631.010.13 |
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt |
Jahrgang 1995 |
Nr. 114 |
ausgegeben am 11. Mai 1995 |
Verordnung
vom 25. April 1995
über das Ursprungswesen
Aufgrund von Art. 3, 4, 5, 7, 8 und 20 des Gesetzes vom 22. März 1995 über das Zollwesen, LGBl. 1995 Nr. 92, verordnet die Regierung:
I. Allgemeine Bestimmungen
Art. 1
Zweck
Diese Verordnung regelt das Ursprungswesen, insbesondere die:
a) Anwendung von Protokoll 4 EWRA über die Ursprungsregeln;
b) Aufsicht über die Binnenkumulation;
c) Ausstellung von Ursprungsnachweisen;
d) Vor- und Nachprüfung von Ursprungsnachweisen;
e) Ausstellung und Prüfung von Lieferantenerklärungen,
zur Durchführung der Art. 3 bis 5 des Gesetzes vom 22. März 1995 über das Zollwesen, LGBl. 1995 Nr. 92.
Art. 2
Begriffe
1) Die Begriffsbestimmungen von Art. 2 des Gesetzes vom 22. März 1995 über das Zollwesen, LGBl. 1995 Nr. 92, finden auf diese Verordnung Anwendung.
2) Im Sinne dieser Verordnung sind "Schweizerische Ursprungsprodukte" Waren, die gemäss dem unterlegten Ursprungsprotokoll (Protokoll Nr. 3 des Abkommens vom 22. Juli 1972 zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft, LGBl. 1973 Nr. 10/2, oder Anhang B des Übereinkommens vom 4. Januar 1960 zur Errichtung der Europäischen Freihandels-Assoziation, LGBl. 1992 Nr. 17) die Ursprungseigenschaft erlangen.
II. Ursprungsgebiet und Binnenkumulation
Art. 3
Ursprungsgebiet
In Anwendung von Protokoll 4 EWRA über die Ursprungsregeln bildet das Fürstentum Liechtenstein ein eigenes Ursprungsgebiet und, nach Massgabe von Art. 2 Abs. 1 dieses Protokolls, einen Teil des Ursprungsgebietes des EWR.
Art. 4
Binnenkumulation
Das Amt für Zollwesen erstellt ein Merkblatt über die Anwendung der Binnenkumulation.
III. Ausstellung von Ursprungsnachweisen
Art. 5
Grundsatz
Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 werden im Auftrag des Amtes für Zollwesen von der Eidgenössischen Oberzolldirektion ausgestellt.
Art. 6
Voraussetzungen und Verfahren
Die Voraussetzungen und das Verfahren für die Ausstellung von Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 richten sich nach dem aufgrund von Staatsverträgen anwendbaren Recht, insbesondere nach:
a) Protokoll 4 EWRA über die Ursprungsregeln;
b) der Verwaltungsvereinbarung gemäss Art. 6 Abs. 1 der Verordnung vom 25. April 1995 über das Amt für Zollwesen, LGBl. 1995 Nr. 112.
Art. 7
Vereinbarungen mit Ausführern
Das Amt für Zollwesen kann mit einzelnen Ausführern Vereinbarungen zur Vereinfachung des Verfahrens für die Ausstellung von Ursprungsnachweisen abschliessen.
Art. 8
Pflichten und Erhebungen
1) Wer Ursprungsnachweise ausstellt oder beantragt, hat
a) dem Amt für Zollwesen,
b) der Liechtensteinischen Industrie- und Handelskammer im Rahmen von Art. 9 Abs. 2 Bst. a,
c) der Eidgenössischen Oberzolldirektion im Rahmen von Art. 9 Abs. 2 Bst. b,
die Angaben über die Ursprungseigenschaft nach Massgabe des EWR-Rechts vollständig und wahrheitsgemäss zu machen und die Richtigkeit dieser Angaben durch die Vorlage geeigneter Unterlagen nachzuweisen.
2) Wer Ursprungsnachweise ausstellt oder beantragt, wer die aus dem Fürstentum Liechtenstein ausgeführten Waren hergestellt oder die bei ihrer Herstellung verwendeten Erzeugnisse geliefert hat oder wer an der Ausfuhr von Waren aus dem Fürstentum Liechtenstein sonstwie beteiligt ist, hat, soweit es die Abklärung der Ursprungsverhältnisse erfordert,
a) die verlangten Auskünfte zu erteilen,
b) auch ohne Voranmeldung Einsicht in Geschäftsbücher, Geschäftspapiere und sonstige Unterlagen sowie in Herstellungsvorgänge zu gewähren,
c) auch ohne Voranmeldung Erhebungen vor Ort zu dulden.
3) Die mit Erhebungen gemäss Abs. 2 beauftragten Amts- oder Privatpersonen unterstehen in bezug auf ihre Schweigepflicht den für die Beamten und Angestellten der Landesverwaltung geltenden Rechtsvorschriften.
IV. Vor- und Nachprüfung von Ursprungsnachweisen
Art. 9
Grundsatz
1) Die Vor- und Nachprüfung von Ursprungsnachweisen richtet sich nach Art. 10 und 11.
2) Die Übertragung
a) der Vorprüfung von Ursprungsnachweisen an die Liechtensteinische Industrie- und Handelskammer,
b) der Vor- und Nachprüfung von Ursprungsnachweisen an die Eidgenössische Oberzolldirektion,
richtet sich nach Art. 5, 6 und 7 der Verordnung vom 25. April 1995 über das Amt für Zollwesen, LGBl. 1995 Nr. 112.
3) Ist in dieser Verordnung oder in der Verordnung vom 25. April 1995 über das Zollverfahren, LGBl. 1995 Nr. 113, nichts anderes bestimmt, findet auf die Vor- und Nachprüfung von Ursprungsnachweisen das Zollvertragsrecht Anwendung.
Art. 10
Vorprüfung von Ursprungsnachweisen
1) Ausführer können dem Amt für Zollwesen oder der Liechtensteinischen Industrie- und Handelskammer einen Antrag auf Ausstellung eines Ursprungsnachweises zur Vorprüfung unterbreiten.
2) Das Amt für Zollwesen und die Liechtensteinische Industrie- und Handelskammer überprüfen die massgeblichen Tatsachen. Sie sind, soweit erforderlich, zur Vornahme von Erhebungen gemäss Art. 8 befugt.
3) Sind die Voraussetzungen für die Ausstellung des Ursprungsnachweises erfüllt, wird auf dem Antrag ein Visum angebracht.
Art. 11
Nachprüfung von Ursprungsnachweisen
1) Die Richtigkeit von Ursprungsnachweisen kann vom Amt für Zollwesen sowie im Auftrag des Amtes für Zollwesen von der Eidgenössischen Oberzolldirektion jederzeit nachgeprüft werden.
2) Das Amt für Zollwesen kann die Liechtensteinische Industrie- und Handelskammer in Fällen, in denen diese die Vorprüfung von Ursprungsnachweisen durchgeführt und auf dem Antrag ein Visum angebracht hat, zur Mitwirkung heranziehen. Art. 8 findet Anwendung.
3) Stellt die Liechtensteinische Industrie- und Handelskammer eine Widerhandlung fest oder besteht der begründete Verdacht, benachrichtigt sie unverzüglich das Amt für Zollwesen.
V. Ausstellung, Vor- und Nachprüfung von Lieferantenerklärungen
Art. 12
Ausfertigung von Lieferantenerklärungen und Langzeitlieferantenerklärungen
Auf die Voraussetzungen und das Verfahren für die Ausstellung von Lieferantenerklärungen und Langzeitlieferantenerklärungen findet Art. 27 von Protokoll 4 EWRA über die Ursprungsregeln Anwendung.
Art. 13
Form und Inhalt
Form und Inhalt der Lieferantenerklärungen und Langzeitlieferantenerklärungen richten sich nach den Anlagen V und VI von Protokoll 4 EWRA über die Ursprungsregeln.
Art. 14
Vor- und Nachprüfung
Auf die Vor- und Nachprüfung von Lieferantenerklärungen und Langzeitlieferantenerklärungen finden die Art. 10 und 11 sinngemäss Anwendung.
Art. 15
Verantwortlichkeit
1) Die Organe, Angestellten oder die Beauftragten der Liechtensteinischen Industrie- und Handelskammer unterstehen in bezug auf ihre straf- und vermögensrechtliche Verantwortlichkeit sowie in bezug auf ihre Schweigepflicht den für die Beamten und Angestellten der Landesverwaltung geltenden Rechtsvorschriften.
2) Die Organe, Angestellten oder Beauftragten der Liechtensteinischen Industrie- und Handelskammer, die vorsätzlich oder wiederholt fahrlässig eine Widerhandlung begangen oder sich sonstwie wiederholt pflichtwidrig verhalten haben, sind ihrer Aufgaben unverzüglich zu entheben.
Art. 16
Gebühren
1) Für die Vorprüfung von Ursprungsnachweisen wird eine Gebühr bis zu 30 Franken erhoben.
2) Ergibt eine Nachprüfung die Unrichtigkeit des Ursprungsnachweises, können dem Antragsteller Gebühren nach Massgabe der aufgewendeten Zeit (80 Franken pro Stunde) sowie die Kosten auferlegt werden.
Art. 17
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tage der Kundmachung in Kraft.
Fürstliche Regierung:
gez. Dr. Mario Frick
Fürstlicher Regierungschef