durch die Übergabe abgetreten und bedürfen nebst dem Besitze keines andern Beweises der Abtretung.
Wirkung
§ 1394
Die Rechte des Übernehmers sind mit den Rechten des Überträgers in Rücksicht auf die überlassene Forderung ebendieselben.
§ 1395
Durch den Abtretungsvertrag entsteht nur zwischen dem Überträger (Zedent) und dem Übernehmer der Forderung (Zessionar), nicht aber zwischen dem letzten und dem übernommenen Schuldner (Zessus) eine neue Verbindlichkeit. Daher ist der Schuldner, solange ihm der Übernehmer nicht bekannt wird, berechtigt, den ersten Gläubiger zu bezahlen oder sich sonst mit ihm abzufinden.
§ 1396
Dieses kann der Schuldner nicht mehr, sobald ihm der Übernehmer bekannt gemacht worden ist; allein es bleibt ihm das Recht, seine Einwendungen gegen die Forderung anzubringen. Hat er die Forderung gegen den redlichen Übernehmer für richtig erkannt, so ist er verbunden, denselben als seinen Gläubiger zu befriedigen.
Haftung des Zedenten
§ 1397
Wer eine Forderung ohne Entgelt abtritt, also verschenkt, haftet nicht weiter für dieselbe. Kommt aber die Abtretung auf eine entgeltliche Art zustande, so haftet der Überträger dem Übernehmer sowohl für die Richtigkeit, als für die Einbringlichkeit der Forderung, jedoch nie für mehr, als er von dem Übernehmer erhalten hat.
§ 1398
Insofern der Übernehmer über die Einbringlichkeit der Forderung aus den öffentlichen Pfandbüchern sich belehren konnte, gebührt ihm in Rücksicht der Uneinbringlichkeit keine Entschädigung. Auch für eine zur Zeit der Abtretung einbringliche und durch einen blossen Zufall oder durch Versehen des Übernehmers uneinbringlich gewordene Forderung haftet der Überträger nicht.
§ 1399
Ein Versehen dieser Art begeht der Übernehmer, wenn er die Forderung zur Zeit, als sie aufgekündigt werden kann, nicht aufkündigt oder nach verfallener Zahlungsfrist nicht eintreibt, wenn er dem Schuldner nachsieht, wenn er die noch mögliche Sicherheit zu rechter Zeit sich zu verschaffen versäumt oder die gerichtliche Exekution zu betreiben unterlässt.
4. Anweisung (Assignation)
4. Anweisung (Assignation)
§ 1400
Durch die Hinzukunft eines neuen Schuldners kann eine Umänderung der Verbindlichkeit entstehen, wenn der Schuldner an seine Stelle einen Dritten als Zahler stellet, und den Gläubiger an ihn anweiset.
§ 1401
Vollständige Anweisung
Wenn der angewiesene Gläubiger (Assignatar) den ihm zum Zahler zugewiesenen Dritten (Assignaten) anstatt des anweisenden Schuldners (Assignanten) annimmt, und der Assignat einwilliget; so ist die Anweisung (Assignation) vollständig, der Assignatar kann in der Regel (§§ 1406 und 1407) die Forderung gegen den Assignanten nicht mehr stellen.
Unvollständige
§ 1402
So lange diese dreifache Einwilligung nicht vorhanden ist, bleibt die Assignation unvollständig, und sie ist nur für diejenigen Teile wirksam, die mit einander einverstanden sind.
§ 1403
Hat der Anweiser einem Dritten, der ihm nichts schuldig ist, die Zahlung aufgetragen; so steht diesem frei, die Anweisung anzunehmen oder nicht. Nimmt er sie nicht an, so kommt keine neue Verbindlichkeit zu Stande; nimmt er sie an, so entsteht ein Vollmachtsvertrag zwischen ihm und dem Assignanten, aber noch kein Vertrag mit dem Assignatar.
§ 1404
Der Assignant kann eine von dem Assignatar noch nicht angenommene Assignation widerrufen. In diesem Falle ist der Assignat aus der Vollmacht nicht mehr befugt, dem Assignatar die Zahlung zu leisten.
§ 1405
Will der Assignatar die erhaltene Anweisung nicht annehmen, oder wird dieselbe von dem Assignaten nicht angenommen, oder kann sie diesem seiner Abwesenheit wegen nicht vorgezeigt werden; so muss der Assignatar dem Assignanten ohne Verzug davon Nachricht geben; widrigen Falls haftet er dem Assignanten für die nachteiligen Folgen.
§ 1406
Hat der Assignatar und der Assignat die Anweisung angenommen, letzterer leistet aber die Zahlung nicht zur gehörigen Zeit; so haftet der Assignant dem Assignatar dafür unter den nämlichen Beschränkungen, unter welchen der Zedent dem Übernehmer für die Richtigkeit und Einbringlichkeit der Forderung zu haften hat (§§ 1397 und 1399).
§ 1407
Hat jedoch der Assignatar den Assignaten als Alleinzahler anzunehmen sich ausdrücklich oder stillschweigend dadurch erklärt, dass er seinen bisherigen Schuldner quittiert, oder ihm die Schuldurkunde ausgehändiget hat; so wird der Assignant von aller Haftung gegen ihn befreiet.
§ 1408
Wenn der Assignant seinem Schuldner als Assignaten die Zahlung nur in eben dem Masse, als er sie ihm zu leisten schuldig war, aufträgt, und den Assignatar an ihn zum Empfange anweiset; so gilt dem Assignatar die Assignation als eine Abtretungsurkunde, und es tritt zwischen ihm und dem Assignaten eben das Verhältnis ein, welches zwischen dem Übernehmer einer Forderung und dem übernommenen Schuldner, dem der Übernehmer bekannt gemacht worden ist, Statt findet.
§ 1409
Wenn der Assignat über eine solche Assignation, die zugleich eine Zession in sich begreift, die Zahlung ohne Grund verweigert, oder wenn ein Assignat überhaupt, nachdem er dem Assignatar die Zahlung zugesagt hat, damit zögert; so haftet er für die Folgen. Hat er hingegen die auf sich genommene Zahlung in gehöriger Art, und in einem grösseren Betrage, als er dem Assignanten schuldig war, geleistet; so gebührt ihm von diesem der Ersatz (§ 1404).
§ 1410
Handelsleute halten sich in Rücksicht der Anweisungen an die besonderen, für sie bestehenden Vorschriften.
3. Hauptstück
Von Aufhebung der Rechte und Verbindlichkeiten
Aufhebung der Rechte und Verbindlichkeiten
§ 1411
Rechte und Verbindlichkeiten stehen in einem solchen Zusammenhange, dass mit Erlöschung des Rechtes die Verbindlichkeit und mit Erlöschung der letzteren das Recht aufgehoben wird.
1. Durch die Zahlung
§ 1412
Die Verbindlichkeit wird vorzüglich durch die Zahlung, das ist, durch die Leistung dessen, was man zu leisten schuldig ist, aufgelöst (§ 469).
Wie die Zahlung zu leisten
§ 1413
Gegen seinen Willen kann weder der Gläubiger gezwungen werden, etwas anderes anzunehmen, als er zu fordern hat, noch der Schuldner, etwas anderes zu leisten, als er zu leisten verbunden ist. Dieses gilt auch von der Zeit, dem Orte und der Art, die Verbindlichkeit zu erfüllen.
§ 1414
Wird, weil der Gläubiger und der Schuldner einverstanden sind oder weil die Zahlung selbst unmöglich ist, etwas anderes an Zahlungsstatt gegeben, so ist die Handlung als ein entgeltliches Geschäft zu betrachten.
§ 1415
Der Gläubiger ist nicht schuldig, die Zahlung einer Schuldpost teilweise oder auf Abschlag anzunehmen. Sind aber verschiedene Posten zu zahlen, so wird diejenige für abgetragen gehalten, welche der Schuldner mit Einwilligung des Gläubigers tilgen zu wollen, sich ausdrücklich erklärt hat.
§ 1416
Wird die Willensmeinung des Schuldners bezweifelt oder von dem Gläubiger widersprochen, so sollen zuerst die Zinsen, dann das Kapital, von mehreren Kapitalien aber dasjenige, welches schon eingefordert oder wenigstens fällig ist, und nach diesem dasjenige, welches schuldig zu bleiben dem Schuldner am meisten beschwerlich fällt, abgerechnet werden.
wann
§ 1417
Wenn die Zahlungsfrist auf keine Art bestimmt ist, so tritt die Verbindlichkeit, die Schuld zu zahlen, erst mit dem Tage ein, an welchem die Einmahnung geschehen ist (§ 904).
§ 1418
In gewissen Fällen wird die Zahlungsfrist durch die Natur der Sache bestimmt. Alimente werden wenigstens auf einen Monat voraus bezahlt. Stirbt der Verpflegte während dieser Zeit, so sind dessen Erben nicht schuldig, etwas von der Vorauszahlung zurückzugeben.
§ 1419
Hat der Gläubiger gezögert, die Zahlung anzunehmen, so fallen die widrigen Folgen auf ihn.
§ 1420
Wenn der Ort und die Art der Leistung nicht bestimmt sind; so müssen die oben (§ 905) aufgestellten Vorschriften angewendet werden. Zahlungen, die ausser dem Falle eines Vertrags zu leisten sind, ist der Schuldner nur am Orte seines Wohnsitzes abzuführen schuldig.
von wem
§ 1421
Auch eine Person, die sonst unfähig ist, ihr Vermögen zu verwalten kann eine richtige und verfallene Schuld rechtmässig abtragen und sich ihrer Verbindlichkeit entledigen. Hätte sie aber eine noch ungewisse oder nicht verfallene Schuld abgetragen, so ist ihr Vormund oder Kurator berechtigt, das Bezahlte zurückzufordern.
§ 1422
Kann und will ein Dritter anstatt des Schuldners mit dessen Einverständnis nach Mass der eingegangenen Verbindlichkeit bezahlen; so muss der Gläubiger die Bezahlung annehmen, und dem Zahler sein Recht abtreten; doch hat in diesem Falle der Gläubiger, ausser dem Falle des Betruges, weder für die Einbringlichkeit, noch für die Richtigkeit der Forderung zu haften.
§ 1423
Ohne Einwilligung des Schuldners kann dem Gläubiger die Zahlung von einem Dritten in der Regel (§ 462) nicht aufgedrungen werden. Nimmt er sie aber an; so ist der Zahler berechtiget, selbst noch nach der geleisteten Zahlung, die Abtretung des dem Gläubiger zustehenden Rechtes zu verlangen.
§ 1424
an wen
Der Schuldbetrag muss dem Gläubiger oder dessen zum Empfange geeigneten Machthaber oder demjenigen geleistet werden, den das Gericht als Eigentümer der Forderung erkannt hat. Was jemand an eine Person bezahlt hat, die ihr Vermögen nicht selbst verwalten darf, ist er insoweit wieder zu zahlen verbunden, als das Bezahlte nicht wirklich vorhanden oder zum Nutzen des Empfängers verwendet worden ist.
§ 1425
Gerichtliche Hinterlegung der Schuld
Kann eine Schuld aus dem Grunde, weil der Gläubiger unbekannt, abwesend oder mit dem Angebotenen unzufrieden ist oder aus andern wichtigen Gründen nicht bezahlt werden, so steht dem Schuldner bevor, die abzutragende Sache bei dem Gerichte zu hinterlegen oder, wenn sie dazu nicht geeignet ist, die gerichtliche Einleitung zu deren Verwahrung anzusuchen. Jede dieser Handlungen, wenn sie rechtmässig geschehen und dem Gläubiger bekannt gemacht worden ist, befreit den Schuldner von seiner Verbindlichkeit, und wälzt die Gefahr der geleisteten Sache auf den Gläubiger.
Quittungen
§ 1426
Der Zahler ist in allen Fällen berechtiget, von dem Befriedigten eine Quittung, nämlich ein schriftliches Zeugnis der erfüllten Verbindlichkeit, zu verlangen. In der Quittung muss der Name des Schuldners und des Gläubigers, sowie der Ort, die Zeit und der Gegenstand der getilgten Schuld ausgedrückt, und sie muss von dem Gläubiger, oder dessen Machthaber unterschrieben werden.
§ 1427
Eine Quittung über das bezahlte Kapital gründet die Vermutung, dass auch die Zinsen davon bezahlt worden seien.
§ 1428
Besitzt der Gläubiger von dem Schuldner einen Schuldschein, so ist er nebst Ausstellung einer Quittung verbunden, denselben zurückzugeben oder die allenfalls geleistete Abschlagszahlung auf dem Schuldscheine selbst abschreiben zu lassen. Der zurückerhaltene Schuldschein ohne Quittung gründet für den Schuldner die rechtliche Vermutung der geleisteten Zahlung; er schliesst aber den Gegenbeweis nicht aus. Ist der Schuldschein, welcher zurückgegeben werden soll, in Verlust geraten, so ist der Zahlende berechtigt, Sicherstellung zu fordern oder den Betrag gerichtlich zu hinterlegen, und zu verlangen, dass der Gläubiger die Tötung des Schuldscheines der Gerichtsordnung gemäss bewirke.
§ 1429
Eine Quittung, die der Gläubiger dem Schuldner für eine abgetragene neuere Schuldpost ausgestellt hat, beweist zwar nicht, dass auch andere ältere Posten abgetragen worden seien: wenn es aber gewisse Gefälle, Renten oder solche Zahlungen betrifft, welche, wie Geld-, Grund-, Haus- oder Kapitalzinsen, aus eben demselben Titel und zu einer gewissen Zeit geleistet werden sollen, so wird vermutet, dass derjenige, welcher sich mit der Quittung des letztverfallenen Termines ausweist, auch die früher verfallenen berichtigt habe.
§ 1430
Ebenso wird von Handels- und Gewerbsleuten, welche mit ihren Abnehmern (Kunden) zu gewissen Fristen die Rechnungen abzuschliessen pflegen, vermutet, dass ihnen, wenn sie über die Rechnung aus einer späteren Frist quittiert haben, auch die früheren Rechnungen bezahlt seien.
Zahlung einer Nichtschuld
§ 1431
Wenn jemandem aus einem Irrtume, wäre es auch ein Rechtsirrtum, eine Sache oder eine Handlung geleistet worden, wozu er gegen den Leistenden kein Recht hat, so kann in der Regel im ersten Falle die Sache zurückgefordert, im zweiten aber ein dem verschafften Nutzen angemessener Lohn verlangt werden.
§ 1432
Doch können Zahlungen einer verjährten oder einer solchen Schuld, welche nur aus Mangel der Förmlichkeiten ungültig ist oder zu deren Eintreibung das Gesetz bloss das Klagerecht versagt, ebensowenig zurückgefordert werden, als wenn jemand eine Zahlung leistet, von der er weiss, dass er sie nicht schuldig ist.
§ 1433
Diese Vorschrift (§ 1432) kann aber auf den Fall, in welchem ein Pflegebefohlener oder eine andere Person bezahlt hat, welche nicht frei über ihr Eigentum verfügen kann, nicht angewendet werden.
§ 1434
Die Zurückstellung des Bezahlten kann auch dann begehrt werden, wenn die Schuldforderung auf was immer für eine Art noch ungewiss ist oder wenn sie noch von der Erfüllung einer beigesetzten Bedingung abhängt. Die Bezahlung einer richtigen und unbedingten Schuld kann aber deswegen nicht zurückgefordert werden, weil die Zahlungsfrist noch nicht verfallen ist.
§ 1435
Auch Sachen, die als eine wahre Schuldigkeit gegeben worden sind, kann der Geber von dem Empfänger zurückfordern, wenn der rechtliche Grund, sie zu behalten, aufgehört hat.
§ 1436
War jemand verbunden, aus zwei Sachen nur eine nach seiner Willkür zu geben, und hat er aus Irrtum beide gegeben, so hängt es von ihm ab, die eine oder die andere zurückzufordern.
§ 1437
Der Empfänger einer bezahlten Nichtschuld wird als ein redlicher oder unredlicher Besitzer angesehen, je nachdem er den Irrtum des Gebers gewusst hat oder aus den Umständen vermuten musste oder nicht.
2. Kompensation
§ 1438
Wenn Forderungen gegenseitig zusammentreffen, die richtig, gleichartig, und so beschaffen sind, dass eine Sache, die dem einen als Gläubiger gebührt, von diesem auch als Schuldner dem andern entrichtet werden kann, so entsteht, insoweit die Forderungen sich gegen einander ausgleichen, eine gegenseitige Aufhebung der Verbindlichkeiten (Kompensation), welche schon für sich die gegenseitige Zahlung bewirkt.
§ 1439
Zwischen einer richtigen und nicht richtigen, so wie zwischen einer fälligen und noch nicht fälligen Forderung findet die Kompensation nicht statt. Inwiefern gegen eine Konkursmasse die Kompensation stattfinde, wird in der Gerichtsordnung bestimmt.
§ 1440
Eben so lassen sich Forderungen, welche ungleichartige, oder bestimmte und unbestimmte Sachen zum Gegenstande haben, gegen einander nicht aufheben. Eigenmächtig entzogene, entlehnte oder in Verwahrung genommene Stücke sind überhaupt kein Gegenstand der Kompensation.
§ 1441
Ein Schuldner kann seinem Gläubiger dasjenige nicht in Aufrechnung bringen, was dieser einem Dritten und der Dritte dem Schuldner zu zahlen hat. Selbst eine Summe, die jemand an eine Staatskasse zu fordern hat, kann gegen eine Zahlung, die er an eine andere Staatskasse leisten muss, nicht abgerechnet werden.
§ 1442
Wenn eine Forderung allmählich auf mehrere übertragen wird, so kann der Schuldner zwar die Forderung, welche er zur Zeit der Abtretung an den ersten Inhaber derselben hatte, sowie auch jene, die ihm gegen den letzten Inhaber zusteht, in Abrechnung bringen, nicht aber auch diejenige, welche ihm an einen der Zwischeninhaber zustand.
§ 1443
Gegen eine den öffentlichen Büchern einverleibte Forderung kann die Einwendung der Kompensation einem Zessionar nur dann entgegengesetzt werden, wenn die Gegenforderung ebenfalls und zwar bei der Forderung selbst eingetragen oder dem Zessionar bei Übernehmung der letztern bekanntgemacht worden ist.
§ 1444
3. Entsagung
In allen Fällen, in welchen der Gläubiger berechtigt ist, sich seines Rechtes zu begeben, kann er demselben auch zum Vorteile seines Schuldners entsagen, und hierdurch die Verbindlichkeit des Schuldners aufheben.
4. Vereinigung
§ 1445
So oft auf was immer für eine Art das Recht mit der Verbindlichkeit in einer Person vereinigt wird, erlöschen beide, ausser wenn es dem Gläubiger noch frei steht, eine Absonderung seiner Rechte zu verlangen (§§ 802 und 812) oder wenn Verhältnisse von ganz verschiedener Art eintreten. Daher wird durch die Nachfolge des Schuldners in die Verlassenschaft seines Gläubigers in den Rechten der Erbschaftsgläubiger, der Miterben oder Legatare, und durch die Beerbung des Schuldners und Bürgen in den Rechten des Gläubigers nichts geändert.
§ 1446
Rechte und Verbindlichkeiten, welche den öffentlichen Büchern einverleibt sind, werden durch die Vereinigung in Einer Person nicht aufgehoben, bis die Löschung aus den öffentlichen Büchern erfolgt ist (§§ 469 und 526).
§ 1447
5. Untergang der Sache
Der zufällige gänzliche Untergang einer bestimmten Sache hebt alle Verbindlichkeit, selbst die, den Wert derselben zu vergüten, auf. Dieser Grundsatz gilt auch für diejenigen Fälle, in welchen die Erfüllung der Verbindlichkeit oder die Zahlung einer Schuld durch einen andern Zufall unmöglich wird. In jedem Falle muss aber der Schuldner das, was er um die Verbindlichkeit in Erfüllung zu bringen, erhalten hat, zwar gleich einem redlichen Besitzer, jedoch auf eine solche Art zurückstellen oder vergüten, dass er aus dem Schaden des Andern keinen Gewinn zieht.
§ 1448
6. Tod
Durch den Tod erlöschen nur solche Rechte und Verbindlichkeiten, welche auf die Person eingeschränkt sind oder die bloss persönliche Handlungen des Verstorbenen betreffen.
7. Verlauf der Zeit
§ 1449
Rechte und Verbindlichkeiten erlöschen auch durch den Verlauf der Zeit, worauf sie durch einen letzten Willen, Vertrag, richterlichen Ausspruch oder durch das Gesetz beschränkt sind. Auf welche Art sie durch die von dem Gesetze bestimmte Verjährung aufgehoben werden, wird in dem folgenden Hauptstücke festgesetzt.
§ 1450
Von der Einsetzung in den vorigen Stand
Die bürgerlichen Gesetze, nach welchen widerrechtliche Handlungen und Geschäfte, wenn die Verjährung nicht im Wege steht, unmittelbar bestritten werden können, gestatten keine Einsetzung in den vorigen Stand. Die zum gerichtlichen Verfahren gehörigen Fälle der Einsetzung in den vorigen Stand sind in der Gerichtsordnung bestimmt.
4. Hauptstück
Von der Verjährung und Ersitzung
§ 1451
Verjährung
Die Verjährung ist der Verlust eines Rechtes, welches während der von dem Gesetze bestimmten Zeit nicht ausgeübt worden ist.
§ 1452
Ersitzung
Wird das verjährte Recht vermöge des gesetzlichen Besitzes zugleich auf jemand andern übertragen, so heisst es ein ersessenes Recht, und die Erwerbungsart Ersitzung.
§ 1453
Wer verjähren und ersitzen kann
Jeder, der sonst zu erwerben fähig ist, kann auch ein Eigentum oder andere Rechte durch Ersitzung erwerben.
§ 1454
Gegen wen
Die Verjährung und Ersitzung kann gegen alle Privatpersonen, welche ihre Rechte selbst auszuüben fähig sind, stattfinden. Gegen Mündel und Pflegebefohlene; gegen Kirchen, Gemeinden und andere moralische Körper; gegen Verwalter des öffentlichen Vermögens und gegen diejenigen, welche ohne ihr Verschulden abwesend sind, wird sie nur unter den unter (§§ 1494, 1472 und 1475) folgenden Beschränkungen gestattet.
Welche Gegenstände
§ 1455
Was sich erwerben lässt, kann auch ersessen werden. Sachen hingegen, welche man vermöge ihrer wesentlichen Beschaffenheit oder vermöge der Gesetze nicht besitzen kann, ferner Sachen und Rechte, welche schlechterdings unveräusserlich sind, sind kein Gegenstand der Ersitzung.
§ 1456
Aus diesem Grunde können weder die dem Staatsoberhaupte als solchem allein zukommenden Rechte, z. B. das Recht, Zölle anzulegen, Münzen zu prägen, Steuern auszuschreiben und andere Hoheitsrechte (Regalien) durch Ersitzung erworben, noch die diesen Rechten entsprechenden Schuldigkeiten verjährt werden.
§ 1457
Andere dem Staatsoberhaupte zukommende, doch nicht ausschliessend vorbehaltene Rechte, z. B. auf Waldungen, Jagden, Fischereien u. dgl., können zwar überhaupt von andern Staatsbürgern, doch nur binnen einem längeren als dem gewöhnlichen Zeitraume (§ 1472) ersessen werden.
§ 1458
Die Rechte eines Ehegatten, eines Vaters, eines Kindes und andere Personenrechte sind kein Gegenstand der Ersitzung. Doch kommt denjenigen, welche dergleichen Rechte redlicher Weise ausüben, die schuldlose Unwissenheit zur einstweiligen Behauptung und Ausübung ihrer vermeinten Rechte zustatten.
§ 1459
Die Rechte eines Menschen über seine Handlungen und über sein Eigentum, z. B. eine Ware da oder dort zu kaufen, seine Wiesen oder sein Wasser zu benutzen, unterliegen, ausser dem Falle, dass das Gesetz mit der binnen einem Zeitraume unterlassenen Ausübung ausdrücklich den Verlust derselben verknüpft, keiner Verjährung. Hat aber eine Person der andern die Ausübung eines solchen Rechtes untersagt oder sie daran verhindert, so fängt der Besitz des Untersagungsrechtes von Seite der einen gegen die Freiheit der andern von dem Augenblicke an, als sich diese dem Verbote oder der Verhinderung gefügt hat, und es wird dadurch, wenn alle übrigen Erfordernisse eintreffen, die Verjährung oder die Ersitzung bewirkt (§§ 313 und 351).
Erfordernisse zur Ersitzung
1. Besitz
§ 1460
Zur Ersitzung wird nebst der Fähigkeit der Person und des Gegenstandes erfordert: dass jemand die Sache oder das Recht, die auf diese Art erworben werden sollen, wirklich besitze, dass sein Besitz rechtmässig, redlich und echt sei, und durch die ganze von dem Gesetze bestimmte Zeit fortgesetzt werde (§§ 309, 316, 326 und 345).
und zwar a) ein rechtmässiger
§ 1461
Jeder Besitz, der sich auf einen solchen Titel gründet, welcher zur Übernahme des Eigentumes, wenn solches dem Übergeber gebührt hätte, hinlänglich gewesen wäre, ist rechtmässig und zur Ersitzung hinreichend. Dergleichen sind, z. B. das Vermächtnis, die Schenkung, das Darlehen, der Kauf und Verkauf, der Tausch, die Zahlung, usw.
§ 1462
Verpfändete, geliehene, in Verwahrung oder zur Fruchtniessung gegebene Sachen können von Gläubigern, Entlehnern und Verwahrern oder Fruchtniessern, aus Mangel eines rechtmässigen Titels, niemals ersessen werden. Ihre Erben stellen die Erblasser vor und haben nicht mehr Titel als dieselben. Nur dem dritten rechtmässigen Besitzer kann die Ersitzungszeit zustatten kommen.
§ 1463
b) redlicher
Der Besitz muss redlich sein. Die Unredlichkeit des vorigen Besitzers hindert aber einen redlichen Nachfolger oder Erben nicht, die Ersitzung von dem Tage seines Besitzes anzufangen (§ 1493).
§ 1464
c) echter
Der Besitz muss auch echt sein. Wenn jemand sich einer Sache mit Gewalt oder List bemächtigt oder in den Besitz heimlich einschleicht oder eine Sache nur bittweise besitzt, so kann weder er selbst, noch können seine Erben dieselbe verjähren.
2. Verlauf der Zeit
§ 1465
Zur Ersitzung und Verjährung ist auch der in dem Gesetze vorgeschriebene Verlauf der Zeit notwendig. Ausser dem, durch die Gesetze für einige besondere Fälle festgesetzten Zeitraume, wird hier das in allen übrigen Fällen zur Ersitzung oder Verjährung nötige Zeitmass überhaupt bestimmt. Es kommt dabei sowohl auf die Verschiedenheit der Rechte und der Sachen, als der Personen an.
Ersitzungszeit
Ordentliche
§ 1466
Das Eigentumsrecht, dessen Gegenstand eine bewegliche Sache ist, wird durch einen dreijährigen rechtlichen Besitz ersessen.
§ 1467
Von unbeweglichen Sachen ersitzt derjenige, auf dessen Namen sie den öffentlichen Büchern einverleibt sind, das volle Recht gegen allen Widerspruch ebenfalls durch Verlauf von drei Jahren. Die Grenzen der Ersitzung werden nach dem Masse des eingetragenen Besitzes beurteilt.
§ 1468
Wo noch keine ordentlichen öffentlichen Bücher eingeführt sind, und die Erwerbung unbeweglicher Sachen aus den Gerichtsakten und andern Urkunden zu erweisen ist, oder wenn die Sache auf den Namen desjenigen, der die Besitzrechte darüber ausübet, nicht eingetragen ist; wird die Ersitzung erst nach 30 Jahren vollendet.
§ 1469
Dienstbarkeiten und andere auf fremdem Boden ausgeübte besondere Rechte werden, wie das Eigentumsrecht, von demjenigen, auf dessen Namen sie den öffentlichen Büchern einverleibt sind, binnen drei Jahren ersessen.
§ 1470
Wo noch keine ordentlichen öffentlichen Bücher bestehen oder ein solches Recht denselben nicht einverleibt ist, kann es der redliche Inhaber erst nach 30 Jahren ersitzen.
§ 1471
Bei Rechten, die selten ausgeübt werden können, z. B. bei dem Rechte, eine Pfründe zu vergeben, oder jemanden bei Herstellung einer Brücke zum Beitrage anzuhalten, muss derjenige, welcher die Ersitzung behauptet, nebst einem Verlaufe von 30 Jahren, zugleich erweisen, dass der Fall zur Ausübung binnen dieser Zeit wenigstens dreimal sich ergeben, und er jedes Mal dieses Recht ausgeübt habe.
ausserordentliche
§ 1472
Gegen den Fiskus, das ist, gegen die Verwalter der Staatsgüter und des Staatsvermögens, insoweit die Verjährung Platz greift (§§ 287, 289 und 1456 und 1457), ferner gegen die Verwalter der Güter der Kirchen, Gemeinden und anderer erlaubten Körper, reicht die gemeine ordentliche Ersitzungszeit nicht zu. Der Besitz beweglicher Sachen, sowie auch der Besitz der unbeweglichen oder der darauf ausgeübten Dienstbarkeiten und anderer Rechte, wenn sie auf den Namen des Besitzers den öffentlichen Büchern einverleibt sind, muss durch sechs Jahre fortgesetzt werden. Rechte solcher Art, die auf den Namen des Besitzers in die öffentlichen Büchern nicht einverleibt sind, und alle übrigen Rechte lassen sich gegen den Fiskus und die hier angeführten begünstigten Personen nur durch den Besitz von 40 Jahren erwerben.
§ 1473
Wer mit einer von dem Gesetze in Ansehung der Verjährungszeit begünstigten Person in Gemeinschaft steht, dem kommt die nämliche Begünstigung zustatten. Begünstigungen der längeren Verjährungsfrist haben auch gegen andere, darin ebenfalls begünstigte Personen ihre Wirkung.
§ 1474 62
Gegenstandslos
§ 1475
Der Aufenthalt des Eigentümers ausser der Provinz, in welcher sich die Sache befindet, steht der ordentlichen Ersitzung und Verjährung insoweit entgegen, dass die Zeit einer willkürlichen und schuldlosen Abwesenheit nur zur Hälfte, folglich ein Jahr nur für sechs Monate gerechnet wird. Doch soll auf kurze Zeiträume der Abwesenheit, welche durch kein volles Jahr ununterbrochen gedauert haben, nicht Bedacht genommen, und überhaupt die Zeit nie weiter als bis auf 30 Jahre zusammen ausgedehnt werden. Schuldbare Abwesenheit geniesst keine Ausnahme von der ordentlichen Verjährungszeit.
§ 1476
Auch derjenige, welcher eine bewegliche Sache unmittelbar von einem unechten oder von einem unredlichen Besitzer an sich gebracht hat oder seinen Vormann anzugeben nicht vermag, muss den Verlauf der sonst ordentlichen Ersitzungszeit doppelt abwarten.
§ 1477
Wer die Ersitzung auf einen Zeitraum von 30 oder 40 Jahren stützt, bedarf keiner Angabe des rechtmässigen Titels. Die gegen ihn erwiesene Unredlichkeit des Besitzes schliesst aber auch in diesem längeren Zeitraume die Ersitzung aus.
Verjährungszeit
Ordentliche
§ 1478
Insofern jede Ersitzung eine Verjährung in sich begreift, werden beide mit den vorgeschriebenen Erfordernissen in einem Zeitraume vollendet. Zur eigentlichen Verjährung aber ist der blosse Nichtgebrauch eines Rechtes, das an sich schon hätte ausgeübt werden können, durch 30 Jahre hinlänglich.
§ 1479
Alle Rechte gegen einen Dritten, sie mögen den öffentlichen Büchern einverleibt sein oder nicht, erlöschen also in der Regel längstens durch den dreissigjährigen Nichtgebrauch oder durch ein so lange Zeit beobachtetes Stillschweigen.
§ 1480 63
Forderungen von rückständigen jährlichen Abgaben, Zinsen, Renten oder Dienstleistungen erlöschen in drei Jahren, das Recht selbst wird durch einen Nichtgebrauch von 30 Jahren verjährt.
Ausnahmen
§ 1481
Die in dem Familien- und überhaupt in dem Personenrechte gegründeten Verbindlichkeiten, z. B. den Kindern den unentbehrlichen Unterhalt zu verschaffen, sowie diejenigen, welche dem oben (§ 1459) angeführten Rechte, mit seinem Eigentume frei zu schalten, zusagen, z. B. die Verbindlichkeit, die Teilung einer gemeinschaftlichen Sache oder die Grenzbestimmung vornehmen zu lassen, können nicht verjährt werden.
§ 1482
Auf gleiche Weise wird derjenige, welcher ein Recht auf einem fremden Grunde in Ansehung des Ganzen oder auf verschiedene beliebige Arten ausüben konnte, bloss dadurch, dass er es durch noch so lange Zeit nur auf einem Teile des Grundes oder nur auf eine bestimmte Weise ausübte, in seinem Rechte nicht eingeschränkt, sondern die Beschränkung muss durch Erwerbung oder Ersitzung des Untersagungs- oder Hinderungsrechtes bewirkt werden (§ 351). Eben dieses ist auch auf den Fall anzuwenden, wenn jemand ein gegen alle Mitglieder einer Gemeinde zustehendes Recht bisher nur gegen gewisse Mitglieder derselben ausgeübt hat.
§ 1483
Solange der Gläubiger das Pfand in Händen hat, kann ihm die unterlassene Ausübung des Pfandrechtes nicht eingewendet und das Pfandrecht nicht verjährt werden. Auch das Recht des Schuldners, sein Pfand einzulösen, bleibt unverjährt. Insofern aber die Forderung den Wert des Pfandes übersteigt, kann sie inzwischen durch Verjährung erlöschen.
§ 1484
Zur Verjährung solcher Rechte, die nur selten ausgeübt werden können, wird erfordert, dass während der Verjährungszeit von 30 Jahren von drei Gelegenheiten, ein solches Recht auszuüben, kein Gebrauch gemacht worden sei (§ 1471).
§ 1485
In Rücksicht der in dem § 1472 begünstigten Personen werden, wie zur Ersitzung, also auch zur Verjährung, 40 Jahre erfordert.
Ausserordentliche kürzere Verjährungszeit
§ 1486
Die allgemeine Regel, dass ein Recht wegen des Nichtgebrauches erst nach Verlauf von 30 oder 40 Jahren verloren gehe, ist nur auf diejenigen Fälle anwendbar, für welche das Gesetz nicht schon einen kürzeren Zeitraum ausgemessen (§ 1465).
§ 1487 64
Die Rechte, eine Erklärung des letzten Willens umzustossen; den Pflichtteil oder dessen Ergänzung zu fordern; eine Schenkung wegen Undankbarkeit des Beschenkten zu widerrufen; einen entgeltlichen Vertrag wegen Verletzung über die Hälfte aufzuheben, oder die vorgenommene Teilung eines gemeinschaftlichen Gutes zu bestreiten; und die Forderung wegen einer bei dem Vertrage unterlaufenen Furcht, oder eines Irrtumes, wobei sich der andere vertragmachende Teil keiner List schuldig gemacht hat, müssen binnen drei Jahren geltend gemacht werden. Nach Verlauf dieser Zeit sind sie verjährt.
§ 1488
Das Recht der Dienstbarkeit wird durch den Nichtgebrauch verjährt, wenn sich der verpflichtete Teil der Ausübung der Servitut widersetzt, und der Berechtigte durch drei aufeinander folgende Jahre sein Recht nicht geltend gemacht hat.
§ 1489
Jede Entschädigungsklage erlischt nach drei Jahren von der Zeit an, zu welcher der Schade dem Beschädigten bekannt wurde. Ist ihm der Schade nicht bekannt worden, oder ist derselbe aus einem Verbrechen entstanden; so verjährt sich das Klagerecht nur nach 30 Jahren.
§ 1490
Klagen über Injurien, die lediglich in Beschimpfungen durch Worte, Schriften oder Gebärden bestehen, können nach Verlauf Eines Jahres nicht mehr erhoben werden. Besteht aber die Beleidigung in Tätlichkeiten; so dauert das Klagerecht auf Genugtuung durch drei Jahre.
§ 1491
Einige Rechte sind von den Gesetzen auf eine noch kürzere Zeit eingeschränkt. Hierüber kommen die Vorschriften an den Orten, wo diese Rechte abgehandelt werden, vor.
§ 1492
Wie lange das Wechselrecht einem Wechselbriefe zustatten komme, ist in der Wechselordnung bestimmt.
§ 1493
Einrechnung der Verjährungszeit des Vorfahrers
Wer eine Sache von einem rechtmässigen und redlichen Besitzer redlich übernimmt, der ist als Nachfolger berechtigt, die Ersitzungszeit seines Vorfahrers miteinzurechnen (§ 1463). Eben dieses gilt auch von der Verjährungszeit. Bei einer Ersitzung von 30 oder 40 Jahren findet diese Einrechnung auch ohne einen rechtmässigen Titel, und bei der eigentlichen Verjährung selbst ohne guten Glauben oder schuldlose Unwissenheit statt.
Hemmung der Verjährung
§ 1494
Gegen solche Personen, welche aus Mangel ihrer Geisteskräfte ihre Rechte selbst zu verwalten unfähig sind, wie gegen Pupillen, Wahn- oder Blödsinnige, kann die Ersitzungs- oder Verjährungszeit, dafern diesen Personen keine gesetzlichen Vertreter bestellt sind, nicht anfangen. Die einmal angefangene Ersitzungs- oder Verjährungszeit läuft zwar fort; sie kann aber nie früher als binnen zwei Jahren nach den gehobenen Hindernissen vollendet werden.
§ 1495
Auch zwischen Ehegatten, dann zwischen Kindern oder Pflegebefohlenen, und ihren Eltern oder Vormündern kann, solange erstere in ehelicher Verbindung, letztere unter elterlicher oder vormundschaftlicher Gewalt stehen, die Ersitzung oder Verjährung weder angefangen, noch fortgesetzt werden.
§ 1496
Durch Abwesenheit in Zivil- oder Kriegsdiensten oder durch gänzlichen Stillstand der Rechtspflege, z. B. in Pest- oder Kriegszeiten, wird nicht nur der Anfang, sondern solange dieses Hindernis dauert, auch die Fortsetzung der Ersitzung oder Verjährung gehemmt.
§ 1497
Unterbrechung der Verjährung
Die Ersitzung sowohl, als die Verjährung wird unterbrochen, wenn derjenige, welcher sich auf dieselbe berufen will, vor dem Verlaufe der Verjährungszeit entweder ausdrücklich oder stillschweigend das Recht des andern anerkannt hat oder wenn er von dem Berechtigten belangt und die Klage gehörig fortgesetzt wird. Wird aber die Klage durch einen rechtskräftigen Spruch für unstatthaft erklärt, so ist die Verjährung für ununterbrochen zu halten.
Wirkung der Ersitzung oder Verjährung
§ 1498
Wer eine Sache oder ein Recht ersessen hat, kann gegen den bisherigen Eigentümer bei dem Gerichte die Zuerkennung des Eigentumes ansuchen, und das zuerkannte Recht, wofern es einen Gegenstand der öffentlichen Bücher ausmacht, den letzteren einverleiben lassen.
§ 1499
Auf gleiche Art kann nach Verlauf der Verjährung der Verpflichtete die Löschung seiner in den öffentlichen Büchern eingetragenen Verbindlichkeit oder die Nichtigerklärung des dem Berechtigten bisher zugestandenen Rechtes und der darüber ausgestellten Urkunden erwirken.
§ 1500
Das aus der Ersitzung oder Verjährung erworbene Recht kann aber demjenigen, welcher im Vertrauen auf die öffentlichen Bücher noch vor der Einverleibung desselben eine Sache oder ein Recht an sich gebracht hat, zu keinem Nachteile gereichen.
§ 1501
Auf die Verjährung ist, ohne Einwendung der Parteien, von Amts wegen kein Bedacht zu nehmen.
§ 1502
Entsagung oder Verlängerung der Verjährung
Der Verjährung kann weder im voraus entsagt, noch kann eine längere Verjährungsfrist, als durch die Gesetze bestimmt ist, bedungen werden.

1   Dieser Erlass wurde im Amtlichen Sammelwerk (ASW), gestützt auf das Gesetz vom 5. Oktober 1967 über die Bereinigung der vor dem 1. Januar 1863 erlassenen Rechtsvorschriften, LGBl. 1967 Nr. 34, publiziert.

2   § 11 wurde im Amtlichen Sammelwerk (ASW) als gegenstandslos bezeichnet.

3   § 21 aufgehoben durch LGBl. 1926 Nr. 4.

4   §§ 29 bis 32 aufgehoben durch LGBl. 1864 Nr. 3/1.

5   § 61 aufgehoben durch LGBl. 1898 Nr. 3.

6   § 175 aufgehoben durch LGBl. 1926 Nr. 4.

7   Zu § 238 siehe auch Hofdekret vom 3. Februar 1826, JGS. Nr. 2158, LR 210.111.

8   § 252 aufgehoben durch LGBl. 1926 Nr. 4.

9   § 254 ergänzt durch LGBl. 1898 Nr. 3: "Die §§ 191, 254 und 281 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches werden dahin abgeändert, dass über die Frage, ob eine strafrechtliche Verurteilung für den Verurteilten den Verlust von Vormundschaften und gerichtlichen Kuratelen und dessen Untauglichkeit zur Übernahme eines dieser Ämter nach sich zu ziehen habe, das Vormundschafts- und Kuratelsgericht in jedem einzelnen Falle nach seinem Ermessen zu entscheiden haben soll."

10   Zu § 262 siehe auch Hofdekret vom 1. Juli 1835, JGS. Nr. 48, LR 210.116.

11   § 266 abgeändert durch LGBl. 1900 Nr. 2 und LGBl. 1924 Nr. 8.

12   Zu § 268 siehe auch Hofdekret vom 21. November 1839, JGS. Nr. 389, LR 210.128.

13   §§ 269 bis 280 aufgehoben durch LGBl. 1926 Nr. 4.

14   §§ 285 bis 308 aufgehoben durch LGBl. 1923 Nr. 4.

15   §§ 309 bis 352 aufgehoben durch LGBl. 1923 Nr. 4.

16   §§ 353 bis 379 aufgehoben durch LGBl. 1923 Nr. 4.

17   §§ 380 bis 403 aufgehoben durch LGBl. 1923 Nr. 4.

18   §§ 404 bis 422 aufgehoben durch LGBl. 1923 Nr. 4.

19   §§ 423 bis 446 aufgehoben durch LGBl. 1923 Nr. 4.

20   §§ 447 bis 471 aufgehoben durch LGBl. 1923 Nr. 4.

21   §§ 472 bis 530 aufgehoben durch LGBl. 1923 Nr. 4.

22   Zu § 539 siehe auch Hofdekret vom 17. August 1835, JGS. Nr. 76, LR 210.118, und Fürstliche Verordnung vom 6. April 1846 betreffend die Einführung der §§ 531 bis 824 ABGB, Erbrechtspatent Nr. 3.877, LR 210.002.

23   Zu § 544 siehe auch Fürstliche Verordnung vom 6. April 1846 betreffend die Einführung der §§ 531 bis 824 ABGB, Erbrechtspatent Nr. 3.877, LR 210.002.

24   Zu § 548 siehe auch Hofdekret vom 18. Juli 1820, JGS. Nr. 1676, LR 210.105.

25   Zu § 573 siehe auch Hofdekret vom 17. August 1835, JGS. Nr. 76, LR 210.118 und Hofdekret vom 28. Dezember 1835, JGS. NR. 111, LR 210.120.

26   § 574 aufgehoben durch LGBl. 1898 Nr. 3.

27   § 592 aufgehoben durch LGBl. 1926 Nr. 4.

28   § 600 abgeändert durch Fürstliche Verordnung vom 6. April 1846 betreffend die Einführung der §§ 531 bis 824 ABGB, Erbrechtspatent Nr. 3.877, LR 210.002.

29   Zu § 601 siehe auch Fürstliche Verordnung vom 6. April 1846 betreffend die Einführung der §§ 531 bis 824 ABGB, Erbrechtspatent Nr. 3.877, LR 210.002.

30   §§ 618 bis 645 aufgehoben durch LGBl. 1923 Nr. 4.

31   Zu § 700 siehe auch Fürstliche Verordnung vom 6. April 1846 betreffend die Einführung der §§ 531 bis 824 ABGB, Erbrechtspatent Nr. 3.877, LR 210.002.

32   Zu § 761 siehe auch Fürstliche Verordnung vom 6. April 1846 betreffend die Einführung der §§ 531 bis 824 ABGB, Erbrechtspatent Nr. 3.877, LR 210.002.

33   Zu § 763 siehe auch Hofdekret vom 10. Mai 1833, JGS. Nr. 2610, LR 210.114, und Fürstliche Verordnung vom 6. April 1846 betreffend die Einführung der §§ 531 bis 824 ABGB, Erbrechtspatent Nr. 3.877, LR 210.002.

34   Zu § 784 siehe auch Fürstliche Verordnung vom 6. April 1846 betreffend die Einführung der §§ 531 bis 824 ABGB, Erbrechtspatent Nr. 3.877, LR 210.002.

35   §§ 825 bis 858 aufgehoben durch LGBl. 1923 Nr. 4.

36   § 865 aufgehoben durch LGBl. 1926 Nr. 4.

37   § 866 aufgehoben durch LGBl. 1926 Nr. 4.

38   § 868 aufgehoben durch LGBl. 1898 Nr. 3.

39   § 881 aufgehoben durch LGBl. 1926 Nr. 4.

40   § 887 aufgehoben durch LGBl. 1923 Nr. 4.

41   § 918 abgeändert durch LGBl. 1926 Nr. 4.

42   § 919 abgeändert durch LGBl. 1926 Nr. 4.

43   § 920 abgeändert durch LGBl. 1926 Nr. 4.

44   § 921 abgeändert durch LGBl. 1926 Nr. 4.

45   § 924 bis 927 aufgehoben durch LGBl. 1921 Nr. 21.

46   § 1019 aufgehoben durch LGBl. 1926 Nr. 4.

47   § 1047 abgeändert durch LGBl. 1926 Nr. 4.

48   § 1052 abgeändert durch LGBl. 1926 Nr. 4.

49   Zu § 1101 siehe auch Hofdekret vom 10. April 1837, JGS. Nr. 189, LR 210.122.

50   §§ 1122 bis 1150 aufgehoben durch LGBl. 1923 Nr. 4.

51   §§ 1175 bis 1216 aufgehoben durch LGBl. 1926 Nr. 4.

52   Zu § 1249 siehe auch Hofdekret vom 25. Juni 1817, JGS. Nr. 1340, LR 210.101.

53   § 1277 aufgehoben durch LGBl. 1926 Nr. 4.

54   § 1321 aufgehoben durch LGBl. 1923 Nr. 4.

55   § 1322 aufgehoben durch LGBl. 1923 Nr. 4.

56   § 1330 aufgehoben durch LGBl. 1926 Nr. 4.

57   Zu § 1333 siehe auch Hofkanzleidekret vom 13. Juni 1828, JGS. Nr. 2347, LR 210.113 und Hofdekret vom 18. Januar 1842, JGS. Nr. 592, LR 210.130.

58   Zu § 1336 siehe auch Hofkanzleidekret vom 13. Juni 1828, JGS. Nr. 2347, LR 210.113.

59   Zu § 1367 siehe auch Hofdekret vom 19. September 1837, JGS. Nr. 229, LR 210.125.

60   §§ 1368 bis 1372 aufgehoben durch LGBl. 1923 Nr. 4.

61   Zu § 1393 siehe auch Hofdekret vom 22. April 1825, JGS. Nr. 2090, LR 210.109.

62   § 1474 wurde im Amtlichen Sammelwerk (ASW) durch die Aufhebung der §§ 618 ff. und 1122 ff. als gegenstandslos bezeichnet.

63   Zu § 1480 siehe auch Hofdekret vom 22. August 1836, JGS. Nr. 151, LR 210.121, und Hofkanzleidekret vom 10. April 1839, JGS. Nr. 355, LR 210.127.

64   Zu § 1487 siehe auch Hofdekret vom 30. Januar 1819, JGS. Nr. 1540, LR 210.103.