814.202.4 |
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt |
Jahrgang 1996 |
Nr. 49 |
ausgegeben am 11. April 1996 |
Verordnung
vom 19. Februar 1996
zum Schutze des Grundwasserpumpwerkes "Rheinau" der Gemeinde Balzers
Aufgrund von Art. 2bis des Gesetzes vom 4. Juni 1957 über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung (Gewässerschutzgesetz), LGBl. 1957 Nr. 14, in der Fassung des Gesetzes vom 10. November 1976, LGBl. 1976 Nr. 70, verordnet die Regierung:
I. Allgemeine Bestimmungen
Art. 1
Zweck
Das in Art. 2 näher umschriebene Gebiet wird als Wasserschutzgebiet im Sinne von Art. 2bis des Gewässerschutzgesetzes festgelegt.
Art. 2
Geltungsbereich
1) Die Grenzen des Wasserschutzgebietes sind in dem dieser Verordnung beigegebenen Situationsplan 1 : 10 000 dargestellt. Der Plan ist Bestandteil der Verordnung und gilt für eine maximale Entnahmemenge von 100 Litern pro Sekunde.
2) Das Wasserschutzgebiet ist im Zonenplan der Gemeinde Balzers ersichtlich zu machen.
3) Die detaillierte Umgrenzung des Wasserschutzgebietes ist aus dem Situationsplan 1 : 2 000 ersichtlich, welcher bei der Gemeinde Balzers sowie beim Amt für Gewässerschutz aufliegt.
Art. 3
Umschreibung
Das Wasserschutzgebiet wird unterteilt in:
a) Fassungsbereich (Zone S 1);
b) engere Schutzzone (Zone S 2);
c) weitere Schutzzone (Zone S 3);
d) Schutzareal.
Art. 4
Zonen
1) Der Fassungsbereich (Zone S 1) dient dem unmittelbaren Schutz der Grundwasserfassung. Er umfasst die eigentliche Grundwasserfassung (Brunnen) sowie das nächste Zuflussgebiet.
2) Die engere Schutzzone (Zone S 2) dient dazu, schädliche Einflüsse vom Fassungsbereich fernzuhalten. In der Zone S 2 dürfen schwer oder nicht abbaubare Schadstoffe nicht ins Grundwasser gelangen. Abbaubare Schadstoffe müssen auf dem Fliessweg so weit reduziert bzw. zurückgehalten werden, dass die Fassung weder chemisch noch bakteriologisch belastet wird. Bei einer unfallbedingten Gewässerverschmutzung müssen in der Zone S 2 Sanierungsmassnahmen getroffen werden können, bevor die Verschmutzung den Fassungsbereich erreicht.
3) Die weitere Schutzzone (Zone S 3) dient als Pufferzone zwischen der Zone S 2 und der Umgebung.
4) Die Ausdehnung der Zonen S 2 und S 3 richtet sich nach den Zuflussrichtungen, nach der Fliessgeschwindigkeit und nach der Überdeckung des Grundwassers sowie nach der Infiltration von Oberflächengewässern ins Grundwasser im Zuflussbereich der Fassung.
5) Das Schutzareal dient der Freihaltung eines Gebietes, das für eine zukünftige Grundwasserfassung mit den dazugehörigen Schutzzonen geeignet ist.
II. Bestimmungen für die weitere Schutzzone (Zone S 3)
Art. 5
Grundsatz
1) In der Zone S 3 sind Vorkehrungen, die der Menge und Güte der Grundwasservorkommen nachteilig sind oder die öffentliche Wasserversorgung gefährden, verboten.
2) Es ist insbesondere verboten:
a) Bauten und Anlagen mit Abwasseranfall zu erstellen;
b) Tankanlagen, Rohrleitungen und Umschlagplätze für wassergefährdende Stoffe zu erstellen;
c) Grundwasserwärmepumpen- und Erdsondenanlagen zu erstellen;
d) Abwasserleitungen zu verlegen;
e) Kiesgruben anzulegen;
f) Deponien, mit Ausnahme solcher für unverschmutztes Aushubmaterial, zu erstellen;
g) Grabungen und Sondierungen mit Tiefen grösser als 2 m ab natürlichem Terrain vorzunehmen.
Art. 6
Gülle- und Abwasseranlagen
1) Gülle- und Abwasseranlagen haben den Dichtheitsanforderungen der SIA-Norm 190, Kanalisationen, zu genügen.
2) Die Dichtheit der Gülle- und Abwasseranlagen ist alle drei Jahre zu prüfen.
3) Mangelhafte Anlagen sind abzudichten oder zu ersetzen.
Art. 7
Düngung
1) Die Düngung hat die im Boden vorhandenen Nährstoffe und die Bedürfnisse der Pflanzen zu berücksichtigen. Sie darf nur während der Vegetationsperiode erfolgen. Gülle, hygienisierter Klärschlamm und gut lösliche Handelsdünger dürfen nur von April bis September, Mist und schwer lösliche Handelsdünger von März bis September, ausgebracht werden.
2) Düngemittel sind gleichmässig zu verteilen. Die Düngung ist unzulässig, wenn der Boden wassergesättigt, schneebedeckt oder gefroren ist.
3) Die Anwendung von Düngern richtet sich nach der Bodenbelastbarkeit. In der Zone S 3 dürfen höchstens 150 kg Stickstoff pro Hektare und Jahr ausgebracht werden. Pro Einzelgabe können maximal 25 m³ pro Hektare Gülle oder hygiensierter Klärschlamm oder maximal 20 t Mist pro Hektare verteilt werden. Bei Handelsdünger ist die Einzelgabe auf 40 kg Stickstoff pro Hektare zu beschränken.
4) Äcker dürfen nicht über längere Zeit brach gelassen werden. Brachliegende Äcker dürfen nur gedüngt werden, wenn sie anschliessend sogleich bepflanzt werden.
Art. 8
Pflanzenschutzmittel und andere chemische Hilfsstoffe
1) Vorbeugender Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist verboten. Insbesondere ist die ganzflächige Vorauflauf-Behandlung mit chemischen Bodenherbiziden untersagt.
2) Pflanzenschutzmittel dürfen nur unter strenger Einhaltung der Vorschriften und Gebrauchsanweisungen angewendet werden.
3) Das Anwenden von Forstchemikalien ist untersagt.
Art. 9
Lagerhaltungen
1) Ablagerungen von Düngern wie Mist, Kompost und Klärschlamm im freien Felde sind verboten.
2) Handelsdünger und Pflanzenschutzmittel sind geschützt gegen Durchnässung und Versickerung aufzubewahren.
3) Fahrsilos zur Lagerung von Gras und Silomais sind verboten.
III. Bestimmungen für die engere Schutzzone (Zone S 2)
Art. 10
Grundsatz
Alle nachfolgenden Massnahmen und Nutzungsbeschränkungen gelten zusätzlich zu den in Art. 5 bis 9 enthaltenen Bestimmungen.
Art. 11
Bauten und Anlagen
In der Zone S 2 gilt ein allgemeines Bauverbot.
Art. 12
Geländeveränderungen und Grabarbeiten
1) Flächige Geländeveränderungen wie Aufschüttungen, Abgrabungen und dergleichen sind unzulässig.
2) Sämtliche Grabarbeiten sind bewilligungspflichtig. Die Bewilligung wird erteilt, wenn ein sachlich begründetes Bedürfnis besteht und besondere Schutzmassnahmen getroffen werden.
Art. 13
Verkehrsanlagen
Die Regierung erlässt auf Antrag der Gemeinde Balzers für die Feldwege in der engeren Schutzzone ein allgemeines Fahrverbot mit Ausnahme des Anliegerverkehrs sowie des forst- und landwirtschaftlichen Verkehrs.
Art. 14
Düngung
In der Zone S 2 dürfen höchstens 120 kg Stickstoff pro Hektare und Jahr ausgebracht werden. Pro Einzelgabe können maximal 20 m3 pro Hektare Gülle oder hygienisierter Klärschlamm oder maximal 15 t Mist pro Hektare verteilt werden. Bei Handelsdüngern ist die Einzelgabe auf 30 kg Stickstoff pro Hektare zu beschränken.
IV. Bestimmungen für den Fassungsbereich (Zone S 1)
Art. 15
Grundsatz
1) In der Zone S 1 sind grundsätzlich nur Nutzungen zulässig, die der Wassergewinnung und Wasseraufbereitung dienen.
2) Gestattet sind einzig die Nutzung als Magerwiese mit Grasschnitt sowie die Forstwirtschaft im bewaldeten Teil des Fassungsbereiches.
Art. 16
Zutritt
Die Zone S 1 ist vor dem Zutritt Unbefugter zu schützen. Sie ist mit einem festen, mannshohen, wildgerechten Zaun zu umgeben.
V. Bestimmungen für das Schutzareal
Art. 17
Grundsatz; Ausnahme für bestehende Anlagen
1) Für das Schutzareal gelten die Bestimmungen der Art. 5 bis 9 (Zone S 3) und der Art. 11 bis 13 (Zone S 2).
2) Im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bestehende Landwirtschaftsbetriebe in der Peripherie des Schutzareals können weiterbestehen, sofern dadurch eine zukünftige Grundwasserfassung im Schutzareal nicht verunmöglicht wird.
Art. 18
Aufsicht
Die Aufsicht über das Wasserschutzgebiet obliegt dem Amt für Gewässerschutz. Die Gemeinde Balzers (Wassermeister) hat bei der Aufsicht mitzuwirken, wobei Umfang und Durchführung der Kontrollen durch Vereinbarung geregelt werden.
Art. 19
Verfügungen
Das Amt für Gewässerschutz erlässt die gemäss dieser Verordnung erforderlichen Verfügungen und überwacht deren Vollzug.
Art. 20
Ausnahmebewilligungen
Die Regierung kann von den Vorschriften dieser Verordnung abweichende Bewilligungen erteilen, wenn
a) die Anwendung der Vorschriften für den Betroffenen zu einer offensichtlichen Härte führt,
b) keine wesentlichen öffentlichen Interessen entgegenstehen,
c) alle zumutbaren Schutzmassnahmen getroffen werden, und
d) keine Bestimmungen des Gewässerschutzgesetzes verletzt werden.
Art. 21
Kosten
1) Die aus der Ausscheidung des Wasserschutzgebietes erwachsenden Kosten trägt die Gemeinde Balzers.
2) Allfällige Entschädigungsleistungen sind vertraglich festzulegen und gehen zu Lasten des Wasserwerkes der Gemeinde Balzers.
Art. 22
Strafbestimmung
Verstösse gegen diese Verordnung werden als Zuwiderhandlungen im Sinne von Art. 12 des Gewässerschutzgesetzes geahndet.
Art. 23
Inkrafttreten
Die Verordnung tritt am Tag der Kundmachung in Kraft.
Fürstliche Regierung:
gez. Dr. Mario Frick
Fürstlicher Regierungschef